„Ehrenmord war nie Thema“: Anklage gegen Mann von getöteter Imsterin
Nach der Tötung seiner Ehefrau im Juni wurde gegen einen Imster Mordanklage erhoben. Der 34-Jährige übernimmt die volle Verantwortung für die Tat.
Von Reinhard Fellner
Innsbruck, Imst – Lange hatte ein türkischstämmiger Montagetischler aus Imst seine Frau über die finanzielle Lage der Familie im Unklaren gelassen. Nach einem Konkurs mit der eigenen Montagefirma war sie desaströs. Als die Mutter eines zweijährigen Buben davon Kenntnis erlangt hatte, kam es zu immer heftigeren Streitereien. Ende Juni eskalierte die Situation um drei Uhr morgens. Mit einem Obstmesser in der Hand forderte die 31-Jährige ihren Mann auf, ihr endlich die Wahrheit über das Insolvenzverfahren zu sagen, und verletzte ihn leicht. Bei der folgenden Rangelei erfasste der 34-Jährige seine Frau am Hals und drückte so lange zu, bis sie sich nicht mehr bewegte. Darauf schüttelte der Mann seine Frau und schrie sie an, dass sie aufstehen solle. Es war zu spät.
Die Obduktion der Gerichtsmedizin ergab später einen Erstickungstod. Nach der Tötung der Ehefrau beförderte der 34-Jährige den Leichnam über die Tiefgarage in seinen Pkw. Nach einer nächtlichen Irrfahrt durch Imst wollte sich der Täter stellen – traute sich jedoch nicht. Darauf warf er die Leiche von der Pitztalbrücke in den Inn. Es sollte acht Tage dauern, bis man den Leichnam im Bereich des „Römerbadls“ bei Roppen auffinden konnte.
Mordanklage gegen 34-Jährigen erhoben
Schon zwei Tage nach der Tat war der 34-Jährige jedoch festgenommen worden. Unter Druck der Familie hatte er die Tat Angehörigen und Polizei gestanden. Ein über das Handy des Opfers inszenierter Selbstmord hatte zuvor Misstrauen erweckt.
Auf Anfrage der TT bestätigte die Staatsanwaltschaft Innsbruck gestern eine Mordanklage gegen den 34-Jährigen. Strafverteidiger Markus Abwerzger wird nach Absprache die vorliegende Anklageschrift nicht beeinspruchen.
Abwerzger: „Mein Mandant hat den Tod seiner Frau zu verantworten. Da gibt es nichts zu diskutieren. Die genauen Umstände sind jedoch tragisch und werden im Zuge der Schwurgerichtsverhandlung breit erläutert werden müssen. Eine Täter-Opfer-Umkehr wird es von unserer Seite nicht geben, mein Mandant übernimmt die volle Verantwortung. Es gibt bei derartigen Delikten nur Verlierer, insbesondere die jeweiligen Familien.“
Meldungen der Boulevardpresse tritt Abwerzger aber vehement entgegen: „Nicht richtig ist, und das ist mir wichtig zu betonen, dass es Vorkommnisse wie Ehrenmord oder Blutrache auch nur ansatzweise gegeben hat oder Thema waren. Beide Familien sind bestens integriert, Mandant und Opfer in Österreich geboren. Das ist kompletter Blödsinn. Dass die gesamten Geschehnisse und die Tat insbesondere für die Opferfamilie dramatisch sind und möglicherweise auch heftige Gedanken hervorrufen, ist wohl mehr als verständlich.“