Zypern

47 Jahre Teilung Zyperns: Der Süden trauert, der Norden feiert

Der türkische Staatschef Erdogan reiste nach Zypern.
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Der türkische Präsident Erdogan nahm an der Feier zum Jahrestag im türkischen Nordteil der Insel teil.

Nikosia, Famagusta – Auf Zypern haben die Menschen an die Teilung der Insel vor 47 Jahren erinnert. Im griechisch-zypriotischen Süden heulten am Dienstag um 05.30 Uhr (Ortszeit) die Sirenen des Zivilschutzes. Damit wurde der Opfer der türkischen Militärintervention vom 20. Juli 1974 und der Vertreibung von rund 162.000 griechischen Zyprioten aus dem heute türkisch-zypriotischen Norden gedacht.

In der nur von der Türkei anerkannten Türkischen Republik Nordzypern (KKTC) wurde der Jahrestag der Intervention hingegen in Anwesenheit des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan gefeiert, wie der griechisch-zypriotische und der türkisch-zypriotische Rundfunk (RIK und BRT) berichteten. Im Norden wird die Intervention als Friedensaktion bezeichnet. Fünf Tage zuvor hatten griechisch-zypriotische Nationalgardisten mit dem Ziel geputscht, die Insel mit Griechenland zu vereinigen.

📽️ Video | Erdogan auf Zypern – ein symbolischer Besuch

Trotz internationaler Kritik treibt der Präsident Nordzyperns, Ersin Tatar, die umstrittene Öffnung der einst von Griechisch-Zyprioten bewohnten Küstensiedlung Varosha voran. In einer „zweiten Phase" werde ein Gebiet, das einer Fläche von 3,5 Prozent des Stadtteils entspreche, zugänglich gemacht und das militärische Sperrgebiet aufgehoben, kündigte Tatar nach Angaben der türkischen Agentur Anadolu an. Anspruchsberechtigte mit Besitz in der Region könnten dessen Rückgabe beantragen, sagte er.

Erdogan sprach von einer „neuen Ära" für Varosha. Das Leben werde dort aufblühen und ein „Symbol" nicht der Unlösbarkeit, sondern der „friedlichen und wohlhabenden Zukunft der Insel Zypern", sagte er.

Kritik kam vonseiten der EU und aus Griechenland. Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell sprach am Abend in einer Erklärung von einer „inakzeptablen einseitigen Entscheidung zur Änderung des Status von Varosha" und kündigte an, dass die EU nach Beratungen des UN-Sicherheitsrats an diesem Mittwoch über das weitere Vorgehen entscheiden werde. Der griechische Außenminister Nikos Dendias sagte: „Die Türkei muss ihr provokatives und widerrechtliches Verhalten unverzüglich einstellen und das Völkerrecht einhalten."

Griechisch-zypriotische Nationalgardisten hatten 1974 auf Zypern mit dem Ziel geputscht, die Insel mit Griechenland zu vereinigen. Daraufhin folgte eine türkische Militärintervention – die Insel ist seitdem in einen größeren griechisch-zypriotischen Teil im Süden und einen kleineren türkisch-zypriotischen Teil im Norden geteilt.

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Aus dem griechisch-zypriotischen Stadtteil Varosha in Famagusta waren 1974 rund 40.000 Bewohner vor der türkischen Armee geflüchtet. In der Folge wurde die frühere Touristenhochburg zum militärischen Sperrgebiet erklärt. Vergangenes Jahr hatte Tatar – damals noch als Regierungschef – bereits entschieden, eine Strandpromenade in Varosha wieder zu öffnen. Für die Republik Zypern war dies eine schwere Provokation, die auch international scharf kritisiert wurde.

Der nun angekündigte Schritt geht aber deutlich weiter. Griechische Zyprioten könnten damit unter Druck gesetzt werden, entweder in ihre alten Häuser einzuziehen, und damit unter türkisch-zypriotischer Verwaltung zu leben, oder sich eine Entschädigung auszahlen zu lassen.

Die Vereinten Nationen bemühen sich seit Jahrzehnten erfolglos um eine Lösung des Zypern-Konflikts. Ziel der UNO ist, eine Föderation zweier politisch gleichberechtigter Bundesländer zu bilden – ein griechisch-zypriotisches im Süden und ein türkisch-zypriotisches im Norden. Ankara und Tatar fordern hingegen die Bildung von zwei Staaten. Dies lehnt die EU strikt ab. Man werde „nie eine Zwei-Staaten-Lösung für das geteilte Zypern akzeptieren", sagte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen bei einem Besuch auf Zypern Anfang Juli. Zypern ist seit 2004 EU-Mitglied. EU-Regelwerk und EU-Recht gelten aber nur im griechisch-zypriotischen Süden. (APA/dpa)

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