Zwischen Burnout & Bosheitsblähungen: Das war die dritte „Bachelor"-Folge
Woche drei und Niko steht kurz vor dem „Bachelor"-Burnout – er hat massive Probleme damit, sich alle Flammen warmzuhalten. Dafür fackelt er aber nicht lange und lötet die erste Mundhöhle aus. Doch wo erste Funken sprühen, kann der Zunder nicht weit sein. Also warum liegt hier eigentlich Strohfeuer? Eine TV-Kritik.
Von Tamara Stocker
Innsbruck – Mit der Jobsuche ist es ja ähnlich wie mit der Partnersuche. Entweder es ergibt sich schnell mal was – oder du findest einfach nicht das Richtige, probierst ein bisserl herum und bist am Ende so frustriert, dass du auf Instagram neben deiner Seele noch anderen Krempel verscherbelst. Der diesjährige „Bachelor" ist alles davon. Das ganze Nettworking setzt dem Schwatzarbeiter schon in der dritten Folge so sehr zu, dass ihm just nach dem Hochfahren des Immundsystems auch schon der Speichelsaft ausgeht.
Allen voran Mimi entpuppt sich als der größte Akkufresser seit Pokémon Go. Sie will die Allerbeste sein, wie keine vor ihr war. Bis jetzt ist sie halt höchstens die allerbeste Geht-mir-am-Sackbearbeiterin, der RTL jemals eine Zusage geschickt hat. Aber dazu später mehr. Erstmal gibt's Frühstück. Feindschmeckerin Linda hat da sehr hohe Ansprüche und kredenzt sich daher in Eigenregie, was Frau von Welt heutzutage halt so schnabuliert: Eier mit Pommes. Geil. „Ich muss dich erst mögen und wissen, wie du so mit Hygiene umgehst, bis ich dein Essen essen kann." Aja. Aber mit 21 Frauen denselben Typen ablecken, DAS GEHT.
Das Stewardessert wird vernascht
Ein noch genialeres Menü hat Rosenkraut-Chefkoch Niko für das Einzeldate mit Nachzüglerin Denise zusammengestellt: Die Flugbegleiterin darf mit auf einen Rundflug über Rügen. Wow. Ich freue mich ja schon, wenn er dann beim Date mit der Buchhalterin Inventur macht. Erstmal überprüft er im Cockpit aber mit seinen Griffeln ausgiebig Denise' Schenkel- und Kniegegend – und die ist von seinem Flugcharme ganz angetan. „Wir haben nahtlos an die Nacht der Rosen angeknüpft." Ja, stimmt. Ihr habt wieder keine drei vernünftigen Sätze miteinander gewechselt und seid nur dumm in der Gegend rumgestanden. Und weil sie eben kein flüssiges Gespräch zusammenbekommen, muss es halt die Bumswanne richten. Im handwarmen Hotelpool gibt Niko dann auch wirklich alles, um seine Spaflamme heiß zu machen: „Du hast sooo schöne Zähne." Ähm. Sind wir hier bei einer Pferdeschau?
Scheinbar, denn kurz darauf packt er den Besteigbügel in Form einer Bergsteinkette aus, schnallt ihr ebendiese um und packt plötzlich unvermittelt die Schnabelpeitsche aus. Der galant-groteske Galopp in den Gebissstall seines Gesäßgrabbelopfers haut ihn jedoch komplett aus dem Sattel. Ich tippe erst auf Mundgeruch, aber Niko plagen ganz andere Gewissensbisse, die er jedoch erst später im Gespräch mit dem RTL-Praktikanten preisgibt: „Das war ein bisschen zu früh. Da gibt's halt auch vielleicht jemanden, dem ich den ersten Kuss gern gegeben hätte." Ok. HALT STOP. Wie bitte? Ein „Bachelor", der einen Kuss bereut? Wo verdammt nochmal bin ich hier gelandet?
„Bachelor“-Folge verpasst?
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Schweigen ist nicht immer Gold
Wer dieser „jemand" hätte sein sollen, sieht man auch kurz darauf an seinem leeren Blick, als er die nichtsahnende und ihn noch mehr als zuvor anschmachtende Denise auf seiner bademantelbedeckten Hünenbrust liegen hat. Wahrscheinlich wird ihm grad' klar, dass sein Herz aufhören wird zu schlagen, sobald Mimi von diesem Aschmusement Wind bekommt. Oder er hat einfach Denise' Namen vergessen.
Die macht dann jedenfalls das, was man unbedingt in so einer Situation immer tun sollte: Es nur so halb thematisieren, sodass es für beide noch ein bisschen peinlicher wird: „Ok, das war jetzt ... hehehihihi." Oder wie Niko es dann in ihrer Abwesenheit nennt: „Ein kurzer, netter Kuss." Hach ja. Wer kennt sie nicht, diese kurzen, netten Schmatzerchen von Tante Gertraud, deren Lippenstiftspuren man sich drei Tage danach noch nicht von der Wange kratzen kann.
Zurück in der Villa fand Denise den Kuss plötzlich nicht mehr der Rede wert – zumindest hat sie ihren Mitstreiterinnen nix davon erzählt. „Er hat mich nur so am Kopf geküsst." Mit Blick darauf, dass der Mund für normal auch dort wohnhaft ist, ist das zumindest die halbe Wahrheit. Aber noch bevor der Rügendetektor ausschlagen kann, geht's auch für sechs weitere Frauen auf Deutschlands größte Insel.
Dampflok auf der Eifersuchtsschiene
Auch Mimi ist dabei – und wo sie ist, muss freilich der Rauch aufgehen. Wird' also Zeit für ein bisschen Eisenbahnromantik. Geil! Da bewirbst du dich beim „Bachelor", um 'nen gratis Strandurlaub auf RTLs Nacken abzustauben – und dann landest du im „Rasenden Roland" und trinkst Tee. Das ganze Gruppendate changiert so zwischen rüstigem Rentnerausflug und pubertärer Klassenfahrt: Für die „schon" 30-jährige Anna ist der Zug eh fast abgefahren, dafür vertritt sie sehr rigoros das Frauenbild von 1950: „Du musst mich erobern. Ich geb' dir einen Blick und dann darfst du mich ansprechen.“ Und Esther (22) leidet an einer sehr seltenen Form des Vaterkomplexes: „Wenn wir jemals Sex hätten, mein Papa wüsste das." ALLES KLAR ... Wer braucht schon die Zigarette danach, wenn er auch Facetime mit Vati haben kann? Spätestens jetzt hätte Niko vom Zug springen sollen.
Aber nein, er findet es sogar „charmant", dass er eine „Mischung aus ihren fünf Ex-Freunden ist" (ok, vier davon waren „Liebhaber", was auch immer das heißen mag). „Ich kann sie noch nicht einschätzen, aber fühle mich trotzdem wahnsinnig zu ihr hingezogen." Und dann flüstert er dem RTL-Prakti doch glatt noch zu, dass für einen Kuss nicht viel gefehlt habe. Ah ja eh. Aber dann wieder rumheulen.
Apropos rumheulen: Dass Niko beim abendlichen Lagerfeuer mit Michèle redet, taugt Mimi überraschenderweise gar nicht. „War ja klar. Solange sie noch da ist, spiele ich die zweite Geige." Ähm. Nur kurz für's Protokoll: Du spielst eine von noch 17 nahezu gleichwertigen Geigen. Großer Unterschied.
Die Arschgeige gibt ein Streichelkonzert
Blöd nur, dass der „Bachelor" gar nicht weiß, wie man mit Geigen umgeht. Auch verpasst er die einmalige Chance, beim Lagerfeuer die Gitarre auszupacken und „Wonderwall" anzustimmen. Menno, er ist doch sonst so kreativ. Stattdessen lässt er bei der anschließenden Pyjamaparty sponsored by Hunkemöller-Sale den klimpernden Klavierkavalier raushängen und presst den Damen „Die fabelhafte Welt der Amélie" in die Gehörgänge. Schade. Mit „Die fabelhafte Welt der Mimimi" hätte er wahrscheinlich mehr punkten können. Aber ich bin ja schon ein bisschen verwundert, dass Mimi ihm keine Szene macht à la „Wat für 'ne Amélie schon wieder? Wer ist die Bitch?"
Um das Eifersuchskaninchen zu besänftigen, zieht sich Niko mit ihr in einen sicheren Verschlag im ersten Stock zurück – gerammelt wird aber noch nicht, erst mal nur Löffelchelstellung und viel Bussibussi. Vorher lässt er sich aber noch auf der Fensterbank sitzend von ihren Füßen die Klöten wärmen. So kann man sich natürlich auch jemanden warmhalten. Und weil der Niko ja kein Hasenfuß ist, offenbart er Mimi, dass er beim Date mit Denise s-t-ä-n-d-i-g an sie gedacht hat: „Ich mag dich halt wirklich. Deswegen will ich dir auch kein schlechtes Gefühl geben." Mimi hätte aber verständlicherweise auch gern eine ranzige Bernsteinkette von ihm geschenkt bekommen: „Du kannst mir kein gutes Gefühl geben, wenn du anderen Mädels auch ein gutes Gefühl gibst." Ok. Wisst ihr was? Geben wir ihr einfach noch so zirka zwölf bis dreiundzwanzig Folgen, bis sie das Konzept der Sendung auch mal rafft.
Der „Katastrophen-Bachelor"
Nächster Abend. Tatort Junggesellinnenbude. Und mit Nikos Klingeln steht automatisch auch der nächste Krisengesprächsreigen vor der Tür. Er klärt dann erst mal mit Denise, dass es zwar eh geil war, ständig ihren Arsch zu kraulen, aber der Kuss dann doch eher unpassend war. „Ich fand's in dem Moment einfach ein bisschen zu viel." – „Ich sehe das auch so." Also lügen kann sie echt gut.
Dass die beiden da auf der Veranda die selbe Luft einatmen, löst bei Mimi wie gewohnt akute Einschnappatmung aus. wEiL sIE HaT zUeRsT gEsAgt, DaSs sIE mIt IhM rEdEn WiLl!!!!! Die Folge: Sie flennt und schmiedet unterbewusst erste Beseitigungspläne:
Natürlich will der „Bachelor" wissen, welche Niko-laus ihr jetzt schon wieder über die polnische Leber gelaufen ist. Beim Terrassen-Talk hält er erst mal zehn Meter Sicherheitsabstand, ehe er sich von ihr auf die Bank zitieren lässt, wie ein Welpe in der Hundeschule. Und da sitzt er nun. Pfötchenhaltend und bedröppeld dreinschauend wie ein ausgesetzter Labrador, den Kopf gesenkt und die Kapuze seines Hoodies tief ins Gesicht gezogen. Den „besonderen Grund" für das Zweiaugengespräch mit Denise teasert er bloß an, als Mimi nochmal nachhakt, ob denn „was passiert" sei, entscheidet er spontan, sich in die Calvins zu kacken: „Nein es ist nichts Schlimmes, gar nichts." Na, eh nicht. Nur dein Todesurteil. Komisch, dass er das Gefühl hatte, als setze sie ihm „die Pistole auf die Brust". Hat hier jemand zufällig die Nummer von der Tatortreinigung?
Niko ist heillos überfordert. Wie verzweifelt er wirklich ist, merkt man auch daran, dass er sich von Mimi jetzt Tipps holt, wie er denn seinen Job am besten machen sollte. Und dann folgt ein Offenbarungseid, den es so auch noch nicht gegeben hat: „Boah, ich bin kein guter Bachelor ey. Ich schwör' ich bin ein Katastrophenbachelor." Ach was. Solange du Schwäne nicht als Waffen benutzt und deine Zweitplatzierte irgendwann im Sommerhaus nicht mobbst, geht's eigentlich. Aber hey: Endlich mal ein Rosentyp, der sich selbst reflektiert.
Aber wenn das so weiter geht, wird er der erste „Bachelor" sein, der noch während der Staffel mit einem Nervenzusammenbruch eingeliefert wird – oder einfach tot umfällt. Wie einer gefühlsleerer Walking-Dead-Statist schlurft er in der Nacht der Rosen von einem Vieraugengespräch zum nächsten. Und als stünde er eh nicht schon kurz vorm Burnout, wird der Kader erneut aufgefüllt: Die Quarantänedamen Kim-Denise, Debora und Jacqueline B. joinen den Harem.
Niko schließt eine Überlebensversicherung ab
„Es ist schwer. Ich muss ja auch mal Zeit haben, die kennenzulernen, die vorher schon da waren." Joa. Dann wär's vielleicht mal eine gute Idee, nicht immer mit den selben zwei Trullas zu reden. Aber da Niko bekanntermaßen immer auf meinen Rat scheißt, nimmt er sich zum drölften Mal Mimi beiseite. Die Alte hat echt mehr Sendezeit als „The Big Bang Theory" bei ProSieben. Immerhin liest er ihr sowas ähnliches wie die Leviten – obwohl, eigentlich will er sich nur absichern: „Ich kann dir nicht versprechen, was in den nächsten Wochen passiert. Ich kann nicht immer dran denken, was denkt Mimi, wenn ich auf einem Date bin." Und Mimi? Die unterdrückt ihre Bosheitsblähungen und lockert das Du-gehörst-eh-schon-mir-Korsett zumindest verbal: „Ich denke, ich krieg's auf die Reihe, mich da ein bisschen zurückzunehmen. Würde ich schaffen." Warum lügen die eigentlich alle ständig?
Wenigstens eine spricht in dem ganzen Haufen mal etwas Wahrhaftiges aus: „Wieso verbessert sich meine Laune nicht? Ich trinke und bin immer noch abgefucked." Danke, Linda. So geht's mir seit März 2020. Ganz andere Probleme hat Daniela Katzenbergers Wish-Double Melissa, der bei ihrem Abgang dummerweise der Fuß eingeschlafen ist. Stangentanz-Nora und Maturantin Nina folgen ihr rosenlos in die Nacht. Und ich brauch jetzt auch erstmal 'ne Pause.
TV-Kritiken zur letzten „Bachelor“-Staffel
🌹 Erste Folge: Mit Schirm und Charme zur Schamparade
🌹 Zweite Folge: Lästerlust, Lippenfrust und Denkverlust
🌹 Dritte Folge: Knutschen und kotzen im Keif-Kollektiv
🌹 Vierte Folge: Ein Nesquickie und viel Voodoo-Kack(ao)
🌹 Fünfte Folge: Vom Schmusi zum Schmollchi
🌹 Sechste Folge: Gieriges Brunstschwimmen im Girlpool
🌹 Siebte Folge: Mogli fummelt im Dschummelbuch
🌹 Achte Folge: Popeln & poppen bis in den Reierabend
🌹 Neunte Folge: Der Pooletarier schiebt Paaranoia