Regierungspläne

Mehr Spielerschutz, weniger Korruption: Was das „Glücksspielpaket“ bringen soll

Eine unabhängige Behörde soll die Glücksspiel-Agenden des Finanzministeriums übernehmen. (Symbolfoto)
© Robert Parigger

Das Finanzministerium soll künftig nicht mehr für den Glücksspiel-Bereich zuständig sein, sondern eine weisungsfreie Behörde. Auch in Sachen Spielerschutz werden einige Maßnahmen getroffen.

Wien – Die Bundesregierung wird mit ihrem „Glücksspielpaket“ die angekündigte Kompetenzen-Entflechtung umsetzen. Dazu sollen die entsprechenden Agenden aus dem Bereich des Finanzministeriums herausgelöst werden und in eine unabhängige und weisungsfreie Glücksspielbehörde übertragen werden. Das gab Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) am Mittwoch nach der Ministerratssitzung bekannt.

Das Bestellverfahren der Glücksspielaufsichtsbehörde ist noch offen. Für die Lizenz- und Konzessionsverfahren wird ein richterlicher Konzessions-Senat zuständig sein. Dabei sollen strenge Unvereinbarkeits- und Transparen-Bestimmungen angewendet werden. Die Debatte um die Zuständigkeiten war zuletzt auch nach einer Hausdurchsuchung bei Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) losgebrochen. Die Korruptionsstaatsanwaltschaft vermutet illegale Parteienfinanzierung durch den Glücksspielkonzern Novomatic, Blümel und die ÖVP weisen die Vorwürfe zurück.

Blümel selbst erklärte in einem schriftlichen Statement am Mittwoch, die Mehrfachrolle des Finanzministeriums im Glücksspielbereich sei nicht mehr zeitgemäß. Bei der geplanten Entflechtung werde man sich an internationalen Vorzeigemodellen orientieren. Zudem würden der Spielerschutz und der Kampf gegen illegales Glücksspiel forciert.

📽 Video | Unabhängige Glückspielbehörde vor Umsetzung

Nina Tomaselli, Fraktionsführerin der Grünen im Ibiza-U-Ausschuss, erklärte, dass Maßnahmen zum Spielerschutz und zur Korruptionsbekämpfung längst überfällig seien. Die Branche versuche seit vielen Jahren die Politik zu korrumpieren. Denn sie seit zu hundert Prozent von der Politik abhängig.

Verbot von Spenden an Parteien und Funktionäre

Ein wesentlicher Punkt des Glückspielpaketes sei das generelle Verbot von Spenden, Sponsoring und Inseraten von Glücksspielunternehmen an Parteien und politische Funktionäre. Die drei nicht genutzten Casinolizenzen sollen gestrichen und die Bundeslizenz für Automaten abgeschafft werden.

Alleine im Wiener Prater würden 150 Spielautomaten mit einer Bundeslizenz betrieben, künftig werde es dies nicht mehr geben. Die Lotterien würden aber wohl nicht unter die Einschränkungen, wie sie etwa bei der Werbung geplant sind, fallen, erklärte Tomaselli. Die gesetzlichen Regelungen zur Umsetzung des Paketes sollen bis April 2021 in Begutachtung gehen und bis zum Herbst des heurigen Jahres beschlossen werden.

Tomaselli zitierte Studien, wonach der Anteil der Spielsüchtigen bei rund drei Prozent der Gesamtbevölkerung liege, also rund 240.000 Menschen – bei steigender Tendenz, insbesondere im Online-Bereich. Zusehends würde sich die Glücksspielindustrie auch Kindern zuwenden. Hier soll jenen Spielen ein Riegel vorgeschoben werden, bei denen Zusatzfunktionen käuflich erworben werden können.

Die wichtigsten Punkte zum Spielerschutz-Paket

Im Glücksspielpaket der Bundesregierung finden sich einige deutliche Verschärfungen für die Anbieter des vermeintlich schnellen Glücks. Hier ein Auszug davon:

  • Spieldauer, Geschwindigkeit und Höchsteinsätze beim Automatenglücksspiel werden reduziert.
  • Kinderspiele, bei denen die Kids für Geld Zusatzfunktionen erwerben können, werden reguliert.
  • Im Online-Gaming soll es registrierte, personalisierte Spielerkonten geben, wodurch nur noch bis zu einer monatlichen Betrags-Höchstgrenze gezockt werden kann.
  • Die Glücksspielwerbung wird eingeschränkt, insbesondere die verherrlichende Darstellung. Wie weit dies auch die Lotterien betrifft, blieb heute noch offen.
  • Mittels einer Spielerdatei sollen sich Spieler anbieterübergreifend selbst sperren können.

Der niederösterreichische Glücksspielkonzern Novomatic begrüßt den Schritt, „weil damit eine langjährige Forderung von Novomatic erfüllt wird und endlich eine unabhängige Glücksspielbehörde nach internationalen Standards gegründet werden soll“, teilte Marketing- und Kommunikationschef Stefan Krenn mit. Die teilstaatlichen Casinos Austria finden das vorgesehene verschärfte Vorgehen gegen illegales Glückspiel gut.

FPÖ mit scharfer Kritik, NEOS skeptisch

Die FPÖ ließ kein gutes Haar an den Regierungsplänen. „Völlig übersehen hat man, dass folgerichtig auch das staatliche Glücksspielmonopol über Bord geworfen werden müsste. Denn die sogenannte Entflechtung von Politik und Glücksspiel ist sonst wohl kaum argumentierbar“, so der blaue Parteiobmann Norbert Hofer. „Das ist ein wenig intelligenter Schnellschuss und hat wohl einzig und alleine das Ziel, den Finanzminister und den Bundeskanzler in der Causa Novomatic auf sicheres Terrain zu führen.“ Er sei klar für das staatliche Monopol auf Glücksspiel, so Hofer.

Für die NEOS ist es wichtig, „dass die Reformen nicht nur zur ÖVP-Verteidigungsstrategie für Gernot Blümel verkommen“, wie Wirtschaftssprecher Sepp Schellhorn mitteilte. Schellhorn wiederholte seine Forderung, dass ÖBAG-Chef Thomas Schmid abberufen werden solle. Die Entflechtung von Glückspiel und Politik sei mehr als überfällig. (TT.com, APA)