Perspektivenwoche: Tirol wird nicht neu erfunden, aber neu entdeckt
Anfang der 1990er-Jahre gab es Nachdenkpausen, jetzt geht es um einen Perspektivenwechsel; eine Weichenstellung, nicht nur im Tourismus.
Innsbruck – „Grenzen statt Wachstum“, nicht mehr „höher, weiter, schneller“, sondern nachhaltiger und bewusster: Tirols Landeshauptmann Günther Platter (VP) erinnerte am Beginn der „Perspektivenwoche“ über Tirol an seinen Vor-Vorgänger Wendelin Weingartner (ÖVP). War es vor mehr als 30 Jahren eine schwere Schlappe bei der Landtagswahl 1989, die damals die ÖVP zu einem Nachdenkprozess im Land gezwungen hatte, so beschleunigt jetzt die Corona-Pandemie den Perspektiven-Wechsel. Noch werden Schlagwörter skizziert wie „gesündeste Region des Alpenraums“, „Ausbau Tirols zum „Life-Science“-Standort, neue „Erfolgskriterien“ im Tourismus oder mehr „Wertschöpfung für regionale Wirtschaftskreisläufe“, die aber Schritt für Schritt mit Inhalten und konkreten Projekten gefüllt werden sollen.
Das verspricht jedenfalls Platter und gab am Montag den nächsten Generationen ein Versprechen: „Für eine verantwortungsvolle, nachhaltige, ressourcenschonende, innovations- und technologieorientierte und damit in Summe gesunde Entwicklung unsere Landes.“ Und: „Neben wirtschaftlichen Kennzahlen, wie etwa der Bettenauslastung, müssen auch Tourismusbewusstsein und Mitarbeiterzufriedenheit im Tourismusbereich betrachtet werden. Was die politische Umsetzung betrifft, blieb Platter noch vage. „Aber es wird bereits in dieser Woche konkrete Projekte geben“, verspricht er.
Helmut Krieghofer hat seinerzeit als ÖVP-Geschäftsführer mit Weingartner die Nachdenkpausen umgesetzt. Im Kern ging es damals wie heute um den Tourismus. „Die zentrale Frage war, ob wir auf dem richtigen Weg sind. Es gab viele Projekte, deshalb mussten wir reagieren“, betont Krieghofer. Zugleich sei es wichtig gewesen, über die Parteigrenzen hinaus zu diskutieren, Seilbahngrundsätze und Golfplatzkonzept hätten sich daraus ergeben. „Und für einige Vorhaben gab es schlussendlich kein grünes Licht.“ Selbstverständlich benötige es politischen Mut für die Umsetzung.
Krieghofer sieht Tirol mit der „Bündelung der Kräfte“ von Tirol Werbung, Standort-agentur und Agrarmarketing zur „Lebensraumholding“ aber auf einem guten Weg. Das merkt auch deren Geschäftsführer Josef Margreiter an. Er verweist auf einen breiten Diskurs von der Regionalität bis zum Klimaschutz und auf die Bewusstseinsbildung.
Für Umweltreferentin und Landeshauptmannstellvertreterin Ingrid Felipe (Grüne) ist es fast ein Heimspiel. Alles „grüne Themen“, muss sie sich wohl insgeheim denken, zuletzt hatte sie gerade die Tiroler Klimastrategie präsentiert. Wie heißt es doch im schwarz-grünen Regierungsprogramm 2018 bis 2023 „Entschlossen regieren. Tirols Zukunft sichern“: „Alle Maßnahmen, die die Tiroler Landesregierung zukünftig trifft, sollen daher diesen Grundprinzipien folgen und eine ständige Abwägung zwischen dem Erhalt unseres Lebensraumes und der Verträglichkeit mit unseren Zielen Wirtschaftswachstum, Beschäftigung und wettbewerbsfähiger Wirtschaftsstandort vorgenommen werden.“
Felipe lässt keine Zweifel daran, dass eine nachhaltige und ökologisch orientierte Zukunftsentwicklung ein dringlicher Wunsch der Bevölkerung sei. „Und in Zeiten der überall sicht- und spürbaren Folgen des Klimawandels auch dringend geboten ist.“ Die Herausforderungen würden sich nicht nur auf den Tourismus beschränken, sondern darüber hinaus auf den Ausstieg aus den fossilen Energien bis hin zur klimaschonenden Mobilität im eigenen Land. (pn)