Van der Bellen: Mauthausen das steingewordene „Niemals wieder“
Zum 76. Jahrestag der Befreiung des KZ Mauthausen wurde eine Gedenkveranstaltung des Parlaments gegen Gewalt und Rassismus abgehalten. Die Politik rief zur Bekämpfung des Antisemitismus auf.
Wien – Zum 76. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Mauthausen hat Österreich am Mittwoch der Opfer des Nationalsozialismus gedacht. Die Präsidialkonferenzen von National- und Bundesrat begingen mit einer gemeinsamen Sondersitzung den Gedenktag gegen Gewalt und Rassismus so wie schon im Vorjahr wegen der Corona-Pandemie in kleinem Rahmen. Auf dem Wiener Heldenplatz wurde eine Foto-Gedenkaktion eröffnet. Die Politik rief zur Bekämpfung des Antisemitismus auf.
Bundespräsident Alexander Van der Bellen erklärte, dass mit der Befreiung von Mauthausen durch amerikanische Truppen „eines der größten Verbrechen der Menschheitsgeschichte“ beendet worden sei. Am Anfang sei dabei das Schweigen gestanden, „das Wegschauen, als Antisemitismus und Rassismus ihre hässliche Fratze zeigten und schleichend von unserer Gesellschaft Besitz ergriffen“. Wichtig sei heute „ein klares Nein zu jeder Form von Totalitarismus, keine Toleranz gegenüber Rassismus und Antisemitismus“, sagte das Staatsoberhaupt in einer Aussendung.
Mauthausen sei „ein Synonym für das Unvorstellbare und eine Mahnung. Ein Ort gegen das Vergessen. Das steingewordene 'Niemals wieder!'", schrieb Van der Bellen.
Bei der Gedenkveranstaltung des Parlaments rief Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) die Menschen dazu auf, dem Antisemitismus im Alltag entgegenzutreten:
Im Vorfeld der Veranstaltung haben bereits SPÖ-Vorsitzende Pamela Rendi-Wagner und Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch die Notwendigkeit betont, „jeder Form von Hass, Ausgrenzung und Gewalt entschieden entgegenzutreten“. Angesichts des jüngsten Antisemitismusberichts der Israelitischen Kultusgemeinde, der einen Höchstwert antisemitischer Vorfälle ausweist, fordert die SPÖ die rasche Umsetzung des Aktionsplans gegen Rechtsextremismus ein.
Eine „breite Allianz gegen Etablierung rechter Strukturen“ verlangte die Sprecherin für Gedenkpolitik der Grünen, Eva Blimlinger. NEOS-Vorsitzende Beate Meinl-Reisinger rief zu einer aktiven Erinnerungskultur auf und appellierte an die gesamte Politik, sich aktiv an der Präventionsarbeit gegen Antisemitismus zu beteiligen. Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) unterstrich, dass sein Ressort ein Lernen über die Verbrechen des Nationalsozialismus unterstützt, das Schülerinnen und Schüler in ihrem Engagement für die demokratische Gesellschaft stärkt.
Im Mittelpunkt der Gedenkveranstaltung des Parlaments standen die Projekte „Gegen das Vergessen“ des Fotografen Luigi Toscano und das jüdische Dialogprojekt „Likrat“. Letzteres ist ein europaweites Dialogprojekt zwischen jüdischen und nicht jüdischen Jugendlichen mit dem Ziel, Antisemitismus nachhaltig zu bekämpfen. Der Titel des Projekts ist hebräisch und bedeutet aufeinander zugehen. In diesem Sinne besuchen jüdische Jugendliche seit 2015 in Wien und mittlerweile auch in mehreren anderen Bundesländern Schulklassen oder Jugendzentren.
Gegen das Vergessen
„Gegen das Vergessen“ ist eine Freiluftinstallation mit überlebensgroßen Porträtfotos von Überlebenden der NS-Verfolgung. Der Fotograf Luigi Toscano hat dafür über 400 Zeitzeugen getroffen und fotografiert. Die Ausstellung mit den Gesichtern und Geschichten dieser Menschen war bereits in mehreren Städten Europas, u.a. auch an der Wiener Ringstraße, und den USA zu sehen, darunter im UNO-Hauptquartier in New York. Anfang dieses Jahres wurde Luigi Toscano für sein Engagement als erster Fotograf zum UNESCO Artist for Peace berufen.
Eine andere Foto-Gedenkaktion wurde am Mittwoch auf dem Wiener Heldenplatz eröffnet. Dort werden bis 11. Mai 43 Fotos in Lebensgröße von Überlebenden der Konzentrationslager und deren Zitate und Auszüge aus dem Mauthausen-Schwur vom 16. Mai 1945 in mehreren Sprachen ausgestellt. In diesem wird dazu aufgerufen, eine „Welt des freien Menschen“ zu errichten. (APA)