Coronavirus

Forscher sieht beim Auswerten der "Nasenbohrertests" noch Luft nach oben

Die Auswertung der sogenannten "Nasenbohrertests" hat laut Johannes Zuber noch "Luft nach oben".
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Der Molekularbiologe Johannes Zuber ist durchaus begeistert von der "spektakulären" Teststrategie in Österreich. Nachholbedarf sieht er jedoch bei der Auswertung der Schultests, die zwar nicht so genau, aber trotzdem sehr sinnvoll seien.

Wien – Die Teststrategie Österreichs, zu der auch die Schul-"Nasenbohrertests" zählen, sei im internationalen Vergleich durchaus "spektakulär", so der Molekularbiologe Johannes Zuber zur APA. Beim Auslesen der Ergebnisse der Antigen-Schnelltests ginge aber noch mehr: Bei dem eher ungenauen Verfahren sei auch ein sich nur leicht abzeichnender zweiter Strich ein starker Hinweis auf eine Infektion. Die vorgeschriebenen 15 Minuten bis zum Auslesen sollten unbedingt eingehalten werden.

"Spektakuläre" Teststrategie in Österreich

Im europäischen Vergleich habe Österreich "die Wichtigkeit des Testens ganz früh erkannt und versucht das bestmöglich umzusetzen", sagte der Wissenschafter vom Forschungsinstitut für Molekulare Pathologie (IMP), der sich stark in der "Vienna COVID-19 Detection Initiative" (VCDI) engagiert zur APA. Während in Deutschland vielfach noch regional über Dinge diskutiert werde, die hierzulande schon umgesetzt sind, habe man etwa erkannt, dass möglichst auch asymptomatische Viren-Träger identifizieren werden sollten.

Klar ist, dass sich Covid-19 vielfach erst nach einer gewissen Zeit als Erkrankung anfühlt oder man gar keine Symptome verspürt. Die Virenlast im Nasen-Rachenbereich explodiert aber schon nach wenigen Tagen regelrecht in Richtung jener Gefilde, wo Menschen andere relativ leicht anstecken können. Und das noch bevor sich die Infektion zeigt und man vielleicht aus Eigenantrieb zuhause bleibt oder einen PCR-Test macht.

Bereits seit dem Beginn der Pandemie testen die Wissenschafter am Vienna BioCenter aus Eigeninitiative Mitarbeiter und deren Familien, teils mit selbstentwickelten, innovativen Testverfahren. "Wir haben noch keinen einzigen Fall gesehen, bei dem der Verlauf nicht so war. Die Leute erreichen immer die Infektiösität bevor sie etwas merken. Ungefähr ein Drittel bis die Hälfte bleibt komplett asymptomatisch", sagte Zuber.

"Nasenbohrertests" ungenauer, aber trotzdem sinnvoll

Der breite Wissenschafterverbund der VCDI hat immer wieder auch Vergleiche der Ergebnisse verschiedener Testverfahren durchgeführt. Während der diagnostische Goldstandard – der PCR-Test – schon Konzentration von einzelnen Viren pro Mikroliter Probenmaterial aufspürt, brauche es auch bei sehr guten Antigen-Schnelltests mit tiefem Abstrich im Nasen-Rachenraum eher eine Konzentration von mehr als 1000 Viren. Das hat zur Folge, dass damit zwar hochinfektiöse Personen ziemlich verlässlich gefunden werden, aber eben nicht alle infektiösen Personen.

Bei den neu zirkulierenden, mittlerweile in weiten Teilen Österreichs dominierenden SARS-CoV-2-Varianten wird zudem vermutet, dass schon eine deutlich niedrigere Virusmenge für eine Übertragung ausreicht, sagte Zuber. Die große Sorge ist hier, dass die Tests nun nochmals weniger Aufschluss bringen. Zuber: "Ein negativer Test mit diesen Verfahren sollte also nichts am Verhalten ändern. Basierend auf solchen Tests würde ich der Oma nicht am Nachmittag um den Hals fallen." Neue Variante hin oder her: Man könne zumindest mit höherer Wahrscheinlichkeit darauf schließen, gerade kein hochinfektiöser Fall zu sein.

Bei den an Österreichs Schulen angewendeten "Nasenbohrertests", wo die Proben aus dem vorderen Nasenbereich entnommen werden, dürfte die Nachweisgrenze gerade bei Symptomfreiheit deutlich über 1.000 Viren pro Mikroliter liegen. Trotzdem seien die Schultests laut Zuber in ihrer aktuellen Form extrem wichtig, um in der Masse genau die Kinder und Jugendliche zu identifizieren, die tatsächlich das Zeug zum Superspreader haben. Darauf hatte auch Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) zuletzt mehrfach hingewiesen.

Beim Auslesen der Tests noch "Luft nach oben"

Man müsse den Lehrern und Schülern Anerkennung dafür aussprechen, wie die regelmäßigen Testungen durchgeführt werden. Nicht zuletzt beim Auslesen und Interpretieren der Tests in den Klassen gibt es für Zuber aber noch Luft nach oben. Weil diese Tests nicht sehr genau sind, können auch Ergebnisse positiv sein, wo sich der zweite Strich lediglich andeutet. Es gebe Untersuchungen, die illustrieren, dass Schnelltests bei infektiösen Personen oft nur eine ganz schwache zweite Bande zeigen, die erst nach der empfohlenen Wartezeit von 15 Minuten sichtbar wird. "Solche schwachen Signale muss man ernst nehmen", sagte Zuber. Das sei an den Schulen noch nicht überall bekannt, so der Wissenschafter.

Insgesamt fehle es leider an einer umfassenden Evaluierung des an den Schulen eingesetzten Testsystems selbst, so Zuber: "Diese existiert nach unserem Kenntnisstand nicht." Die ersten Analysen der AGES sollten daher noch deutlich ausgebaut werden, um zu sehen, was der verwendete Test tatsächlich kann und wie die Ergebnisse zu bewerten sind: "Dass das weiter gemacht werden soll, steht aber eigentlich außer Frage." (APA)

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