Tirol

Familiäre Missstände durch Corona: Mehr Fälle für die Tiroler Kinder- und Jugendhilfe

(Symbolbild)
© Jörg Carstensen

Deutlich mehr Kinder und Jugendliche wurden im Vorjahr Opfer familiärer Missstände. Auch eine Folge der Pandemie.

Von Thomas Hörmann

Innsbruck – Die Innsbrucker Kinder- und Jugendhilfe schlägt Alarm: Die Anzahl der Gefährdungsmeldungen ist 2020 während und wohl auch durch die Covid-Pandemie um 37 Prozent gestiegen. In den meisten Fällen waren es Polizisten, Nachbarn, Lehrer, Ärzte und Mitarbeiter von Sozialeinrichtungen, die die Kinder- und Jugendhilfe auf vermeintliche Missstände in Familien aufmerksam machten. Auf diese Weise gingen 1203 Gefährdungsmeldungen bei der Kinder- und Jugendhilfe in der Ing.-Etzel-Straße ein. Jede einzelne Information wurde in der Folge vom psychologischen Dienst und den Mitarbeitern des Amtes überprüft. „In 100 Fällen lag eine Gefährdung von Kindern oder Jugendlichen durch Misshandlung, Gewalt oder Quälen vor, in 51 Fällen durch Vernachlässigung. In beiden Kategorien wurde gegenüber 2019 ein Anstieg registriert“, beschreibt Raphael Hölbling, seit Jänner neuer Leiter der Kinder- und Jugendhilfe. Das Ergebnis: „In 351 Fällen stellten wir Gefährdungen auf andere Weise fest, in 318 Fällen lag keine erhebliche Gefährdung vor, es besteht aber Unterstützungsbedarf.“ 378 Gefährdungsmeldungen erwiesen sich als substanzlos.

In diesem Zusammenhang auffallend: Die meisten Hinweise auf familiäre Missstände kamen von der Polizei (354, plus 70 Prozent gegenüber 2019), dann folgten schon Nachbarn und Verwandte mit 321 Meldungen (plus 45 Prozent). Die Hinweise aus Kindergärten gingen hingegen um 40 Prozent zurück. Für Gabriele Herlitschka, Magistratsdirektorin und bis Jahresende langjährige Leiterin der Kinder- und Jugendhilfe, eine Folge der Pandemie: „Viele Leute waren zuhause. Dann fällt halt auf, wenn es in der Nachbarschaft laut zugeht. Gleichzeitig waren die Kindergärten zeitweise zu, daher kamen von dort weniger Hinweise.“

Für den Anstieg der familiären Krisen macht Herlitschka auch die Covid-Situation verantwortlich: „Den Kindern und Jugendlichen fehlen soziale Kontakte und Sport. Viele Eltern verloren den Job, sind in Kurzarbeit oder im Home-Office. Das führt zu Spannungen und Stress, den auch die Eltern ohne Sport und soziale Kontakte nicht abbauen können.“ Das könne zu unangemessenem Verhalten führen.

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