FPÖ

„Bad Cop“ Kickl besteigt offiziell den FPÖ-Thron

Die Doppelspitze Norbert Hofer und Herbert Kickl ist nicht mehr. Ab heute führt Kickl offiziell alleine die Freiheitlichen.
© APA/Hochmuth

Kickl wird beim heutigen Sonderparteitag zum Parteichef gekürt. Sein Posten als bisheriger Stellvertreter Hofers wird auch neu besetzt.

Von Serdar Sahin

Wien – Ein unterschiedliches Gespann waren Norbert Hofer und Herbert Kickl schon immer. Hofer, der nach außen verbindlich wirkende, vermeintlich ruhige Freiheitliche, und Kickl, jener mit den markigen, deftigen Sprüchen – der Scharfmacher. Rückblende: Das Ibiza-Video hat vor rund zwei Jahren die FPÖ gehörig durcheinandergewirbelt. Das einstige Zugpferd der Freiheitlichen und der Hauptdarsteller im skandalösen Video, Heinz-Christian Strache, trat als Parteichef und Vizekanzler zurück, auch Kickl sollte als Innenminister abdanken, die türkis-blaue Regierung zerbrach.

Die Scherben mussten andere aufsammeln. Hofer wurde Parteichef, Kickl Klubobmann. Was zunächst als „Good Cop, Bad Cop“-Schauspiel – also guter Bulle, böser Bulle – abgetan wurde, sollte doch tiefere Gräben zwischen den beiden werfen, wie die Vorfälle später offenbarten. Übertüncht wurden die ungleichen Charakteren durch Lobeshymnen aus den eigenen Reihen, die Doppelspitze sei spitze, hieß es.

Die Corona-Krise sollte aber die Bruchlinien aufzeigen. Hofer sagte sehr früh, er werde sich gegen das Coronavirus impfen lassen. Konträr dazu Kickl, der zwar zuerst befand, er werde sich „garantiert nicht“ impfen lassen, aber mittlerweile sogar ein Jaukerl nicht ausschließt.

Die Maskendebatte im Hohen Haus im April hat die endgültige Demontage Hofers eingeleitet. Hofer, auch Dritter Nationalratspräsident, hatte die freiheitlichen Abgeordneten dazu aufgerufen, die Hausordnung des Parlaments, die eine FFP2-Maske vorschreibt, einzuhalten. Kickl wiederum verweigerte es, eine Maske zu tragen. Ein Ordnungsruf Hofers via Twitter prallte an den Mandataren ab, sie standen hinter Kickl.

Die Aufregung legte sich, die Ruhe währte aber nicht lange. Der türkis-grüne Zank führte dazu, dass manch einer Neuwahl-Pläne schmiedete. Darunter Kickl – und er sah sich dabei als Spitzenkandidat der Blauen in eine etwaige vorgezogene Nationalratswahl ziehen. Zur Überraschung Hofers, der den Posten eigentlich für sich beanspruchte. Kickl aber ließ nicht locker, doch Hofer befand sich zu der Zeit auf Reha – ordentlich verteidigen konnte er sich also nicht.

Nach dreiwöchigem Reha-Aufenthalt kehrte er zurück in sein Büro und kündigte plötzlich seinen Rücktritt als Parteichef an. Daraus, dass seine Entscheidung mit der Auseinandersetzung mit Kickl zu tun hatte, machte Hofer keinen Hehl. Chaos und Hektik innerhalb der Partei folgten. Hofer hatte die FPÖ am falschen Fuß erwischt. So überraschend der Rücktritt kam, so schnell ging es dann vonstatten. Ein Parteipräsidium wurde einberufen, Kickl wurde zum Nachfolger Hofers nominiert. Die Entscheidung unter den anwesenden Mitgliedern fiel einstimmig – allerdings ohne die Stimmen von Oberösterreichs Landesparteichef Manfred Haimbuchner und dessen Vorarlberger Amtskollegen Christof Bitschi, die die Sitzung vorzeitig verließen – aus „terminlichen Gründen“, wie es hieß. Offiziell zum Obmann gekürt wird Kickl heute beim außerordentlichen Bundesparteitag in Wiener Neustadt. Gegenkandidaten gibt es nicht.

Da Kickl bisher einer der sechs Stellvertreter Hofers war, wird der Posten nachbesetzt werden müssen, wenn er zum Parteichef aufsteigt. Niederösterreichs Landesobmann Udo Landbauer soll in Kickls Stellvertreter-Riege einziehen. Der scheidende Obmann Hofer soll hingegen keine Rede halten, wie es aus der FPÖ heißt.

Übrigens: Hofer ist damals mit 98,25 Prozent der Delegiertenstimmen zum neuen FPÖ-Chef gewählt worden.

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