Atomabkommen

US-Angebot weckt Hoffnung auf Rettung des Atomdeals mit dem Iran

Beobachter in Teheran sind der Ansicht, dass der iranische Präsident Rouhani eine Einladung der EU zu einem Treffen mit den fünf UN-Vetomächte plus Deutschland annehmen würde.
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Nachdem sich die neue US-Regierung öffentlich zu Gesprächen bereit erklärt hatte, schloss am Freitag auch der Iran ein Treffen nicht aus. Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel zeigte sich zuversichtlich, dass das Atomabkommen noch zu retten ist.

Washington – Bei den Bemühungen zur Rettung des internationalen Atomabkommens mit dem Iran (JCPOA) gibt es erstmals seit langem wieder etwas Hoffnung. Nachdem sich die neue US-Regierung öffentlich zu Gesprächen bereit erklärt hatte, schloss am Freitag auch der Iran ein Treffen nicht aus. Ein Sprecher des Außenministeriums forderte allerdings, dass die USA zuvor die während der Amtszeit von Präsident Donald Trump eingeführten Sanktionen gegen Irans Wirtschaft wieder aufheben müssten.

Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel zeigte sich am Freitag zuversichtlich, dass das Atomabkommen noch zu retten ist. „Wenn alle davon überzeugt sind, dass man diesem Abkommen wieder eine Chance geben sollte, dann sollten sich auch Wege finden, dieses Abkommen wieder in Gang zu setzen“, sagte Merkel. „Ich werde mich zumindest dafür einsetzen, neuen Schwung in die Verhandlungen zu bringen.“ Es stehe aber noch ein „diplomatischer Balanceakt oder Kraftakt“ bevor.

Einseitiger Ausstieg unter Trump

Das in Wien unterzeichnete internationale Abkommen zur Verhinderung einer iranischen Atombombe hatte zuletzt vor dem Aus gestanden, weil die USA unter Trump einseitig aus dem Abkommen ausgestiegen waren und Sanktionen wieder eingeführt hatten. Der Iran reagierte darauf, indem er - nach einer einjährigen Wartezeit - mehr und mehr Verpflichtungen aus dem Abkommen nicht mehr einhielt. So begann er mit einer höheren Urananreicherung sowie der Produktion von Uranmetall. Außerdem arbeitet er nun mit schnelleren Zentrifugen und lagert weitaus mehr Uran als erlaubt.

Die Regierung in Teheran rechtfertigte die Schritte damit, dass ihr für die Einschränkung ihres Atomprogrammes eine Aufhebung der wirtschaftlichen Isolierung versprochen worden war. Weil die USA auch Unternehmen aus der EU und anderen Staaten mit Sanktionen bedrohen, machen aber kaum noch ausländische Unternehmen mit dem Iran Geschäfte.

Trump wollte den Iran mit maximalem Druck dazu zwingen, ein neues Atomabkommen mit schärferen Auflagen auszuhandeln. Außerdem sollte dieses neue Abkommen auch auf das Raketenprogramm des Landes ausgeweitet werden. Die Führung in Teheran lehnte dies alles ab.

Kurswechsel der USA

Nach dem Machtwechsel im Weißen Haus deutet sich nun ein Kurswechsel der USA an. Die USA würden eine mögliche Einladung des EU-Außenbeauftragten Josep Borrell zu einem Treffen mit Vertretern des Irans und der übrigen sechs Abkommensstaaten annehmen, um gemeinsam nach einer diplomatischen Lösung zu suchen, erklärte ein Sprecher des Außenministeriums in Washington am Donnerstag. Als Zeichen des guten Willens nahm die Regierung von Joe Biden auch eine Forderung der Vorgängerregierung an den UN-Sicherheitsrat nach Wiedereinsetzen der internationalen Sanktionen gegen den Iran zurück.

Ob das der Regierung in Teheran Iran reicht, blieb zunächst allerdings unklar. Der Iran werde nicht auf „Gesten“ reagieren, sondern auf konkrete Taten, erklärte Außenamtssprecher Said Khatibsadeh am Freitag. Außenminister Mohammed Jawad Zarif hatte auf Twitter den englischen Hashtag „#CommitActMeet“ gepostet. Auf der persischen Seite des Außenministeriums bei Instagram wurde der Hashtag erklärt: Wenn die USA ihren Verpflichtungen nachgehen sollten und in der Praxis die Sanktionen aufheben würden, wäre der Iran zu einem Treffen bereit.

In Österreich, das kein Vertragspartner ist sondern nur Gastgeber der Verhandlung und Unterzeichnung des Abkommens war, forderten die Grünen von den USA und dem Iran Signale und ein Aufeinanderzugehen, um das von Trump 2018 zerstörte Vertrauen zu reparieren. „Dies ist, und das ist nicht übertrieben, für den gesamten Weltfrieden und die Außendiplomatie von großer Bedeutung“, so die außenpolitische Sprecherin der Grünen, Ewa Ernst-Dziedzic, in einer Aussendung.

Beobachter in Teheran sind der Ansicht, dass der Iran ungeachtet der geäußerten Vorbedingungen eine Einladung der EU zu einem Treffen mit den fünf UN-Vetomächte plus Deutschland annehmen würde. Dafür spricht auch ein Telefonat des Präsidenten Hassan Rouhani mit EU-Ratspräsident Charles Michel am Mittwoch. „Der EU-Außenbeauftragte (Josep Borrell) sollte erneut die Rolle des Koordinators übernehmen und die notwendigen Schritte zur Rettung des Wiener Abkommens machen“, sagte Rouhani in dem Gespräch mit Michel. Ein Sprecher Borrells machte am Freitag klar, dass die EU bereit sei, zu einem Treffen einzuladen.

Israel bekräftigte unterdessen seine Ablehnung des Atomabkommens. „Die Position Israels zum Atomabkommen hat sich nicht verändert“, erklärte das Büro des Ministerpräsidenten Benjamin Netanyahu. Israel gehe davon aus, dass eine Rückkehr zum alten Abkommen dem Iran den Weg zu einem Nukleararsenal bereite. Israel sieht sich vom Iran existenziell bedroht. Netanyahu wirft Teheran vor, trotz des Atomabkommens heimlich weiter den Bau von Nuklearwaffen angestrebt zu haben. (APA/dpa)