Oscars 2021

"Nomadland" schreibt Oscar-Geschichte, Preis für Anthony Hopkins

Chloé Zhao bekam als zweite Frau den Regie-Oscar. Außerdem wurde "Nomadland" als bester Film ausgezeichnet.
© Todd Wawrychuk/A.M.P.A.S.

Bester Film, beste Regie, beste weibliche Hauptrolle: Das Roadmovie "Nomadland" hat drei Haupt-Oscars abgeräumt. Als erst zweite Frau gewinnt Chloé Zhao für die beste Regie. Bei den Hauptdarstellern gab es eine Überraschung. Auch der schwarze Brite Daniel Kaluuya und Südkoreanerin Yuh-Jung Youn können jubeln.

Los Angeles – Der Gewinner der 93. Oscars steht fest: "Nomadland" wurde bei der Gala, die in der Nacht von Sonntag auf Montag in Los Angeles über die Bühne ging, als bester Film ausgezeichnet sowie Chloé Zhao als beste Regisseurin. Und Frances McDormand konnte sich in der Kategorie der Hauptdarstellerinnen behaupten. Sie spielt in "Nomadland" eine Witwe, die aus wirtschaftlicher Not ihr Hab und Gut in ein Auto lädt und als Nomadin durch die USA zieht.

📽️ Video | Drei Oscars für 'Nomadland'

Bei den Hauptdarstellern wurde überraschend der 83-jährige Anthony Hopkins für seine Leistung als dementer Mann in Florian Zellers "The Father" gewürdigt. Allgemein war hier von einem Sieg des im Vorjahr mit 43 Jahren verstorbenen Chadwick Boseman ausgegangen worden, der in der Rassismusanklage "Ma Rainey's Black Bottom" brillierte.

Hopkins nahm seinen zweiten Oscar nicht persönlich entgegen. Dafür meldete er sich am Montagvormittag auf Instagram aus seiner Heimat Wales. "Mit 83 Jahren habe ich wirklich nicht damit gerechnet, diesen Preis zu bekommen. Ich bin der Academy sehr dankbar. Ich möchte Chadwick Boseman würdigen, der uns viel zu früh genommen wurde."

Wegen der Corona-Pandemie verlief die 93. Verleihung der Academy Awards in der Nacht auf Montag anders als üblich. Der Rahmen war deutlich kleiner und intimer. So diente das historische Bahnhofsgebäude der Union Station in Los Angeles als Hauptschauplatz der Oscar-Show und nicht das große Dolby Theatre. Dennoch liefen zahlreiche Stars in glitzernden Roben über den roten Teppich, der diesmal ebenfalls deutlich kleiner ausfiel. Und wegen der Reiseschwierigkeiten durch die Corona-Auflagen wurden einige Oscar-Kandidaten und Laudatoren auch von internationalen Standorten per Video zugeschaltet.

Glenn Close auf dem roten Teppich vor der Union Station.
© MARK TERRILL

Chloé Zhao schreibt Geschichte

Die aus China stammende Regisseurin Chloé Zhao ist die erste Nicht-Weiße, die in dieser Kategorie geehrt wurde. Sie ist außerdem die erst zweite Frau, die in dieser Sparte triumphieren konnte: Bisher war Kathryn Bigelow mit "Tödliches Kommando – The Hurt Locker" (2010) die einzige Oscar-prämierte Regisseurin.

Es sei "ziemlich toll eine Frau im Jahr 2021 zu sein", sagte Chloé Zhao (39) nach der Preisverleihung hinter den Kulissen. Eine Lektion für Zhao nach den Dreharbeiten mit modernen Nomaden: "Ich brauche jetzt viel weniger Sachen zum Leben." Den Erfolg des Films schreibt die Regisseurin vor allem ihrer Hauptdarstellerin und Mit-Produzentin McDormand zu. "Sie ist 'Nomadland'", sagte Zhao.

Zwei Oscars gab es für Chloé Zhao, einen für die beste Regie und einen für den besten Film.
© CHRIS PIZZELLO

"Nomadland"-Hauptdarstelerin Frances McDormand hat ihren dritten Oscar geholt. Zuvor hatte sie bereits für "Fargo" und "Three Billboards Outside Ebbing, Missouri" die begehrte Goldstatuette erhalten. Bei ihrer Dankesrede für den besten Film – McDormand fungierte auch als Produzentin – verabschiedete sich die Schauspielerin mit lautem Wolfsgeheul und widmete den Oscar "unserem Wolf". Dies galt dem kürzliche verstorbenen Toningenieur Wolf Snyder.

Schauspiel-Oscars für Daniel Kaluuya und Yuh-Jung Youn

Der Oscar für den besten Nebendarsteller ging an Daniel Kaluuya. Der 32-jährige schwarze Brite wurde für seine Leistung in "Judas and the Black Messiah" ausgezeichnet. Er spielt in dem Film über die Black Panther Party in den 1960er Jahren den Bürgerrechtler und Aktivisten Fred Hampton. Für Kaluuya, bekannt durch die britische Fernsehserie "Skins – Hautnah", ist es der erste Oscar-Gewinn. 2018 war er bereits für seine Rolle in dem Horrorfilm "Get Out" für einen Academy Award nominiert.

Daniel Kaluuya wurde für seine Rolle in "Judas and the Black Messiah" ausgezeichnet.
© CHRIS PIZZELLO

Yuh-Jung Youn hat den Oscar als beste Nebendarstellerin gewonnen. Die 73-jährige Südkoreanerin wurde für ihre Leistung in "Minari – Wo wir Wurzeln schlagen" ausgezeichnet. Darin spielt sie die Großmutter einer koreanischen Familie in den USA. Es ist ihr erster Oscar – außerdem war sie als erste Südkoreanerin überhaupt in dieser Kategorie nominiert. In Südkorea ist Yuh-Jung Youn bekannt durch ihre jahrzehntelange Karriere im Kino und Fernsehen.

Yuh-Jung Youn konnte ihr Glück kaum fassen.
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Glenn Close ging damit auch bei ihrer achten Nominierung leer aus. Trotzdem war die 74-Jährige für viele der Star des Abends. Der Grund: Eine besondere Tanzeinlage. Während der Show in der Nacht zu Montag sprang die 74-Jährige von ihrem Platz auf und ließ ihre Hüften zum Song "Da Butt" kreisen. Im Netz sorgte dies für viel Begeisterung.

Zum Auftakt der ungewöhnlichen Gala hatte Schauspielerin Regina King in einem live inszenierten Filmcredit das Bahnhofsgebäude der Union Station in Los Angeles City betreten. Diese dient, anders als traditionell, heuer nämlich anstelle des Dolby Theatres in Hollywood als Hauptaustragungsort des Events. 170 Stars samt Anhang fanden sich in dem historischen Bahnhofsgebäude ein.

Emerald Fennell nahm den Oscar für das Drehbuch zu "Promising young woman" entgegen.
© Todd Wawrychuk/AMPAS/AFP

Zu Beginn wurden dort die beiden Drehbuchkategorien vergeben. Der Preis für das beste Originaldrehbuch ging dabei an das Rachedrama "Promising Young Woman": Die Britin Emerald Fennell, die den Film auch inszeniert hat, zeigte sich überwältigt. "Sie sagten: Schreib eine Rede. Aber natürlich habe ich keine geschrieben, weil solche Dinge normalerweise nicht passieren." Die Statue sei "so schwer und so kalt", lachte die Filmemacherin. Florian Zeller und Christopher Hampton durften sich indes über einen Oscar für das beste adaptierte Drehbuch ("The Father") freuen, wobei beide nicht in Los Angeles vor Ort waren, sondern ihre Preise in Paris respektive London entgegennahmen.

📽️ Video | Auf dem Roten Teppich bei den Oscars

Gleich im Anschluss musste Österreichs kleine Oscar-Hoffnung, Jasmina Zbanics rot-weiß-rot-koproduziertes Bosnienkriegsdrama "Quo vadis, Aida?" sich in der Kategorie des Auslandsoscars geschlagen geben. Das Werk war von Bosnien-Herzegowina eingereicht worden, zog aber gegen Thomas Vinterbergs Trinkerparabel "Der Rausch" aus Dänemark in der Kategorie des besten internationalen Spielfilms den Kürzeren.

Thomas Vinterberg bekam den Academy Award für seinen Film "Der Rausch".
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Auch bei den Animationsfilmen gab es einen Favoritensieg, konnte sich doch Pixars neues Werk "Soul" gegen die Konkurrenz durchsetzen und holte sich zudem den Preis für den besten Soundtrack. Selbiges gilt für "Mein Lehrer, der Krake", der sich bei den Dokumentararbeiten auf Platz 1 etablieren konnte.

Der mit zehn Nominierungen als Spitzenreiter in den Abend gegangene Hollywoodhistorienfilm "Mank" konnte ebenfalls zwei Auszeichnungen einfahren: Kamera und Produktionsdesign gingen an David Finchers Schwarz-Weiß-Drama. (dpa, APA, TT.com)

Alle 23 Oscar-Gewinner

Bester Film: "Nomadland" von Chloé Zhao

Regie: Chloé Zhao für "Nomadland"

Hauptdarsteller: Anthony Hopkins für "The Father"

Hauptdarstellerin: Frances McDormand für "Nomadland"

Nebendarstellerin: Yuh-Jung Youn für "Minari"

Nebendarsteller: Daniel Kaluuya in "Judas and the Black Messiah"

Internationaler Film: "Der Rausch" von Thomas Vinterberg

Kamera: Erik Messerschmidt für "Mank"

Original-Drehbuch: Emerald Fennell für "Promising Young Woman"

Adaptiertes Drehbuch: Christopher Hampton und Florian Zeller für "The Father"

Schnitt: Mikkel E.G. Nielsen für "Sound of Metal"

Filmmusik: Trent Reznor, Atticus Ross und Jon Batiste für "Soul"

Filmsong: H.E.R. (Gabriella Wilson, Dernst Emile II, Tiara Thomas) für "Fight For You" (Judas and the Black Messiah)

Produktionsdesign: Donald Graham Burt und Jan Pascale für "Mank"

Ton: Nicolas Becker, Jaime Baksht, Michelle Couttolenc, Carlos Cortés und Phillip Bladh für "Sound of Metal"

Visuelle Effekte: Andrew Jackson, David Lee, Andrew Lockley und Scott Fisher für "Tenet"

Animationsfilm: "Soul" von Pete Docter und Dana Murray

Animations-Kurzfilm: "If Anything Happens I Love You" von Will McCormack und Michael Govier

Dokumentarfilm: "My Octopus Teacher" von Pippa Ehrlich, James Reed und Craig Foster

Dokumentar-Kurzfilm: "Colette" von Anthony Giacchino und Alice Doyard

Make-up/Frisur: Sergio Lopez-Rivera, Mia Neal und Jamika Wilson für "Ma Rainey‘s Black Bottom"

Kostümdesign: Ann Roth für "Ma Rainey‘s Black Bottom"

Kurzfilm: "Two Distant Strangers" von Travon Free und Martin Desmond Roe