Filmfestival Diametrale: Skurriles aus dem hohen Norden
Das Filmfestival Diametrale eröffnet heute die fünfte Ausgabe. Bis Sonntag steht Experimentelles und Komisches auf dem Programm.
Innsbruck – Seit 37 Jahren durfte „Vaapa duunari Ville-Kalle“ (zu Deutsch: „Ville-Kalle, der freie Lohnsklave“) nicht mehr gezeigt werden. Warum? Regisseur Visa Mäkinen wehrte sich partout gegen eine Vorführung seines Films über Ville-Kalle, der aus dem Kuhkaff in die Metropole flieht und dort nicht nur sein Herz verliert, sondern auch die Herzensdame gewinnt. Dreimal hatte Mäkinen, der zumindest in Finnland als volkstümlicher Surrealist gefeiert wird, den Film zeigen lassen, bevor er den Glauben an seinen abgedrehten Stoff verlor. Jedenfalls so lange, bis die Diametrale bei ihm (telefonisch) vorstellig wurde. Und den Finnen überzeugte: Am kommenden Samstag (11 Uhr) wird Mäkinens „Ville-Kalle“ im Leokino gezeigt.
Übrigens nicht das einzig Skurrile aus dem hohen Norden, das es in dieses 5. Jahr ins Programm des „nutzlos und schönen“ Innsbrucker Experimentalfilm-Festivals geschafft hat – eröffnet wird bereits heute (20 Uhr) mit Mika Rättös „Samurai Rauni“. Auch darin dürfte es nicht weniger abstrus zugehen, schließlich wird ein ungehobelter finnischer Haudrauf mit Samurai-Skills zum Ziel eines Auftragsmords.
Gewohnt experimentell und komisch darf es bei dieser Diametrale sein, obwohl man sich in fünf Ausgaben konsequent jeder näheren Eingliederung widersetzt und lieber überrascht. Heuer etwa einmal mehr mit dem sexpositiven Kurzfilmschwerpunkt (Freitag, ab 22.15 Uhr), dem die Österreich-Premiere von „Viva“ der feministischen Filmemacherin Anna Biller vorangeht. Oder mit der Tirol-Premiere eines Films von Susan-Sarandon-Spross Jack Henry Robbins, der in „VHYes“ den Stil von Heimvideos aus den 80ern nur imitiert und sich schlussendlich als Cross-Media-Projekt herausstellt. Die berühmten Eltern schauen auch kurz vorbei. Apropos große Namen: Am Sonntag (16 Uhr) steht Christoph Schlingensiefs Tagebuchfilm „The African Twin Towers“ auf dem Programm, entstanden in Namibia, ein Jahr vor dem Tod des Aktionskünstlers.
Großen Wert legt das Diametrale-Organisationsteam um Marco Trenkwalder und Judith Salner auf Talks, die die doch unkonventionellen Produktionen zugänglicher machen sollen: Eine tragende Rolle übernimmt Filmkurator Olaf Möller, der u. a. am Samstag (17.30 Uhr) mit Cineast Georg Seeßlen das komische Potenzial des diesjährigen Programms unter die Lupe nimmt. Neben Theorie ist im Kinosaal sogar Platz für Live-Musik; ebenso wie für den zur Tradition gewordenen Kurzfilmwettbewerb.
Neu ist, dass ein ausgewählter Teil der insgesamt 42 Filme im Programm auch im Heimkino als Stream zur Verfügung steht. (bunt)