Russland

Verhaftungen bei Protesten in Russland: Nawalnys Frau erneut festgenommen

Seit der erneuten Festnahme des Oppositionskritikers Alexej Nawalny gehen die Menschen in Russland beinahe täglich auf die Straße.
© NATALIA KOLESNIKOVA / AFP

Nawalnys Unterstützer haben das zweite Wochenende infolge landesweit zu Protesten aufgerufen. Aktionen waren demnach in rund 100 Städten geplant. Unter den Verhafteten in Moskau ist nach Angaben von Nawalnys Team auch seine Frau Julia Nawalnaja.

Wladiwostok – Bei Protesten der Anhänger des Regierungskritikers Alexej Nawalny hat die Polizei in Russland am Sonntag Schätzungen zufolge rund 1000 Menschen festgenommen. Unter den Verhafteten in Moskau ist nach Angaben von Nawalnys Team auch seine Frau Julia Nawalnaja. Allein in Moskau sind der Beobachtergruppe OVD-Info zufolge bereits mehr als 300 Menschen festgenommen worden.

Die Zahl der landesweiten Verhafteten schätzt OVD auf rund 1000. Die Polizei bezeichnete die Demonstrationen als illegal. Weil sie nicht genehmigt worden seien, würden sie aufgelöst. Für Fußgänger wurde in Moskau der Zugang zu bestimmten Bereichen der Hauptstadt gesperrt, mehrere Metro-Stationen wurden geschlossen.

Auch an anderen Orten, darunter Sankt Petersburg, wurden die Innenstädte abgesperrt. In mindestens 35 Städten habe es Festnahmen gegeben, berichtete OVD-Info. Die Kundgebungen hatten im Fernen Osten Russlands und Sibirien begonnen. Aus Wladiwostok meldeten die Aktivisten mindestens 113 Festnahmen, aus Nowosibirsk und Krasnojarsk jeweils mehr als 90.

📽️ Video | Oppositionelle melden mehr als 1000 Festnahmen

Tausende protestierten gegen Regierung

In Nowosibirsk, der drittgrößten Stadt Russlands, gingen nach Berichten des unabhängigen Portals Taiga trotz eisiger Temperaturen von minus 20 Grad mehr als 5000 Menschen auf die Straße. Es habe sich um eine der größten Anti-Regierungs-Proteste der vergangenen Jahre gehandelt.

Zu den Protesten haben der inhaftierte Kreml-Kritiker Nawalny und seine Unterstützer aufgerufen. In den vergangenen Tagen hatte die Polizei bereits mehrere Verbündete Nawalnys in Gewahrsam genommen oder unter Hausarrest gestellt, unter anderem den Bruder des Kreml-Kritikers.

Die Polizei reagiert mit einem massiven Aufgebot gegen die Demonstrationen.
© Olga MALTSEVA / AFP

Schon am vergangenen Wochenende waren zehntausende Menschen in mehr als hundert russischen Städten auf die Straße gegangen. Die Sicherheitskräfte gingen teilweise brutal gegen die Protestierenden vor, mehr als 4000 Menschen wurden festgenommen. Zuvor hatte ein Enthüllungsbericht Nawalnys über einen angeblichen Luxus-Palast von Putin an der Schwarzmeerküste die Stimmung weiter angeheizt.

Nawalny war bei seiner Rückkehr nach Moskau am 17. Jänner festgenommen und einen Tag später zu 30 Tagen Haft verurteilt worden. Als Grund nannte das Gericht einen Verstoß gegen Bewährungsauflagen. Nawalny war im August in Russland mit einem chemischen Kampfstoff vergiftet worden und hatte sich monatelang zur Behandlung in Deutschland aufgehalten. Er macht Putin persönlich für den Anschlag verantwortlich. Die Regierung in Moskau weist eine Beteiligung zurück.

Verhältnis zu EU und Deutschland auf neuem Tiefpunkt

Das Verhältnis der EU und Deutschlands zu Russland hat nach Angaben des Staatsministers im Auswärtigen Amt in Berlin, Michael Roth (SPD), zum Jahresbeginn einen Tiefpunkt erreicht. "Seit dem Giftanschlag auf den russischen Oppositionellen Alexej Nawalny sind unsere Beziehungen mit Russland in noch schwierigeres Fahrwasser geraten", schreibt Roth in einem "Spiegel"-Gastbeitrag. Der Fall führe auf drastische Weise vor Augen, wie weit der Kreml zur Verhinderung einer starken Opposition zu gehen bereit sei.

Eine deutliche Verbesserung des Verhältnisses zeichne sich derzeit nicht ab. "Nicht zuletzt auch deshalb, weil die russische Regierung daran aktuell wenig Interesse erkennen lässt", schreibt Roth weiter. Die russische Regierung habe im Umgang mit Nawalny "in zynischer Weise demonstriert, dass sie die Idee politischer Freiheit als akute Bedrohung ihres Herrschaftssystems begreift". (APA/dpa/AFP)

Verwandte Themen