Lockdown-Verlängerung: „Totalausfall im Tourismus“, Staat hilft mit 1 Milliarde
Die Regierung kündigt nach der Lockdown-Verlängerung zusätzliche Hilfen für die Betriebe an. Im Tourismus ist man schwer enttäuscht. Tirols Tourismusobmann Mario Gerber sieht "einen Totalausfall", für viele Regionen sei das Saisonende quasi besiegelt.
Wien – Die Regierung wird Unternehmen in der Lockdownverlängerung mit einer weiteren Wirtschaftshilfe unterstützen. Zusätzlich zu Fixkostenzuschuss und Verlustersatz können Unternehmen einen „Ausfallsbonus" beantragen, sagte Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) am Sonntag. Dieser kann bis zu 30 Prozent des Umsatzes der Vergleichsperiode und 60.000 Euro im Monat betragen. Berechtigt sind Firmen mit 40 Prozent oder mehr Umsatzrückgang. Die Maßnahme wird rund eine Milliarde Euro kosten.
Der Ausfallsbonus wird für alle Unternehmen gelten, die direkt oder indirekt wegen Geschäftsschließungen keinen Umsatz machen können. Die Hälfte der Unterstützungsmaßnahme (bis zu 15 Prozent des Umsatzes) ist ein neu dazukommender Umsatzersatz, die andere Hälfte ein Vorschuss auf den Fixkostenzuschuss.
Ein Problem bleibe, dass laut EU-Recht jedes Unternehmen in Summe als Beihilfe maximal drei Millionen Euro für den Verlustersatz bzw. 800.000 beim Fixkostenzuschuss erhalten darf und der neue Ausfallsbonus dort hineingerechnet wird. Österreich bemühe sich gemeinsam mit Deutschland, Dänemark und Tschechien um eine Erhöhung dieses Deckels, so Blümel.
Jedenfalls sei jetzt schon klar, dass die 800.000 Euro-Grenze auf eine Million Euro steigt. Dafür hat die EU eine andere Beihilfenregel (De-minimis-Regel) angepasst. Österreich bemüht sich aber um eine weitere Anhebung der Obergrenze. Auch gilt die EU-Grundlage für alle Corona-Hilfen derzeit bis Ende Juni – auch hier hängt eine Verlängerung, so sie nötig ist, von der EU-Kommission ab.
Beantragung soll mit wenigen Klicks möglich sein
Die Vergleichsperiode für den Ausfallsbonus ist das gleiche Monat 2019. Um das Geld via Antrag in FinanzOnline zu bekommen, müsse man „vier Mal anklicken, die Summe der Einnahmen aus dem Vergleichsmonat angeben, und dann fließt das Geld" versprach Blümel. „Irgendwann in diesem Jahr" müsse man auch einen Antrag für den Fixkostenzuschuss 2 stellen, das könne aber auch nach dem Antrag auf Ausfallsbonus geschehen.
📽️ Video | Finanzminister Blümel (ÖVP) bei der Pressekonferenz:
Im November – als der Umsatzersatz noch 80 Prozent des Umsatzes betrug – gab es kein Geld für indirekt betroffene, so Blümel. Die Unternehmen hätten nun aber einerseits Planungssicherheit und andererseits eine einfache Beantragung als vordringlichste Ziele genannt.
Köstinger: Hotel-Schließungen „wirtschaftliche Katastrophe"
Tourismusministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) wies darauf hin, dass die Schließung der Hotellerie im Februar, dem stärksten Monat im Wintertourismus mit zuletzt 17 Millionen Nächtigungen, „eine wirtschaftliche Katastrophe" sei. Man werde die Unternehmen der Hotellerie und Gastronomie „bestmöglich unterstützen". Blümel wies darauf hin, dass die Hilfsmaßnahmen der Bundesregierung sichergestellt hätten, dass es seit März 2020 in Österreich um 30 Prozent weniger Insolvenzen als im Vergleichszeitraum gab. Für Köstinger ist das „ein untrügliches Zeichen, dass die Wirtschaftshilfen der Bundesregierung auch ankommen".
Allerdings müsse sich der Tourismus darauf einstellen, dass es auch nach der Coronapandemie eine herausfordernde Zeit geben werde. „Der Tourismus, die Reisefreiheit, das wird alles noch Jahre dauern, bis es sich vollständig erholt hat".
Gerber: „Totalausfall im Tourismus“
Mit der neuerlichen Verschiebung des Öffnungsdatums sei in vielen Regionen das Saisonende quasi besiegelt worden, sagt Tirols Tourismus-Obmann Mario Gerber. Die neue, hochansteckende Virus-Variante und die Lage in wichtigen Herkunftsländern ließen aber vorerst keinen Saisonstart zu. Für den Tourismus bedeute das einen Totalausfall, nachdem schon der letzte Winter frühzeitig beendet wurde. "Keine andere Branche ist so massiv vom Virus und seinen Folgen betroffen. Jetzt braucht es ein umfassendes Rettungspaket. Viele Betriebe stehen mit dem Rücken zur Wand. Die Gelder müssen jetzt rasch fließen."
Die angekündigten neuen Unternehmenshilfen wie der so genannte Ausfallsbonus seien "wichtige und notwendige Schritte, um die Liquidität aller von der Verlängerung des Lockdowns betroffenen Betriebe zu sichern", betont Wirtschaftskammerpräsident Harald Mahrer (ÖVP). Ein "Jobvernichtungs-Programm mit einem Lockdown bis tief in den März" sei verhindert worden, so Mahrer. Die Verlängerung des Lockdowns komme bei vielen Betrieben dem Wegfall eines Jahresumsatzes gleich, so Michaela Reitterer, Präsidentin der Hoteliervereinigung (ÖHV). "Da braucht es mehr als bisher."
"Albtraum-Szenario" für Handel
Für Handelsverband-Geschäftsführer Rainer Will ist jetzt das "Albtraum-Szenario" eingetreten. Für den sechswöchigen Lockdown im Handel drohe ein neuer Umsatzverlust von fast 6 Mrd. Euro. Mittlerweile sind über 100.000 Jobs in der Branche akut gefährdet. "10.000 Betriebe sind de facto insolvent."