Honorare für Kunstschaffende: Konkret, aber unverbindlich
Eine Orientierungshilfe: Die Tiroler Künstler:innenschaft legt mit der IG Bildende Kunst Honorarempfehlungen für Kunstschaffende vor. Im Bund ist „Fair Pay“ längst Thema.
Innsbruck – Was ist künstlerische Arbeit wert? Eine verbindliche Antwort gibt es nicht. Gerade im Bereich der bildenden Kunst gilt bis heute oftmals: Die Gelegenheit, eine künstlerische Arbeit zu zeigen, sei Lohn genug. Die Konsequenz dieser Ausgangslage: Das mittlere Jahres-Nettoeinkommen bildender KünstlerInnen liegt bei 8500 Euro – besagt eine Studie zur sozialen Lage der Kunstschaffenden sowie Kunst- und KulturvermittlerInnen von 2018, die im Auftrag des Bundeskanzleramts erhoben wurde. Ein großer Teil der Arbeit wird ohne oder mit unfairer Bezahlung erledigt.
Dagegen wollen die Tiroler Künstler:innenschaft und die IG Bildende Kunst vorgehen. Sie legen einen konkreten, aber nicht verbindlichen Leitfaden für Kunstschaffende sowie einen Honorarspiegel für selbstständige Arbeit in der bildenden Kunst vor, der an eine bereits veröffentlichte Empfehlung der Tiroler Kulturinitiativen anknüpft. Die klaren Forderungen in beiden Dokumenten, die auf der Webseite der Künstler:innenschaft einsehbar sind: angemessene Bezahlung künstlerischer Arbeit und keine öffentlichen Förderungen ohne angemessene Bezahlung – oder kurzum „Pay the artist now!“.
Im Leitfaden empfohlen wird etwa der Basissatz von 1500 Euro für eine Einzelausstellung, 350 Euro für die Aufführung einer Solo-Performance und 200 Euro für einen Artist Talk. Das seien laut Daniela Koweindl von der IG Bildende Kunst jeweils Mindestannahmen, die sowohl über- als auch unterschritten werden können. Eine Orientierungshilfe sollen Leitfaden und Honorarspiegel liefern – für Institutionen und Kunstschaffende. „Für viele KünstlerInnen ist das Honorar noch keine Selbstverständlichkeit“, weiß Koweindl.
In anderen Kultursparten sei man in der Debatte um faire Bezahlung bereits weiter, so Koweindl. Im Bereich bildender Kunst ist noch gar nicht klar, wie viel Geld fehlt, wenn Institutionen bei gleichem Programm auch fair bezahlen würden. Den Unterschied zwischen Ist-Gehältern und Honorar-Empfehlungen erhebt die IG Bildende Kunst für ihren Bereich ab 20. August. Und auch der Bund hat diesbezüglich eine Erhebung für den gesamten Kulturbereich in Auftrag gegeben, heißt es dazu auf Nachfrage der TT aus dem Büro von Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer (Grüne). Und weiter: Honorarempfehlungen der IG seien ein „zentraler Wegweiser im Fairness-Prozess“, allerdings stehe zentral, „die gemeinsame Verantwortung von FördergeberInnen sowie -nehmerInnen, von Bund, Ländern, Gemeinden, IGs, Institutionen und Akteuren hervorzuheben“. Beim Fairness-Prozess, der im Herbst 2020 unter Mayer initiiert wurde, geht es übrigens nicht nur um Fair Pay, auch soziale und rechtliche Rahmenbedingungen stehen auf der Agenda. Ein „Fairness-Symposium“ zu Fair-Pay-Aspekten wurde Corona-bedingt gerade in den frühen Herbst verschoben.
Dort will die IG Bildende Kunst ihre mit Tirol erarbeiteten Empfehlungen vorlegen. Intensiv daran gearbeitet wurde seit Dezember 2020. Die darin beschriebenen Probleme kennt auch die Künstler:innenschaft: Man würde gerne fair bezahlen, leistbar sei das allerdings nur mithilfe von Abstrichen. Seit Petra Poelzl die Leitung der Künstler:innenschaft (Bereich Kunstpavillon, Neue Galerie) im Jänner 2020 übernahm, werden in beiden Institutionen KünstlerInnen-Honorare bezahlt, bestätigt sie. Eine Neuerung, die noch auf das Engagement ihrer Vorgängerin Ingeborg Erhart zurückgeht. Der Erste, der in den Genuss kam, war Alfredo Barsuglia. Das Honorar geht dabei aber nach wie vor vom Produktionsbudget weg, erklärt Poelzl. Würde man Ausstellende und das gesamte Team fair bezahlen, bräuchte die Künstler:innenschaft rund 10 Prozent mehr an Förderungen, rechnet sie vor. Derzeit befinde man sich in laufenden Förderverträgen, 2022 will sie die Honorarrichtlinien in die Ansuchen des Landes einrechnen. Natürlich jeweils mit der Sorge, das Land könnte eine Reduzierung des Programms fordern, um faire Bezahlung möglich zu machen. „Das wäre fatal, wenn sich Kultur selbst wegkürzt“, so Poelzl.
Jetzt sei die Politik am Zug, so die Künstler:innenschaft. Die Politik schweigt noch (auch urlaubsbedingt), aber von KünstlerInnen gebe es positive Reaktionen auf das Engagement, bestätigen beide Interessenvertretungen.
Einig ist man sich auch darin, dass es ohne eine Erhöhung des Kulturbudgets wohl nicht gehen wird. Bundesweit müsse das Budget von derzeit 0,5 Prozent auf mindestens ein Prozent des Bruttoinlandsprodukts erhöht werden, fordert „Pay the artist now!“.