Kunstpavillon

„Transgressions of the Real“: Protest in der Camera Obscura

Ausschnitt aus Mykola Ridnyis Foto- und Soundinstallation „Speck in the Eye“ (2021)
© Daniel Jarosch

Innsbruck – Eine inhaltliche Klammer zu finden, ist hier nicht besonders leicht. Zu verschieden sind Herangehensweisen und Themen der vier Kunstschaffenden, die aktuell im Kunstpavillon in „Transgressions of the Real“ ausgestellt werden. Zumindest ein gemeinsamer Nenner: Alle Werke kreisen um nationalstaatliche Strukturen, die gesellschaftliche Realitäten prägen, heute, damals.

Der Pavillon wurde dafür quasi zur Camera Obscura, in der die vor allem im Medium Video arbeitenden Kush Badhwa, Yara Haskiel, Ash Moniz und Mykola Ridnyi perfekt zur Geltung kommen. Ab Jänner arbeiteten sie als Fellows im Künstlerhaus Büchsenhausen an ihren Projekten. Auch um diese mit Innsbruck zu verknüpfen: Wie bei Ash Moniz aus Kairo, dessen Auseinandersetzung mit dem Phänomen der „Billigflaggen“ (Flaggen bestimmter Staaten, unter denen Cargoschiffe ausländischer Reedereien wegen finanzieller Vorteile fahren) auch visuell nach Tirol verlagert wurde. Fernab des Meeres ist „To Be Inconvenienced“ entstanden, eine fabelartige Videoerzählung, die die Absurdität der Ausflaggung von Schiffen und daraus resultierende soziale Ungerechtigkeiten bespricht.

Um einen völlig neuen Nationalstaat geht es bei der poetischsten Arbeit der Schau; „Rain Trees“ von Kush Badhwa (aus Sydney) entwirft die Gegenerzählung zur Entstehungsgeschichte des jüngsten indischen Bundesstaates Telangana – umgesetzt als wundervoll ästhetische Überlappung von Diaprojektion und Videoarbeit.

Mit Bildern setzt sich auch Mykola Ridnyi (aus Kiew) auseinander, jenen von Gewalt. Wie kann man sie verarbeiten, ohne Gewalt zu reproduzieren? Vielleicht abstrakt – wie „Speck in the Eye“, wo Strukturen aus Untersuchungen von Augenverletzungen großformatige Motive werden. Solche Verwundungen treten besonders oft nach dem Einsatz von Wasserwerfern auf – bei Ridnyi sind es u. a. jene von Protestierenden aus der Ukraine.

Eine Reihe gewaltsamer Geschichten verwebt auch Yara Haskiel (aus Berlin) zu ihrem Essay-Video „Precarious Twilight Zones“, ein Streifzug von der griechischen Gegenwart in die Familiengeschichte der Künstlerin, die am ausgelöschten jüdischen Friedhof in Thessaloniki endet und beginnt. Wie alle anderen Untersuchungen eine schwierige, theorielastige, aber deshalb nicht weniger reizvolle Auseinandersetzung. Eine Vertiefung zu Haskiels Werk gibt es am Mittwoch im Talk mit der Filmemacherin. (bunt)

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