Blutige Proteste in Myanmar, Suu Kyi wegen Anstiftung beschuldigt
Seit einem Monat herrscht in Myanmar die Gewalt, nachdem die Regierungschefin Aung San Suu Kyi am 1. Februar vom Militär abgesetzt wurde. Bei Landesweiten Protesten wurden am Sonntag mindestens 18 Menschen getötet und 30 verletzt. Suu Kyi wurde am Montag zum ersten Mal wieder in der Öffentlichkeit gesehen – zu ihrer ersten Anhörung vor Gericht.
Yangon (Rangun) – Die Justiz in Myanmar (Burma) will die vom Militär entmachtete und unter Hausarrest gestellte Regierungschefin Aung San Suu Kyi wegen zwei weiterer mutmaßlicher Vergehen belangen. Insgesamt laufen damit vier Klagen gegen die 75-Jährige, wie das Nachrichtenportal Myanmar Now" am Montag berichtete. Kurz zuvor war Suu Kyi zum zweiten Mal per Videoschaltung von einem Richter verhört worden. Ein Anwalt durfte sie nicht vertreten.
Friedensnobellpreisträgerin Suu Kyis wegen "Anstiftung zum Aufruhr" angeklagt
Die frühere Freiheitsikone war vor genau einem Monat im Zuge eines Militärputsches festgesetzt worden. Der Jurist Min Min Soe aus dem Verteidigerteam Suu Kyis, der die Videokonferenz beobachten konnte, sagte, die Politikerin sei offensichtlich bei guter Gesundheit. "Sie sagte bei der Anhörung, dass sie sich mit ihrem Anwalt treffen wolle. Der Richter hat ihr gesagt, dass er daran arbeite", so Min Min Soe. Seit sie in Gewahrsam ist, wurde Suu Kyi nicht mehr öffentlich gesehen.
Die Friedensnobelpreisträgerin solle wegen "Anstiftung zum Aufruhr" und wegen eines Verstoßes gegen ein Telekommunikationsgesetz angeklagt werden, so ihr Anwalt Nay Tu. Suu Kyi werde jetzt auch vorgeworfen, Informationen veröffentlicht zu haben, die "Angst oder Panik" auslösen könnten. Sie soll damit gegen ein Gesetz aus der Kolonialzeit Burmas verstoßen haben. Die nächste Anhörung sei für den 15. März angesetzt, so der Anwalt.
Bei einer der neuen Klagen gehe es um Abschnitt 505b des Strafgesetzbuches, wonach es illegal ist, "Erklärungen, Gerüchte oder Berichte abzugeben", die die Öffentlichkeit dazu veranlassen könnten, "eine Straftat gegen den Staat" zu begehen. Ein Verstoß wird laut "Myanmar Now" mit bis zu zwei Jahren Gefängnis, einer Geldstrafe oder beidem bestraft. Die zweite neue Klage betreffe ein Vergehen gegen das Telekommunikationsgesetz. Speziell gehe es um den Besitz oder die Nutzung von Geräten, für die eine Lizenz erforderlich ist. Die Strafe betrage maximal ein Jahr Haft. Suu Kyi werden bereits Vorstöße gegen das Import-Export-Gesetz sowie gegen das Katastrophenschutzgesetz vorgeworfen.
Beobachter glauben, dass die Militärjunta die beim Volk sehr beliebte Politikerin langfristig von der politischen Bühne fernhalten will. Die Friedensnobelpreisträgerin hatte in der Vergangenheit bereits insgesamt mehr als 15 Jahre unter Hausarrest gestanden. Der nächste Gerichtstermin sei für den 15. März angesetzt worden, hieß es.
Mindestens 18 Tote bei Demonstrationen
In Myanmar gab es zum Wochenbeginn erneut Demonstrationen gegen den Putsch. Am Sonntag waren bei landesweiten Protesten mindestens 18 Menschen getötet und mehr als 30 weitere Personen verletzt worden, wie die Vereinten Nationen bekannt gaben. Nach den Angaben der UNO schossen Sicherheitskräfte in den beiden größten Städten Rangun und Mandalay sowie in weiteren Orten mit scharfer Munition auf Menschenmassen. Es war der bisher blutigste Tag seit dem Umsturz.
Doch trotz dieser Eskalation versammelten sich auch am Montag wieder zahlreiche Menschen auf den Straßen. Wasserwerfer und Militärfahrzeuge gingen erneut in Yangon in Stellung. In der größten Stadt des Landes hatte die Polizei am Sonntag das Feuer eröffnet, nachdem sich die Menge durch den Einsatz von Blendgranaten, Tränengas und Schüssen in die Luft nicht auseinandertreiben ließ.
Die USA wollen unterdessen die Verantwortlichen für die gewaltsame Niederschlagung der Demonstrationen in Myanmar zur Rechenschaft ziehen. "Wir bereiten zusätzliche Aktionen vor, um denjenigen, die für diesen jüngsten Ausbruch von Gewalt und den jüngsten Putsch verantwortlich sind, weitere Strafen aufzuerlegen, sagte US-Sicherheitsberater Jake Sullivan am Sonntag. (APA/dpa/Reuters)