Ibiza-U-Ausschuss: Nachhilfe über das Innenleben der Justiz
WKStA-Chefin Vrabl-Sanda verteidigt ihre Behörde gegen „Diskreditierung von innen und außen“. Suspendierung von Sektionschef Pilnacek bestätigt.
Von Wolfgang Sablatnig
Wien – ÖVP-Ibiza-Wortführer Andreas Hanger legte die Befragung von Ilse Vrabl-Sanda im Ibiza-Untersuchungsausschuss offensiv an. Schon bevor die Leiterin der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) im Ausschuss zu Wort kam, gab er bekannt, dass die Türkisen eine Anzeige gegen WKStA-Mitarbeiter Matthias Purkart prüfen. Der Vorwurf: Purkart agiere parteilich, indem er manche Smartphone-Chats in den Verfahren des Ibiza-Komplexes zu den Akten nehme und andere nicht.
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Vrabl-Sanda antwortete mit einer Nachhilfestunde in Sachen Staatsanwaltschaft. Offenbar gebe es hier zu wenig Wissen. Anders sei die Kritik nicht zu erklären. Die Staatsanwaltschaft sei verpflichtet, Anzeigen zu prüfen, betonte sie. Sie müsse das tun, ohne Rücksicht darauf, wer betroffen ist und ob es „politische Aufregung“ geben könnte. Es sei auch keine „Watsche“ für die WKStA, wenn ein Verfahren eingestellt werde. Das gehöre dazu, müssten sie und ihre Kollegen doch in jede Richtung ermitteln.
Nun gebe es aber seit Jahren eine Negativkampagne gegen die WKStA, beklagte Vrabl-Sanda, mit „Diskreditierung von innen und außen“: „Hier wurde eine Saat gesät, die aufgegangen ist.“
Von außen drückt die Politik. Und von innen? Vrabl-Sanda berichtet, dass es nach wie vor aus ihrer Sicht unübliche Maßnahmen der Dienstaufsicht gebe – auch nachdem Sektionschef Christian Pilnacek und Oberstaatsanwalt Johann Fuchs nicht mehr in der Weisungskette aufscheinen.
Auch kämpft sie mit Personalmangel – auch dadurch, dass sich kaum gute Kollegen für diese Behörde bewerben. Als Grund dafür macht sie die von ihr genannten Umstände aus. „Warum soll man sich das antun?“
Stephanie Krisper (NEOS) wollte wissen, wann sie all diese Probleme zuletzt mit Justizministerin Alma Zadić besprochen habe. Vrabl-Sanda: Anfang Juli des Vorjahres.
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Erst nach der Befragung der Staatsanwältin wurde bekannt, dass das Bundesverwaltungsgericht die Suspendierung von Sektionschef Pilnacek bestätigt hat. Diese bleibt nun aufrecht, bis das Straf- und das Disziplinarverfahren gegen den Beamten abgeschlossen sind.
Thema im Ausschuss war schließlich ein neu bekannt gewordenes Dokument der WKStA im Zusammenhang mit Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP): Die APA zitierte daraus eine Nachricht von Thomas Schmid an Kurz aus dem April 2016. Kurz war damals Außenminister, Schmid Mitarbeiter im Finanzministerium. Schmid berichtet über eine Budgeterhöhung für das Außenamt. Zusatz: „Du schuldest mir was :-)))“
Die WKStA sieht einen möglichen Zusammenhang mit der drei Jahre später erfolgten Bestellung Schmids als Vorstand der Staatsholding ÖBAG. Die ÖVP bezeichnet dies als „grotesk“ und „an den Haaren herbeigezogen“.