Super League

Real-Boss Perez überzeugt: Super League ist noch nicht gescheitert

Real Präsident Perez glaubt weiter an das Projekt "Super League".
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Florentino Perez denkt nicht, dass die anderen Fußball-Clubs die Super League verlassen haben. „Es ist klar im Vertrag verankert, dass du nicht gehen kannst“, betonte Perez.

Madrid - Die Super League ist nach Meinung von Real Madrids Präsidenten Florentino Perez noch nicht gescheitert. "Da liegen sie komplett falsch", sagte er in Richtung der Kritiker, die das Projekt für erledigt ansehen, in einem am frühen Donnerstagvormittag ausgestrahltem Radio-Interview von SER. Er denke nicht, dass die anderen Fußball-Clubs die Super League verlassen haben. "Es ist klar im Vertrag verankert, dass du nicht gehen kannst", betonte Perez.

Juve-Boss Andrea Agnelli hatte dagegen am Mittwoch auf die Frage, ob man das Projekt jetzt noch fortsetzen könne, geantwortet: "Um ehrlich und aufrichtig zu sein, nein, das ist offensichtlich nicht der Fall." Perez ist laut Mitteilung Vorstand der Super League, Agnelli einer seiner beiden Stellvertreter. Massive Kritik vor allem an Perez kam am Donnerstag wieder von UEFA-Präsident Aleksander Ceferin.

"Perez ist der Präsident einer Superliga, die es nicht gab, und derzeit ist er der Präsident von nichts", sagte der 53-Jährige dem slowenischen Fernsehsender Pop TV. "Er hätte gerne einen UEFA-Präsidenten, der ihm gehorcht, der ihm zuhört, der tut, was er will", meinte Ceferin. Die Superliga habe es nie gegeben. "Es war der Versuch, eine Phantom-Liga der Reichen zu gründen, die keinem System folgen würde, die den Pyramidenaufbau des Fußballs in Europa nicht berücksichtigen würde, nicht seine Kultur, Tradition oder Geschichte."

Die sechs beteiligten Teams aus England (Liverpool, Chelsea, Arsenal, Tottenham, Manchester City und United), die drei aus Italien (Juventus Turin, Inter Mailand und AC Milan) sowie Atletico Madrid hatten am Dienstagabend bzw. Mittwoch ihren Rückzug von dem Vorhaben erklärt. Keine entsprechende Ankündigung gibt es von Real und dem FC Barcelona. Letzterer kündigte jedoch bereits eine Abstimmung unter den Mitgliedern an, die mehrheitlich gegen die Super League sein dürften. Die zwölf Clubs hatten sich erst in der Nacht auf Montag als Gründungsmitglieder der Super League zu erkennen gegeben und damit einen Angriff auf die UEFA und deren Champions League gestartet, der für massive Kritik gesorgt hatte.

"Es war, als hätten wir jemanden getötet. Es war, als hätten wir den Fußball getötet. Aber wir versuchen, einen Weg zu erarbeiten, um den Fußball zu retten", beteuerte Perez. "Ich bin seit 20 Jahren im Fußball, und ich habe noch nie Drohungen wie diese gesehen." Man habe das Vorhaben womöglich nicht gut erklärt, "aber die haben uns auch keine Gelegenheit dazu gegeben, es zu erklären". Er sei traurig und enttäuscht, weil man an dem Projekt drei Jahre gearbeitet habe.

"Champions League erst ab Viertelfinale interessant"

Perez machte zudem erneut seine Unzufriedenheit mit der Champions League deutlich. "Das Champions-League-Format ist alt und erst ab dem Viertelfinale interessant", sagte der 74-Jährige. Auf die Frage, warum er die Mitglieder Reals nicht um ihre Meinung gebeten habe, antwortete er: "Muss ich sie auch fragen, welche Spieler wir unter Vertrag nehmen?"

Sitzt Perez bei Real sicher im Sattel, wächst der Druck auf einen anderen Mitinitiator des Projekts. Italienische Medien spekulieren über die Zukunft von Juventus-Boss Andrea Agnelli. Durch den Vorstoß mit der Super League hatte der 45-Jährige sein Amt als wichtiger UEFA-Sportfunktionär aufgegeben. Ein Rücktritt bei Juve schien zwar unwahrscheinlich. Dennoch brachten mehrere Medien den Cousin Agnellis, Alessandro Nasi, als möglichen Nachfolger ins Spiel. Agnelli gehört zu einer berühmten Unternehmerfamilie in Italien. Sie hatte die Automarke Fiat mitgegründet.

Während die Super League Geschichte ist, fühlten sich die Fan-Organisationen als Sieger und wollen nun nach dem Scheitern der Super League einen massiven Richtungswechsel erreichen. "Wir rufen alle Fußballfans auf: Die Zeit für einen noch konsequenteren und lauteren Widerstand ist gekommen. Die Ereignisse der letzten Tage haben gezeigt, was möglich ist", hieß es etwa in einer gemeinsamen Stellungnahme von neun Bündnissen und Initiativen am Donnerstag, in der auch "eine Zurücknahme der beschlossenen Champions-League-Reform hin zu einer gleichmäßigeren Verteilung gemeinsamer Einnahmen" gefordert wurde. (APA/dpa)

Pressestimmen zum Scheitern der Super League

ENGLAND:

"The Guardian": "Die Saat des Untergangs kam früh, als sich die Feinde der Abspaltung häuften und die Geheimhaltung des Projekt untergrub. Als die letzten Vereine aus dem schwelenden Wrack der Europäischen Super League krochen, dem 4,5-Milliarden-Pfund-Wettbewerb, der versprach, den Fußball auf den Kopf zu stellen, nur um innerhalb von 50 Stunden einzustürzen und zu verbrennen, ging es mit den Schuldzuweisungen los. Insider berichteten von einer katastrophalen PR-Strategie, von kleinen Erdbeben innerhalb der Clubs, und von den zwölf Clubs, die unfähig waren, ihre Botschaft im Sturm der Entrüstung - von Fans, Regierungen und Fußballverbänden - zu vermitteln. 'Es war, als würde man in einen Hurrikan schreien', sagte eine wichtige Super-League-Quelle."

"The Sun": "Während die Big Six (Liverpool, Chelsea, Arsenal, Tottenham, Manchester City und United, Anm.) den demütigenden Rückzug aus dem Super-League-Debakel anführten, sind sie noch immer davon überzeugt, dass eine Reform der Premier League unabdingbar ist. Ganz oben auf der Liste der Pläne, die aktiv diskutiert werden, steht ein Angebot an die beiden Giganten von Glasgow (Celtic und Rangers, Anm.), südlich des Hadrianswall zu spielen."

SPANIEN:

"ABC": "Während der letzten 72 Stunden wurde in der Welt des Fußball kein einziges Spiel gespielt, an das man sich in einem Jahrhundert noch erinnern wird, aber es gibt Spiele, die nicht auf einem Platz und vor vollen Tribünen gespielt werden müssen, damit das passiert in der Lieblingssportart des Planeten. Die Super League ist das beste Beispiel dafür."

"El Pais": "Leben und Tod der Super League. Der große Bewerb, der den Fußball revolutionieren sollte, übersteht nur drei Tage, bis er unter dem sozialen Druck und durch den Kulturschock, der in diesem Modell steckt, kollabiert."

DEUTSCHLAND:

"taz": "Gegenwind aus allen Richtungen. Das Modell der Super League ist gescheitert, weil die Widerstände im konsensualen Europa zu groß sind."

"Die Welt": "Gehöriger Imageschaden für die Möchtegern-Rebellen. Mit einer elitären Super League wollten zwölf Klubs den Fußball aufmischen. Doch binnen 50 Stunden ist das Projekt gescheitert."

"Süddeutsche Zeitung": "Es darf gelacht werden. Ene, mene, muh - und raus bist du! Der alte Kinderauszählreim liefert den perfekten Sinnspruch für die Super League der weltgrößten Fußballklubs. Angsteinflößend war sie nur vorübergehend: Geboren am 18. und beerdigt am 20. April 2021. Wann haben sich Sportfunktionäre jemals ein flotteres K.o.-System ausgedacht?"

"Frankfurter Allgemeine Zeitung": "Das dilettantische Dutzend. Die Fans laufen erfolgreich Sturm gegen die Super League. Der Schuss geht aber auch nach hinten los, weil die Möchtegern-Revolutionäre sich als Amateure erweisen."

"Frankfurter Rundschau": "Die zwölf Klubs, die mit der Gründung der European Super League eine vom Großkapital gepushte Privatveranstaltung mit erheblichen Zugangsbeschränkungen errichten wollten, haben sich selbst ein Armutszeugnis ausgestellt. Dass Real Madrids Präsident Florentino Perez als treibende Kraft des Super-Flops angab, anders als mit der Gründung einer Superliga sei in Zeiten der Pandemie kein finanziell tragfähiges Zukunftprojekt vorstellbar, zeigt, wie unverantwortlich die vermeintlich Superreichen sich finanziell aufgestellt haben. Und wie verengt ihr Blick auf immer mehr Einnahmen ist, statt die Ausgabeseite konsequenter anzugehen und Transfersummen, Spielergehälter sowie Beraterhonorare abzuschmelzen."

"Berliner Morgenpost": "Krachendes Eigentor. Europas Spitzenfußball hat sich mit dem Scheitern der Super League selbst entlarvt. Die Probleme aber bleiben."

ITALIEN:

"La Repubblica": "Am Ende war keiner mehr übrig. Weil sie alle Verräter waren. UEFA-Präsident (Aleksander) Ceferin musste entdeckten, dass er 'eine Schlange' in seinem Haus hatte, Andrea Agnelli, der den Patenonkel seiner eigenen Tochter (...) verraten hatte. Im Gegenzug wurde er von denselben Leuten verlassen, mit denen er glaubte, eine 'Blutsfreundschaft' geschlossen zu haben, aber es war dann doch nur rote Tinte und bloß nett. Schon ganz früh hat Manchester City dabei United verraten; dann verrieten die Engländer alle zusammen die Italiener und die Spanier (...)."

SCHWEIZ:

"Neue Zürcher Zeitung": "Das geplatzte Kalkül der Rebellen. Corona hat die Schwachstellen der englischen Top-Fußballklubs offengelegt - für sie wurde die wirtschaftliche Sicherheit wichtiger als sportlicher Wettkampf."

AUSTRALIEN:

"Sydney Morning Herald": "Sogar während sie unter dem Gewicht ihrer eigenen atemberaubenden Arroganz zusammenbricht, ist das Deprimierendste an der europäischen Super League, dass sie funktioniert hätte. So laufen diese Spielchen im Allgemeinen ab. Intuitiv betrachtet war alles an ihr falsch. Sie hätte die Reichen weiter privilegiert und die Armen weiter gefährdet. Es wurde auf den Gefühlen der Fans herumgetrampelt. Und es wurde jeder Idee einer Meritokratie ans Bein gepinkelt. (...) Hier ging es natürlich nicht um den Besten. Es ging um den Größten, den Reichsten, den Arrogantesten. Es ging nicht darum, was Sinn macht, sondern um Dollars. Und Dollars haben kein Gewissen, keine Loyalität und kein Herz. (...) Die größte Bedrohung für die zwölf waren sie selbst, indem sie sich gegenseitig darin überboten haben, ruinöse Löhne und Transfergebühren zu zahlen. Nein, da war es besser, ein Kartell zu bilden."