LGBTIQ

Prozess um "Entweihung der Jungfrau Maria": Aktivistinnen freigesprochen

Ein Bild einer Jungfrau Maria mit Regenbogen-Heiligenschein (Symbolfoto) war ein Fall für ein polnisches Gericht.
© WOJTEK RADWANSKI

Warschau – Ein Gericht in der polnischen Stadt Plock hat drei lesbische Menschenrechtsaktivistinnen freigesprochen, die die Jungfrau Maria auf Postern mit einem regenbogenfarbenen Heiligenschein gezeigt und damit im April 2019 für die LGBTQ-Bewegung geworben hatten. Das Ziel der Angeklagten sei es gewesen, für ihre eigene Gleichberechtigung zu kämpfen, nicht jedoch, die Gefühle anderer zu verletzen, sagte die Richterin Agnieszka Warchol am Dienstag.

Die Angeklagten Joanna Gzyra-Iskandar, Anna Prus and Elzbieta Podlesna hätten im Falle eines Schuldspruchs mit einer Gefängnisstrafe von zwei Jahren rechnen müssen. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International sprach von einem "Triumph" für die drei Frauen. Sie seien wegen ihres friedlichen Einsatzes für die Rechte von lesbischen, schwulen, bisexuellen, trans- und intergeschlechtlichen Menschen vor Gericht gestellt worden, erklärte Amnesty. Diese Anklagen "hätten niemals erhoben werden dürfen, "da sie nur von ihrem Menschenrecht auf freie Meinungsäußerung Gebrauch gemacht" hätten, betonte die Europa-Expertin der Menschenrechtsorganisation, Katharina Masoud. Die drei Frauen "mit solchen absurden und unbegründeten Anschuldigungen ins Visier zu nehmen", sei "Ausdruck für ein viel breiteres Muster der Einschüchterung von Menschenrechtsaktivistinnen und Menschenrechtsaktivisten sowie dem schwindenden Handlungsspielraum der Zivilgesellschaft in Polen".

"Um Himmels Willen, ich werde mich nicht schuldig bekennen, religiöse Gefühle verletzt zu haben", hatte Podlesna vor dem Prozessauftakt gesagt. "Ich glaube nicht, dass ein Regenbogen irgendjemanden verletzen kann", fügte sie hinzu. "Ich habe kein Verbrechen begangen." Die strittige Marien-Abbildung ähnelte der Schwarzen Madonna in Tschenstochau (Czestochowa), einer katholischen Pilgerstätte.

Artikel 196 des polnischen Strafrechts verbietet das Verletzen religiöser Gefühle. Die katholische Kirche in Polen und die Regierungsmehrheit in Warschau stehen mit der LGBTQ-Bewegung auf dem Kriegsfuß. Der Artikel 196 des polnischen Strafgesetzbuches verstößt nach Auffassung mehrerer Menschenrechtsorganisationen gegen das Recht auf freie Meinungsäußerung. Er sei deshalb unvereinbar mit internationalen und polnischen Menschenrechtsverpflichtungen. Amnesty teilte mit, 160.000 Menschen hätten sich der Kampagne angeschlossen, die den polnischen Generalstaatsanwalt aufforderte, die Anklagen gegen die drei Menschenrechtsaktivistinnen fallen zu lassen. (APA/AFP)

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