Die Regierungspläne für die BVT-Reform: "DSN" übernimmt
Die neue "Direktion für Staatsschutz und Nachrichtendienst" übernimmt den Verfassungsschutz. Die Pläne sehen eine organisatorische Trennung und mehr Kontrolle vor.
Wien – Das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) wird nach den Skandalen der vergangenen Jahre einer tief greifenden Reform unterzogen. Der Entwurf des Innenministeriums sieht eine Trennung der Bereiche Staatsschutz und Nachrichtendienst sowie mehr parlamentarische Kontrolle vor. Außerdem erhält die Behörde einen neuen Namen: "Direktion für Staatsschutz und Nachrichtendienst" (DSN). Wann die Direktion starten soll, ist noch unklar.
Die Pläne der Regierung sind bis 7. Mai acht Wochen in Begutachtung. Neben der Novelle zum "Staatsschutz- und Nachrichtendienst-Gesetz" (SNG), wie das bisherige "Polizeiliche Staatsschutzgesetz" nun genannt wird, enthält das Gesetzespaket auch Änderungen für die Staatsanwaltschaft: wenn die Ermittler künftig Unterlagen von Ämtern brauchen, müssen sie diese per Amtshilfe beantragen. Razzien bei Behörden, wie jene beim BVT 2018, soll es nur noch in Ausnahmefällen geben. Außerdem wird der Strafrahmen für Spionage auf bis zu fünf Jahre erhöht. Ein Überblick:
Verfassungsschutz: Aufgabe der neuen Direktion ist weiterhin der Schutz des Staates vor "terroristisch, ideologisch oder religiös motivierter Kriminalität" sowie vor Spionage. Geschützt werden neben den "verfassungsmäßigen Einrichtungen" auch die Bevölkerung, die kritische Infrastruktur sowie ausländische Vertreter und internationale Organisationen.
Organisation: Neu ist die Trennung zwischen Staatsschutz und Nachrichtendienst: der Staatsschutz ist künftig für polizeiliche Ermittlungen nach "verfassungsgefährdenden Angriffen" zuständig sowie für den vorbeugenden Schutz vor solchen Angriffen. Der Nachrichtendienst sammelt und analysiert Informationen (auch in Zusammenarbeit mit internationalen Partnern) und beobachtet potenziell gefährliche Gruppierungen ("erweiterte Gefahrenerforschung"). Beide Bereiche werden jeweils von einem der beiden stellvertretenden Direktoren der DSN geleitet. Die bisherigen Landesämter sollen nur noch für den polizeilichen Staatsschutz zuständig sein. Sie bleiben der Landespolizeidirektion unterstellt.
Kontrolle: Eine unabhängige Kontrollkommission im Innenministerium soll die Arbeit der Direktion prüfen. Gewählt werden die drei Mitglieder mit Zweidrittelmehrheit im Nationalrat. Auch die Berichtspflicht an das Parlament wird gestärkt: Zusätzlich zum öffentlichen Verfassungsschutzbericht erhält der ständige Unterausschuss des Innenausschusses künftig einmal jährlich einen Bericht über die Tätigkeit der Direktion sowie der Kontrollkommission. Die Kommission steht den Abgeordneten außerdem für Auskünfte zur Verfügung.
Unvereinbarkeitsregeln gibt es künftig für Führungskräfte der DSN: aktive Politiker dürfen keine Leitungsfunktionen übernehmen. Wer Direktor oder Stellvertreter werden will, darf in den letzten drei Jahren weder Regierungsmitglied noch Abgeordneter auf Landes-oder Bundesebene gewesen sein ("Cooling-off Phase"). Nebenjobs sind (mit Genehmigung) zulässig, für Direktor, Stellvertreter und Landeschefs müssen sie aber unentgeltlich sein.
Personal und Standort: Wie bisher müssen sich Mitarbeiter alle sechs Jahre einer Vertrauenswürdigkeitsprüfung unterziehen. Außerdem müssen sich alle BVT-Mitarbeiter für die neue Direktion neu bewerben. Nicht direkt im Gesetz geregelt, aber geplant ist eine Aufstockung des Personals. Sicherheits-Generaldirektor Franz Ruf sprach zuletzt von 300 zusätzlichen Posten und damit einer Erhöhung von derzeit 350 auf 650 Personen. Außerdem soll das neue Amt in die Meidlinger Kaserne übersiedeln. Die Kosten es Projekts sind noch unklar: im Entwurf des Innenministeriums fehlt die übliche Folgenabschätzung. Diese soll mit der Regierungsvorlage nachgeliefert werden.
Fallkonferenzen mit Sozial-, Präventions- oder Deradikalisierungs-Einrichtungen werden gesetzlich verankert, auch die Übermittlung personenbezogener Daten.
Amtshilfe: Teil des Gesetzespakets ist auch eine Neuerung in der Strafprozessordnung: Wenn Staatsanwälte Unterlagen von Behörden brauchen, dürfen sie diese künftig nur noch im Ausnahmefall mit Hilfe der Polizei sicherstellen, sondern müssen um Amtshilfe ansuchen. Das Justizministerium sieht das als Folge der Razzia im Verfassungsschutz aus 2018. Das Oberlandesgericht Wien wertete die Hausdurchsuchung nämlich als rechtswidrig, weil die Korruptionsstaatsanwaltschaft auch per Amtshilfe an die Unterlagen gekommen wäre.
Spionage: Die Strafrohung für "Geheimen Nachrichtendienst zum Nachteil Österreichs" wird erhöht: von drei auf fünf Jahre, mit einer Mindeststrafe von sechs Monaten.