Hochwasser

Hochwasser-Schäden in Hallein noch unklar, Köstinger kritisiert NGOs

Starkregen hat in der Nacht auf Sonntag Überschwemmungen in der Altstadt von Hallein ausgelöst.
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Die Schäden durch die Sturzflut in der Halleiner Innenstadt werden in die Millionenhöhe gehen. Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger ist sich sicher, dass die Katastrophe verhindert hätte werden können. Die Schuld sieht sie bei NGOs, die einen Hochwasserschutz durch Einsprüche verzögert hätten.

Hallein – In der Stadt Hallein laufen die Aufräumarbeiten nach der Sturzflut am Samstagabend weiter auf Hochtouren. Auch am Montag war das ganze Ausmaß des Schadens noch nicht abschätzbar. Am Vormittag konnten noch immer 50 Personen nicht in ihre Häuser und Wohnungen, wobei 30 davon nur vorsorglich evakuiert worden waren, weil im Ortsteil Gamp die Gefahr von Muren noch nicht gebannt ist. Unterdessen ist eine Diskussion darüber ausgebrochen, ob Schäden hätten verhindert werden können.

Im Stadtgebiet von Hallein wurde Zivilschutzalarm ausgelˆöst, weil der Kothbach über die Ufer getreten ist.
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Wie Bürgermeister Alexander Stangassinger (SPÖ) am Montag zur APA sagte, dürften die durch den ausufernden Kothbach angerichteten Schäden in die Millionen gehen. "Es liegt aber noch keine vollständige Aufstellung vor. Es wird Wochen bis Monate dauern, um das tatsächlich in Euro beziffern zu können". Alleine aufseiten der Stadt seien etwa das Keltenmuseum, die Salzberghalle und das Keltenmuseum betroffen. Teile der Sommerrodelbahn und der Lifttrasse am Zinkenkogel wurden durch Muren weggerissen, Straßen und Plätze in der Stadt verlegt und teilweise Asphalt und Pflaster zerstört. Auch drei gemeindeeigene Autos sind kaputt.

"Aus dem privaten Bereich werden noch laufend Schäden gemeldet", sagte Stangassinger. Er habe noch am Sonntag Kontakt mit dem für die Schadensabwicklung zuständigen Verantwortlichen des Landeskatastrophenschutzes aufgenommen. "Wir werden die Bewohner auf Wunsch dabei unterstützen, die Anträge auf Hilfe beim Land zu stellen."

Lebensretter von Hallein: Einsatz mit viel Adrenalin

„So eine Entscheidung muss man natürlich schnell treffen und ich bin einfach losgerannt.“ Alexander Eisenmann hat am Samstag bei der Sturzflut in seiner Heimatstadt Hallein zwei Menschen geholfen, sich aus dem reißenden Wasser zu retten. Er sei gerade damit beschäftigt gewesen, seine Haustür gegen eindringendes Wasser zu sichern, als sein Sohn gerufen habe. „Papa, da treibt jemand ab“, erzählte Eisenmann dem Sender Kronehit. Es handelte sich dabei um seine Nachbarn. Der Retter zögerte nicht und das „sehr wohl in dem Wissen, dass wahrscheinlich gegen die Kraft des Wassers kein Kraut gewachsen ist“.

Auf dem im Internet vielfach angeklickten Video ist zu sehen, wie die drei Menschen zum Glück in einen Hof getrieben wurden. „Hätte es uns weiter Richtung Kothbach getrieben, hätten wir wenig machen können dagegen“, ist sich Eisenmann sicher. Bei der von viel Adrenalin unterstützten Rettungstat habe er sich Schürfwunden am Unterschenkel zugezogen, so Eisenmann in dem Sender. Zur Freude der Familie, deren Haus schwer beschädigt wurde, tauchte am Sonntag ihre Katze unversehrt auf.

Köstinger: "Hallein hätte verhindert werden können"

Im Laufe des Montags wird ein Geologe aus der Luft beurteilen, wann jene 30 Bewohner in ihre Häuser zurück können, die aus Sicherheitsgründen im Ortsteil Gamp evakuiert worden sind. "Die Gebäude sind nicht beschädigt, jetzt muss aber geklärt werden, ob die Gefahren von Muren gebannt sind."

📽 Video | ÖVP sieht Mitschuld von Umweltaktivisten

Um 13.00 Uhr soll der Krisenstab zum nächsten Mal tagen. In der Altstadt seien Häuser und Wohnungen von einer Handvoll Bewohnern unbewohnbar – entweder weil Wasser, Schlamm und Geröll massive Schäden angerichtet haben, oder weil geprüft werden muss, ob die Statik noch in Ordnung ist.

Mittlerweile laufen die Aufräumarbeiten auf Hochtouren.
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Schon einmal, im Jahre 1976, hat der Kothbach große Teile der Innenstadt verwüstet. 2014 hat die Lawinen- und Wildbachverbauung ein Schutzkonzept eingereicht, 2016 war die Finanzierung durch Bund und Land gesichert. Mit dem Bau des sechs Millionen Euro teuren Projekts wurde allerdings nach einem Einspruch des Naturschutzbundes verzögert erst im Vorjahr begonnen. Die Naturschützer sahen das Landschaftsbild in Gefahr, die Einsprüche wurden später vom Verwaltungsgerichtshof abgewiesen.

Köstinger: "Hallein wäre zu verhindern gewesen"

Nach Ansicht von der auch für Hochwasserschutz zuständigen Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) hätten die Unwetter-Schäden in Hallein verhindert werden können. "In Österreich funktioniert der Hochwasserschutz grundlegend gut", sagte Köstinger am Montag in Brüssel vor dem Treffen mit ihrem EU-Amtskollegen. Aber Hallein hätte gezeigt, dass die Beeinspruchung eines Schutzprojektes durch den Naturschutzbund, langfristig auch zu Katastrophen führen könne.

"Hallein wäre zu verhindern gewesen, wenn dieses bewilligte und ausfinanzierte Projekt gebaut worden wäre", betonte Köstinger. Es sei an der "Zeit für Schutzprojekte dieser Art auch andere Rahmenbedingungen an den Tag zulegen, was vor allem auch die Möglichkeit von Parteienstellung und Einsprüchen betrifft".

Schutzbauten verhinderten in Salzburg Schlimmeres

Das Hochwasser hat am Wochenende in Salzburg vor allem im Pinzgau und in der Stadt Hallein schwere Sachschäden angerichtet. Das engmaschige Netz an Schutzbauten im Bundesland dürfte allerdings Schlimmeres verhindert haben. "Gerade im Oberpinzgau, aber auch in Maria Alm und Leogang haben wir viele Zubringerbäche, deren Rückhaltebecken randvoll mit Holz und Geschiebe sind", sagte Leonhard Krimpelstätter, der Leiter der Wildbach- und Lawinenverbauung Salzburg, am Montag zur APA.

Die jüngsten Investitionen (in den vergangenen 15 Jahren wurden in Salzburg Hochwasserschutzprojekte um 750 Millionen Euro umgesetzt) hätten sich bezahlt gemacht. "Die Auffangbecken sind voll mit Holzmassen, die so nicht weitertransportiert worden sind."

Auch die Überlaufflächen entlang der oberen Salzach im Pinzgau hätten eine Vielzahl von Schäden verhindert. "Es ist vor allem in landwirtschaftlichen Bereichen zu Überflutungen gekommen. Natürlich wurde Infrastruktur wie Straßen oder Bahngleise beschädigt. Aber die Orte sind bis auf wenige Ausnahmen hochwasserfrei geblieben", sagte Krimpelstätter.

Das Schutznetz im Bundesland sei dabei aber noch nicht fertig. Die Homepage der Wildbach- und Lawinenverbauung listet alleine für Salzburg eineinhalb Dutzend Projekte mit einer Investitionssumme von über einer Million Euro auf. Dazu kommen noch die Vorhaben der Bundeswasserbauverwaltung entlang der Flüsse.

"Eine Restgefährdung wird es immer geben." Eine Herausforderung sei, dass Extremereignisse sehr punktuell und nicht vorhersagbar auftreten. "Wäre das Gewitter in Hallein drei Kilometer weiter weg niedergegangen, wären die Schäden in der Altstadt wohl nicht aufgetreten." Doch selbst beim bestem Schutz: "Es wird immer ein Ereignis geben, das größer ist", sagte Krimpelstätter.

Verzögerung durch Einsprüch von NGOs

"Klimaschutz und Hochwasserschutz sind kein Entweder-oder", meinte Köstinger. Es brauche beides. "Die Investition in Schutzmaßnahmen für Menschen und Güter hat hohe Priorität. Die Menschen an Ort und Stelle haben nicht das geringste Verständnis für Einsprüche von NGOs, die jahrelange Verzögerungen bei Schutzprojekten zur Folge haben", sagte die Ministerin der APA.

Wie groß der Schaden für die Landwirtschaft sei, könne sie noch nicht sagen. Derzeit laufe die Schadenserhebung, so die Landwirtschaftsministerin. Bei den Hagelunwettern in Oberösterreich und Niederösterreich vor ein paar Wochen lag der Schaden bei ungefähr 50 Millionen Euro und das "innerhalb kürzester Zeit".

Die Schäden dürften in die Millionenhöhe gehen.
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"Jetzt zu sagen, dass das Projekt aufgrund eines Einspruchs nicht schon fertig ist, ist Abschieben von Verantwortung", sagte Hannes Augustin, Geschäftsführer des Salzburger Naturschutzbunds, hingegen zur APA. Man habe nur einen Teil des Projekts kritisch gesehen. "Die von uns vorgeschlagen Alternative hätte eine natürliche Geländekuppe ausgenutzt. Es hätte weniger Stahl und Beton verbaut werden müssen, der Schutz wäre aber gleich wirksam und gleich teuer gewesen." Das Projekt sei aber nicht umgesetzt worden, weil ein Eigentümer den Grund nicht zur Verfügung stellen wollte. "Man hätte hier nachdrücklicher versuchen können, den Grund zu bekommen", so Augustin.

"Ich halte nichts von Schuldzuweisungen", sagte dazu Bürgermeister Stangassinger. "Tatsache ist, dass das Projekt verzögert worden ist. Hätte man es wie geplant begonnen, wären heute zwei Drittel der Maßnahmen umgesetzt gewesen. Die Innenstadt würde dann jetzt anders ausschauen." Im Einzugsbereich des Kothbachs fließen drei Bäche zusammen. Bei zwei werden nun Retentionsbecken geschaffen, beim dritten soll Wasser bei Unwettern durch einen aufgelassenen Salinenstollen in die Salzach abgeleitet werden. "Wichtig ist jetzt, das der Bach in Zukunft kein drittes Mal über die Ufer tritt." (APA)

Zivilschutzalarm für Mittersill beendet

Der Zivilschutzalarm für Mittersill im Salzburger Pinzgau ist am Montagvormittag beendet worden. Die Wasserhöhe sowohl in der Salzach als auch in den Retentionsbecken ist ausreichend zurückgegangen, teilte das Land in einer Aussendung mit. Allerdings seien die Werte laut Katastrophenschutz noch überdurchschnittlich, die Lage werde deshalb weiter genau beobachtet. Ein Chemiker des Landes prüfe momentan, ob Verunreinigungen im überfluteten Gewerbegebiet aufgetreten sind.