„Der süßeste Wahnsinn“: Zwei Flugstunden im Tollhaus
Das Landestheater landet mit „Der süßeste Wahnsinn“ einen Komödien-Treffer.
Von Markus Schramek
Innsbruck – Pssst! Weil Sie gerade hier sind (danke fürs Lesen!), wird vorab etwas verraten: Das Tiroler Landestheater kann neuerdings auch Komödie. Das darf man sich für später merken. Denn für „Der süßeste Wahnsinn“ sind die Karten vergriffen. Das Stück von US-Autor Michael McKeever bestand am Donnerstag den Elchtest vor Publikum in den Kammerspielen.
Jene, die Tickets für Folgeabende ergattern konnten, dürfen sich auf ein Spektakel boulevardesken Zuschnitts freuen: Gags, Klamauk und Wortwitz im rasanten Szenenwechsel, garniert mit inbrünstig bis launig vorgetragenen Evergreens: „La vie en rose“, „As time goes by“ bis hin zum Herzensbrecher der stolzesten Frauen.
Vor knallig-bunter Kulisse (© Esther Frommann) vergehen zwei Stunden in diesem Tollhaus wie im Flug. Manches Lachtränchen ist fachmännisch/-frauisch zu entfernen, der Spaß obsiegt; große, schwere Gedanken haben definitiv Pause.
So etwas wie eine Handlung gibt es auch. Die ist weder tierisch ernst noch besonders wichtig, daher nur kurz: Zwei nicht mehr ganz junge Gesangsdiven, einander angeblich in neidvoller Feindschaft verbunden, beziehen dasselbe Luxushotel – und blöderweise dieselbe Suite – in Palm Beach, Florida. Die beiden Goldkehlchen sollen wohltätiges Geld ersingen für im noblen Haus Party machende Soldaten. Denen wird eine Pause vom Krieg gegönnt, denn wir schreiben das Jahr 1942.
Humor zu inszenieren, auf dass er die Adressaten erreiche, ist keine leichte Übung. Doch hier stimmen Besetzung und Handwerk. Zwei Drittel des inoffiziell mit dem Spaß-mach-Gütesiegel dekorierten „Feinripp Ensembles“ sind auf der Bühne im Einsatz: Bernhard Wolf als dienstbarer Alkohol-Zuträger von Diva 1 und Markus Oberrauch als Hoteldirektor am Rande des Nervenzusammenbruchs. Das dritte feingerippte Drittel, Thomas, Gassner, führt Regie.
Dazu kommen bewährte Namen aus dem Gesangsfach, allesamt sind sie in Innsbruck bestens bekannt: Jennifer Maines (als Society-Lady), Susanna von der Burg (als Claudia McFadden = Diva 1), Ruth Müller (als Athena Sinclair = Diva 2) und Verena Pötzl (als Klatschreporterin) wissen sängerisch (no na), aber auch schauspielerisch zu gefallen. Richtig köstlich wird es, wenn Miss Sinclair etwas ungelenk versucht, das Klavier zu erklimmen, um dort lasziverweise ein Liedchen zu trällern. Da braucht es schon eine kleine, freundschaftliche Steighilfe.
Die Livemusik zum gesanglichen Vortrag steuert Hansjörg Sofka am Klavier bei. Er sitzt neben der Bühne, nimmt mitunter aber auch am Schauspiel teil, als stummer Gast, der, farblich auf die Kulisse abgestimmt, vor dieser förmlich verschwindet.
Weiters rackern sich zwei Hotelpagen (Andrea De Majo, Phillip Henry Brehl) knochenbrecherisch ab, stets das falsche Gepäck im Schlepptau. Diven-Assistentin Murphy (Anne Clausen) entflammt amourös, wie überhaupt die Andeutung sexuellen Interagierens nicht fehlen darf.
Auch ein Schoßhündchen ist mit von der Partie. Es wird herumgereicht und -geworfen, doch kein Grund zur Sorge: Das Viecherl ist aus Stoff, niemand muss leiden. Außer vielleicht die Lachmuskeln.
🎭 Der süßeste Wahnsinn. Noch bis 16.6. in den Kammerspielen. Alle Vorstellungen ausverkauft. Keine Wiederaufnahme im Herbst.