Gewalt gegen Frauen

„Im Notfall Zwischenlösungen“: Tiroler Frauenhaus durchgehend voll belegt

Frauen sind in Beziehungen oft auch Opfer von verbaler und psychischer Gewalt.
© iStock

Im Oberland steht das erste Frauenhaus vor der Umsetzung. Die Unterkünfte für von Gewalt Betroffene reichen dennoch nicht.

Von Brigitte Warenski

Innsbruck – In Österreich wurden – wie berichtet – heuer bereits elf Frauen von Partnern oder Ex-Partnern getötet. Dass Frauen Opfer von tödlicher Gewalt werden, „ist eine Situation, die wir seit Jahren in Österreich kennen“, sagt Gabi Plattner, Leiterin des Tiroler Frauenhauses. Bereits 2018 wurden 37 Frauen von Männern ermordet, die in einer familiären Beziehung zu ihren Opfern standen.

Info

Das Frauenhaus Tirol ist rund um die Uhr unter +43 512 342112 erreichbar. Nähere Informationen finden Sie unter http://frauenhaus-tirol.at/

Der Blick auf die Mordfälle sollte laut Plattner aber nicht vergessen lassen, „dass Frauen ganz unterschiedliche Formen von Gewalt erleben wie verbale oder psychische Gewalt“. Jede fünfte Frau ab dem 15. Lebensjahr wird in Österreich mindestens einmal in ihrem Leben Opfer von Männergewalt, machte der Verein Autonome Österreichische Frauenhäuser 2020 zum Start seiner Bewusstseinskampagne „Sei nicht so wie ich – Hol dir Hilfe“ aufmerksam.

Hilfe und Schutz für von Gewalt bedrohte Frauen und Kinder gibt es u. a. im vor eineinhalb Jahren neu erbauten Tiroler Frauenhaus. „Wir haben Plätze für 16 Frauen und 14 Kinder und damit doppelt so viele als noch im alten Frauenhaus. Dennoch sind wir durchgängig voll besetzt, auch wenn die Wartelisten deutlich kürzer geworden sind“, sagt Plattner. Sie appelliert dennoch an alle Schutzbedürftigen, sich zu melden. „Wir sind in Tirol sehr gut vernetzt mit der Frauen- und Mädchenberatungsstelle Evita, Frauen helfen Frauen und dem Frauenzentrum Osttirol.“ Gemeinsam bieten sie 23 Unterkünfte für Frauen und 28 für Kinder „und im Notfall gibt es auch Zwischenlösungen wie ein Zimmer in einer Pension“. Bisher überhaupt keine Schutzeinrichtung gab es im Oberland. Das wird sich nun ändern, „was wirklich dringend ist. Es gibt dazu ein Bekenntnis der Politik, auch Subventionen wurden zugesagt. Wir stehen damit kurz vor der Umsetzung“, so Plattner.

90 speziell geschulte Polizisten

„Jeder Polizist wird bereits in der Polizeischule zum Thema Gewalt in der Privatsphäre geschult“, sagt Katja Tersch, Leiterin des Landeskriminalamtes. Weil es nicht nur um die rechtlichen Aspekte geht, finden die Schulungen gemeinsam mit dem Gewaltschutzzentrum Tirol statt. „Den Polizeischülern wird u. a. nähergebracht, wie schwierig es für Frauen ist, aus einer Gewaltspirale auszubrechen oder warum es oft so lange dauert, bis eine Frau Hilfe sucht“, so Tersch.

Zudem gibt es 90 spezial geschulte Beamte, die in allen Polizeiinspektionen des Landes arbeiten. Sie erfüllen laut Tersch grundsätzlich die Aufgaben eines jeden Polizisten, werden aber in Gefährdungssituationen hinzugezogen. „Sie sind rechtlich wie psychologisch vertiefend ausgebildet und werden laufend weitergeschult, in Themen, die die Gefährder- als auch die Opferseite betreffen.“

Als besondere Herausforderung, wenn es um das Aussprechen von Betretungsverboten geht, sieht Tersch, „innerhalb sehr kurzer Zeit die Aggression aus der Situation herauszunehmen“.

Verwandte Themen