„Vater ist Mann, Mutter ist Frau“: LGBT-Rechte in Ungarn weiter eingeschränkt
Das ungarische Parlament hat eine Verfassungsnovelle gebilligt, wonach Elternschaft nur aus Frau und Mann bestehen kann. Weiters wird bestimmt, dass das Geschlecht eines Menschen allein als jenes zum Zeitpunkt seiner Geburt zu bestimmen ist.
Budapest – Mit den Stimmen der Regierungsmehrheit hat das ungarische Parlament am Dienstag eine Verfassungsnovelle gebilligt, die die Rechte von sexuellen Minderheiten weiter einschränkt. Demnach ist das Geschlecht eines Kindes bei der Geburt festgelegt und unveränderbar. Der Verfassungszusatz schließt künftig auch die Adoption eines Kindes durch gleichgeschlechtliche Paare aus. „Der Vater ist Mann, die Mutter ist Frau“, heißt es im Text des Dokuments.
Eine weitere neue Passage könnte das Recht auf freie Bildung und Erziehung beschneiden. In Schulen und Kindergärten könnten künftig Lehrinhalte, die konfessionsneutral sind oder sexuelle Minderheiten in positiver Weise darstellen, verboten sein. „Ungarn schützt das Recht der Kinder auf ihre bei der Geburt erhaltene geschlechtliche Identität und garantiert eine Erziehung entsprechend der Werteordnung, auf der die verfassungsmäßige Identität und christliche Kultur Ungarns beruhen“, heißt es darin.
Unter dem rechtsnationalen Ministerpräsidenten Viktor Orban schränkt Ungarn Kritikern zufolge auch die Medien- und die Wissenschaftsfreiheit ein. Der Rechtsstaat werde in Ungarn zunehmend ausgehöhlt.
📽️ Video | "Schwarzer Tag für die Menschenrechte" in Ungarn
Kampagnen gegen sexuelle Minderheiten
In den vergangenen Monaten verstärkten die von der Regierung kontrollierten Medien die Kampagnen gegen sexuelle Minderheiten. Eine rechtsextreme Parlamentsabgeordnete schredderte vor Fernsehkameras ein neues Märchenbuch, das um Verständnis für Menschen wirbt, die aus verschiedenen Gründen Diskriminierung erfahren, etwa wegen einer gleichgeschlechtlichen Neigung. Orban stellte sich hinter die Aktion der Abgeordneten.
Bereits im Mai ließ Orban vom Parlament ein Gesetz beschließen, das es Trans-Personen und intersexuellen Menschen nicht mehr ermöglicht, nach einer Geschlechtsumwandlungen das neue Geschlecht in ihre Dokumente einzutragen zu lassen.
Auch Wahlgesetz modifiziert
Mit 134 Ja- zu 60 Nein-Stimmen entschied das Parlament weiters über die Änderungen des Wahlgesetzes. Um eine Landesliste aufstellen zu können, muss eine Partei in Zukunft in mindestens 14 Komitaten und in der Hauptstadt 71 Kandidaten aufstellen. Bisher waren es 27 Kandidaten. Damit wird kleineren, allein antretenden Parteien die Listenaufstellung enorm erschwert. Die Regierung hatte die Modifizierung mit dem Auftritt gegen „Fake-Parteien“ begründet. Es sollten demnach nur Parteien mit tatsächlicher Unterstützung aus der Bevölkerung eine Landesliste aufstellen können. Bei den jüngsten Wahlen sei es mehreren solcher Parteien gelungen, Kandidaten aufzustellen, um sich so staatliche Finanzierung zu sichern.
Laut Opposition ist das wahre Ziel der Gesetzmodifizierung nicht das Auftreten gegen Wahlbetrug, sondern die Verhinderung der koordinierten Aufstellung von Oppositionskandidaten und der landesweiten Bündelung ihrer Kräfte bei den Parlamentswahlen 2022. (dpa/APA)