Corona-Krise

Vom Hinterbänkler zum Musterschüler: Warum Vorarlberg früher öffnet

Vorarlberg legt ab Mitte März zu einem Pilotprojekt ab. Im Bild eine Fahrt des Bodensee-Museumsschiffs "MS Österreich" Mitte 2019.
© DIETMAR STIPLOVSEK

Im westlichsten Bundesland darf die Gastronomie bereits ab 15. März wieder vollständig aufsperren – auch Selbsttests sollen Gästen Zutritt verschaffen. Frühere Lockerungen soll es auch im Sport- und Kulturbereich geben. Was ist im Ländle besser gelaufen?

Bregenz – Dass Vorarlberg als Testregion früher als die anderen Bundesländer erste Öffnungsschritte in der Corona-Pandemie setzen darf, war vor wenigen Monaten noch undenkbar. Im November war Vorarlberg mit Sieben-Tages-Inzidenzen jenseits der Marke von 700 österreichweites Schlusslicht, in den Spitälern wurde eine Triage nicht mehr ausgeschlossen. Doch kam es nicht soweit. Vor allem seit dem Dreikönigstag verbesserten sich die Zahlen schrittweise und nachhaltig.

📽 Video | Erste Lockerungen in Vorarlberg ab 15. März:

Am 13. Jänner verzeichnete Vorarlberg den bisher letzten Tag mit über 100 Corona-Neuinfektionen – genau waren es 132. Der höchste Wert seit 23. Jänner betrug 70, in den vergangenen Tagen wurden selten mehr als 50 Neuinfektionen registriert. Mit durchschnittlich etwa 40 Neuinfektionen pro Tag erreicht Vorarlberg eine Sieben-Tages-Inzidenz pro 100.000 Einwohner von 70. Das entspricht in etwa dem aktuellen Stand.

Effektive Unterbrechung von Infektionsketten

Sollte der Versuch mit den Selbsttests klappen, so könnte das laut dem Vorarlberger Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) der „Beginn einer Änderung im Testwesen“ sein.
© HELMUT FOHRINGER

Was aber bewirkte den zumindest vorläufigen Umschwung? Immer wieder betonen die Verantwortlichen – Landeshauptmann Markus Wallner und Gesundheitslandesrätin Martina Rüscher (beide ÖVP) – die Qualität des Contact Tracing in Vorarlberg. Es gelinge sehr rasch, Infektionsketten zu unterbrechen.

Hilfreich war mit Sicherheit ebenfalls, dass die infektiösere britische Mutante erst vergleichsweise spät im Bundesland ankam. Erst am 1. Februar wurde die erste Mutation in Vorarlberg bestätigt. Zwar hat sich die britische Variante anschließend auch in Vorarlberg breitgemacht, der Anteil der britischen Mutante an den Neuinfektionen lag am Montag aber noch unter einem Drittel, nämlich bei knapp 27 Prozent – Ende Februar waren es im Österreich-Schnitt 57 Prozent, in Ostösterreich waren die Zahlen noch deutlich höher. Die südafrikanische Mutante wurde in Vorarlberg bisher in zwei Fällen festgestellt.

Höhere Impfrate

Schon vor Weihnachten zeigte sich Wallner überzeugt, dass „Testen und Impfen“ den Weg aus der Pandemie weise. Das Vorarlberger Impf-Dashboard ging früher als in anderen Bundesländern online und verzeichnete von allem Anfang an regen Zulauf. Aktuell sind in Vorarlberg über 26.500 Personen immunisiert, davon haben über 12.000 Menschen auch schon die Zweitimpfung erhalten. Hinsichtlich der Erstimpfung sind damit acht Prozent der 332.061 Vorarlberger „Impfberechtigten“ geimpft worden gegenüber österreichweit 5,47 Prozent.

🔍 Lockerungsschritte ab 15. März in Vorarlberg

  • Die Gastronomie soll mit 15. März nicht nur outdoor sondern auch in Innenräumen öffnen – im restlichen Österreich soll dies aus jetziger Sicht zu Ostern der Fall sein.
  • Jugend- und Schulsport sollen ebenfalls ab Mitte März wieder möglich sein.
  • "Sehr deutliche Schritte" soll es auch bei der Kultur ab Mitte März geben, erklärte Kanzler Kurz. Präzisere Angaben dazu gab es vorerst noch nicht. LH Wallner sagte, es sei wichtig, dass Jugendliche wieder gemeinsam musizieren oder auch Theater spielen können.
  • "Veranstaltungsregeln" – welche Veranstaltungen dürfen im Allgemeinen unter welchen Bedingungen und mit wie vielen Besuchern stattfinden – müssten noch diskutiert werden.

Wallner (ÖVP) erklärte noch am Montag, dass das Bundesland die angekündigten Öffnungsschritte „verantwortungsbewusst und mutig“ angehen wolle. Es folge nun eine „intensive Vorbereitungsphase“ bis 15. März. Er beschrieb die Verhandlungen in der Bundeshauptstadt als „nicht einfach“, letztlich könne man aber nicht ewig im Lockdown verharren.

Wallner: „Irgendwann muss man diesen Schritt probieren“

Besonders erfreut zeigte sich Wallner über die Einigung, die Gastronomie in Vorarlberg zum 15. März wieder vollständig zu öffnen, also auch indoor. Zutritt werde nur haben, wer einen negativen Corona-Test vorweisen könne. Diesbezüglich sei vereinbart worden, dass auch Selbsttests als Zutrittstests Gültigkeit haben werden – was aktuell nicht der Fall ist. Selbsttests müssten nun allerdings registriert werden können, vor allem müsse das System fälschungssicher gestaltet werden.

„Irgendwann muss man diesen Schritt probieren“, betonte der Landeshauptmann. Sollte der Versuch mit den Selbsttests klappen, so könnte das laut Wallner der „Beginn einer Änderung im Testwesen“ sein. Wallner wies auch darauf hin, dass die Gastronomie sehr auf eine Öffnung gedrängt habe, nun nehme er sie auch in die Pflicht.

Mögliche Lockdowns „regional beschränken"

In der Frage, bei welchem Szenario man wieder mit Verschärfungen reagieren müsste, sei man übereingekommen, dass es „keinen Automatismus“ geben werde. Problematisch wären aber jedenfalls „Inzidenz-Zahlen von 400 auf Bezirksebene“. Wallner sprach sich sehr dafür aus, Lockdowns – sollten diese notwendig sein – regional zu beschränken. Zu Öffnungsschritten in Kultur und Sport sagte Wallner, dass es ihm dabei vor allem um die Jugend gehe. „Veranstaltungsregeln“ - welche Veranstaltungen dürfen im Allgemeinen unter welchen Bedingungen und mit wie vielen Besuchern stattfinden - müssten noch diskutiert werden. (TT.com, APA)

📽 Video | Anschober in der ZIB2 zum Pilotversuch in Vorarlberg:

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