20 Jahre Haft für beinahe tödlichen sexuellen Missbrauch in Wien
Drei Männer hatten vor einem Jahr eine 29 Jahre alte Kindergartenpädagogin missbraucht und dabei so schwer verletzt, dass sie beinahe verblutet wäre. Am Donnerstag standen die Täter vor Gericht.
Wien – Mit drastischen Strafen ist am Donnerstag am Wiener Landesgericht der Prozess gegen drei Männer zu Ende gegangen, die am 12. Juli 2020 eine 29 Jahre alte Kindergartenpädagogin missbraucht und dabei so schwer verletzt hatten, dass sie beinahe verblutet wäre. Eine Notoperation rettete der Frau das Leben. Der Hauptangeklagte – ein 34 Jahre alter Beschäftigungsloser – fasste wegen versuchten Mordes und sexuellen Missbrauchs einer wehrlosen Person 20 Jahre Haft aus.
Die Mitangeklagten – ein 39 Jahre alter Maler und ein 24 Jahre alter Fußball-Profi – erhielten 14 bzw. sieben Jahre Haft, wobei der Ältere im Sinn der Anklage auch wegen Mordversuchs in Form unterlassener Hilfeleistung schuldig erkannt wurde. Der Fußball-Profi, der zuletzt für einen drittklassigen Verein gekickt hatte, wurde demgegenüber ausschließlich wegen Missbrauchs verurteilt.
Sämtliche Wahrsprüche der Geschworene fielen einstimmig aus. Die Urteile sind allesamt nicht rechtskräftig.
Frau war wehrlos ausgeliefert, schwere psychische Folgen
Die betroffene Frau war nach der Einnahme von Alkohol, Amphetaminen und Kokain im Tatzeitpunkt schwer beeinträchtigt. Wie Gerichtspsychiater Peter Hofmann am zweiten Verhandlungstag darlegte, hatten die konsumierten Substanzen eine tief greifende Bewusstseinsstörung bewirkt. Sie war den Männern, die sie am frühen Morgen in einem Lokal getroffen und dann in eine Wohnung in Meidling begleitet hatte, wehrlos ausgeliefert. Dort wurde sie über einen Zeitraum von mehreren Stunden von diesen abwechselnd missbraucht, wobei laut Anklage der Hauptangeklagte Tathandlungen setzte, mit denen er den Tod der Frau billigend in Kauf nahm. Dem Opfer wurden schwere Verletzungen im Vaginalbereich zugefügt, die einen massiven Blutverlust bewirkten, was die Mitangeklagten aus Sicht der Anklagebehörde zur unverzüglichen Hilfeleistung verpflichtet hätte.
Die Betroffene leidet seither an einer posttraumatischen Belastungsstörung, die der psychiatrische Sachverständige einer schweren Körperverletzung gleichsetzte. „Ich gehe davon aus, dass das ein Dauerzustand sein wird. Die Frage ist, ob das in den nächsten Jahren und Jahrzehnten anzupassen ist, dass halbwegs eine Lebensqualität möglich ist", hielt Hofmann fest.
Die Mutter der 29-Jährigen schilderte als Zeugin, ihre Tochter sei infolge des Mitgemachten aus Wien weggezogen, „weil sie es hier nicht mehr aushält". Ihr Kind benötige psychiatrische und psychotherapeutische Behandlung sowie Medikamente. In den ersten Wochen habe sie Angst gehabt, sie alleine zu lassen, weil sie befürchtete, „dass sie sich was antut. Es ging ihr wirklich ganz schlecht". Besonders erschüttert habe ihre Tochter, dass sie von den Angeklagten in die Dusche gebracht wurde, um sich das Blut abzuwaschen, „und dann ist man noch ein Mal über sie hergefallen". Bis zu diesem Tag sei ihre Tochter „eine ganz normale junge Frau, die mit beiden Beinen im Leben gestanden ist" gewesen. Nunmehr sei unklar, ob sich ihr Wunsch nach einer Familie je erfüllen lasse.
In diesem Zusammenhang erläuterte die gynäkologische Sachverständige Sigrid Schmidl-Amann, die 29-Jährige habe im Verletzungsbereich eine Narbe davongetragen, die in ihrer Größe bzw. Breite äußerst ungewöhnlich sei. Die sexuelle Erlebnisfähigkeit der Frau ist dem Gutachten zufolge beeinträchtigt. Schmidl-Amann bekräftigte, dass die Verletzung im Vaginalbereich mit Lebensgefahr verbunden war. Noch im Operationssaal habe die Frau 750 Milliliter Blut verloren: „Das entspricht dem Inhalt von drei größeren Joghurtbechern."
Opfer musste nicht als Zeugin anwesend sein
Die 29-Jährige musste sich dem Verfahren nicht unmittelbar als Zeugin stellen. Sie war im Ermittlungsverfahren kontradiktorisch vernommen worden, die Videoaufzeichnung mit ihrer rund eineinhalbstündigen Befragung wurde im Großen Schwurgerichtssaal abgespielt.
Die Angeklagten hatten sich beim Prozessauftakt am 16. Juni zum Missbrauch schuldig bekannt. Den Mordversuch stellten sie in Abrede und belasteten sich diesbezüglich wechselseitig. Der 34-Jährige räumte ein, eine schwere Körperverletzung begangen zu haben. Seine DNA war an Gegenständen gefunden worden, die bei der Tatbegehung eine Rolle gespielt hatten. (APA)