Venedig

Architekturbiennale in Venedig: Wie wir Zukunft bauen könnten

„Access ist the new Capital“ ist das Thema des Österreich-Beitrags der Architekturbiennale von Venedig.
© Andrea Ferro

„How will we live together?“ ist das Generalthema der 17. Architekturbiennale von Venedig, die heute ihre Tore öffnet. 46 Länder sind diesmal mit dabei.

Von Edith Schlocker

Venedig – Dass es die Welt-Architekturschau, die eigentlich bereits im vergangenen Jahr hätte stattfinden sollen, heuer wirklich geben wird, daran hat fast bis zuletzt eigentlich niemand so wirklich geglaubt. Umso erfreulicher ist es, dass die venezianische Architekturbiennale mit dem von Hauptkurator Hashim Sarkis proklamierten höchst aktuellen Titel „How will we live together?“ heute aufsperrt. Wobei ein strenges Sicherheitskonzept den üblichen Andrang diesmal wohl zügeln wird.

Auch in dem von Stadt- und Kulturforscher Helge Mooshammer und dem Professor für Visuelle Kultur an der TU Wien, Peter Mörtenböck, kuratierten Österreich-Pavillon, wo unter dem Motto „We Like. Plattform Austria“ Fragen unseres zukünftigen Zusammenlebens verhandelt werden sollen. Und zwar nicht wie ursprünglich geplant als Tummelplatz von 50 Architekturbloggern aus aller Welt, sondern durchaus analog.

„Eco to Eco. Learning from Nature“ heißt es im dänischen Pavillon.
© AFP/Marco Bertorello

Als Schau in sieben Kapiteln mit großen, von der Decke des noblen Hoffmann-Pavillons abgehängten Tafeln als Zentrum, auf denen „Access is the new Capital“ steht. Umhängt von Extrakten der dezentral im Vorfeld der Biennale entstandenen Texte der Blogger, illustriert durch jeweils ein Foto. Wer tiefer in die jeweilige Thematik eintauchen will, kann dies über kurze Videos tun oder sich in den satte 470 Seiten umfassenden Reader vertiefen.

In anderen Kapiteln der Schau geht es etwa um gefakte Landschaften, utopische Städte oder Phänomene wie „Instagram Livings“. Und „The Future is public“ wird am Ende der Schau behauptet. Der Schlüssel dazu ist laut Mooshammer und Mörtenböck die Bereitschaft, sich aktiv mit den rasenden Veränderungen auseinanderzusetzen.

Andere der 46 Länderbeiträge setzen heuer dagegen ganz auf das Virtuelle. Etwa die Deutschen, deren Entführung in das Jahr 2038 allein mittels QR-Code wahrnehmbar ist, wofür man allerdings nicht nach Venedig reisen muss, geht das doch auch bequem von zuhause aus. Der kanadische Pavillon gleich nebenan hat zwar einen knallgrünen „Mantel“ bekommen, im Inneren ist man ohne Smartphone allerdings aufgeschmissen. Sofern man Lust hast, sich durch kanadische Bauwerke zu klicken, die als Kulissen für Action-Filme entstanden sind. In einen „Garden of Privatised Delights“ hat Großbritannien seinen Pavillon verwandelt. Konzipiert als ironisch aktuelle Fragen des Zusammenlebens reflektierender Parcours.

Teil des italienischen Pavillons im Außenraum: „The Listener“ von Giuseppe Penone.
© AFP/Marco Bertorello

Andere Beiträge näheren sich dem Thema der Biennale dagegen ganz konkret. Etwa Südkorea, in dessen Pavillon es um die Schule von morgen im Spannungsfeld zwischen Präsenz- und Distance Learning geht. Der nachhaltige Baustoff Holz spielt wiederum im japanischen als auch amerikanischen Beitrag eine zentrale Rolle.

Im zentralen Pavillon wird die Frage eines zukünftigen Lebens und Bauens im Kontext mit der Natur bzw. dem Klima verhandelt. Vielleicht auf den Baumstümpfen sitzend, die unter den monumentalen, aus einer Höhle in Kenia nach Venedig verschifften, von der Decke hängenden Obsidian-Steinen zum Diskutieren aufgestellt wurden. In einem riesigen silbernen Zelt, das wie ein Iglu daherkommt, wird wiederum der Versuch unternommen, Schnee zu konservieren, um diesen etwa für Klimaanlagen einzusetzen. Aber auch die Frage der Nutzung extraterrestrischer Ressourcen wird im Arsenale zum Thema, genauso wie die, wie vom Menschen ausgerottete Blumen riechen könnten. Weniger poetisch geht es im Ausstellungsteil „Seeking Refuge“ zu, wo es um Flüchtlingsunterkünfte geht, die mehr als Notschlafstellen sind. Fast absurd kommt im Vergleich dazu das von einem indisch-britischen Duo kreierte „Refuge for Resurgence“ daher, wo sich Überlebende des Weltuntergangs um einen Essplatz mitten in einer idyllischen Landschaft bar alles Urbanen scharen.

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Die Jury der heurigen Architekturbiennale unter Leitung von Pritzker-Preisträgerin Kazuyo Sejima hat nun die Qual der Wahl, die Gewinner des Goldenen bzw. Silbernen Löwen für den besten bzw. vielversprechendsten jungen Beitrag zu wählen. Wer das Rennen gemacht hat, wird am 30. August bekannt gegeben.

📍 Architekturbiennale. Giardini und Arsenale Venedig. 22. Mai bis 21. November; tgl. außer Mo 11–19 Uhr, ab 2. August 10–18 Uhr.

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