Südafrika

Avocado-Mafia im bitteren Kampf um das grüne Gold

Avocado-Ernte in Tzaneen/Südafrika. Die grüne Frucht ist in der westlichen Welt beliebt – und ein gutes Geschäftsmodell.
© AFP/Sartorio

In Südafrika hat die organisierte Kriminalität ein neues, lukratives Geschäftsfeld entdeckt: den Handel mit dem „grünen Gold“. Farm-Plünderungen nehmen zu.

Pretoria – Seit Avocados in Europa immer beliebter werden, ist ein Kampf um sie entbrannt. „Meine größte Angst ist, dass die Situation kippt, dass es Tote geben wird“, sagt Zander Ernst. Der südafrikanische Farmer stapft mit hochgekrempelten Ärmeln durch scheinbar endlos lange Reihen von Avocado-Bäumen mit satten, reifen Früchten.

Hier in Tzaneens Hügellandschaft gedeiht das „grüne Gold“ für den Export. „Allesbeste“ heißt das Familienunternehmen von Zander Ernst. Es betreibt eine der größten Avocado-Farmen in Südafrika und beliefert auch den Discounter Lidl. Die Lage der Farm ist fast idyllisch – wären da nicht meterhohe Elektrozäune und Stacheldraht, die die Plantage schützen. Nachts patrouillieren dort private Sicherheitsdienste, denn in Südafrika hat die organisierte Kriminalität Avocados längst entdeckt. „Das sind schon kartellartige Strukturen. Wenn wir uns nicht schützen, dann stehlen diese Banden in einer einzigen Nacht unsere gesamte Avocado-Ernte“, sagt Ernst.

Südafrika ist einer der zehn größten Avocado-Exporteure in der Welt. „Dieses Jahr rechnen wir mit einem Export von 66.000 Tonnen“, sagt Derek Donkin, Chef des Subtropischen Farmerverbandes in Südafrika. Wie hoch der Verlust der Industrie durch den Diebstahl dieses Jahr bereits ist, vermag Donkin nicht zu beziffern. Die Erfahrungen von Farmer Ernst deuten darauf hin, dass sich die Banden in den vergangenen drei Jahren offensichtlich zunehmend besser organisierten. Vor einigen Monaten wurden auf der Nachbarfarm zehn Hektar Avocado-Bäume leer geplündert. „Das entspricht 150 Tonnen“, rechnet Ernst vor. In Europa erzielt er acht bis zwölf Euro pro Kilo.

Die Diebe kommen meist am frühen Morgen, graben Tunnel unter Elektrozäune oder waten durch Flüsse an der Grenze der Plantage. Die Gefahr, von Krokodilen oder Nilpferden angefallen zu werden, schreckt sie nicht. Die wertvollen Früchte reißen sie hastig von den Bäumen, stopfen sie in Säcke, die irgendwo im Gebüsch außerhalb der Farm versteckt werden. Alles ist bis ins kleinste Detail organisiert. Eine andere Truppe holt die gestohlenen Avocados ab und bringt sie zur nächsten Hauptstraße, wo sie wiederum jemand einlädt.

Anders als etwa mit gestohlenen Macadamia-Nüssen haben Avocado-Banden den Export noch nicht entdeckt. An oft wechselnden Orten werden die Früchte in branchenübliche Kisten oder Netze verpackt und landen in örtlichen Supermärkten oder an Straßenständen. Es ist ein lukratives Geschäft.

„Allesbeste“-Manager Patrick Kjashuane ist rund um die Uhr im Einsatz, um die Verluste niedrig zu halten. Wenn der Sicherheitsdienst ihn nachts anruft und Aktivität auf der stockdunklen Plantage meldet, rast er auf den holprigen Sandwegen los. Mitunter stellt er dann auch den einen oder anderen Dieb.

„Allesbeste“ investiert bis zu 100.000 Euro pro Jahr für Sicherheitsmaßnahmen. In den vergangenen Monaten hat sich die Lage zugespitzt. Einige Plantagenbesitzer setzen Spürhunde und bewaffnete Sicherheitsleute ein. Das Sicherheitspersonal bei „Allesbeste“ ist aber nicht bewaffnet. „Ich habe Angst, dass sich das hochschaukelt, dass die Banden auch bewaffnet auf unsere Farm kommen. Ich werde meine Ernte nicht mit Waffengewalt verteidigen“, sagt Zander Ernst. Für Avocados werde niemand sterben. (dpa)

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