Klimakrise

Forscher: Hitzewelle in Sibirien im Vorjahr setzte große Mengen Methan frei

Auch heuer brennen in Sibirien infolge enormer Trockenheit wieder Wälder, jedoch nicht in dem gewaltigen Ausmaß wie im Sommer des Vorjahrs.
© DIMITAR DILKOFF

Im Norden Sibiriens sei im Sommer 2020 laut Wissenschaftern eine um etwa fünf Prozent erhöhte Konzentration des klimaschädlichen Gases festgestellt worden, die über Monate bestehen blieb. Die Forscher warnen vor „dramatischen Auswirkungen“ durch auftauenden Permafrost.

Bonn, Moskau – Die extreme Hitze vor einem Jahr hat in einigen Permafrostgebieten Russlands große Mengen des klimaschädlichen Gases Methan freigesetzt. Zu diesem Ergebnis kommt eine neue Studie um den Bonner Wissenschafter Nikolaus Froitzheim. Die Forscher untersuchten die Konzentration von Methan in der Luft und betrachteten jeweils die Bodenbeschaffenheit.

Dabei stellten sie fest, dass in zwei Gebieten mit Kalkstein besonders viel Gas freigesetzt wurde. Die Untersuchung ist in dem Fachblatt „Proceedings of the National Academy of Sciences“ (PNAS) veröffentlicht worden.

Fast zwei Drittel der Bodenfläche in Russland sind dauerhaft gefroren. Dieses Phänomen wird Permafrost genannt. Dort liegen immense Mengen an Resten von Pflanzen und Tieren, die noch nicht von Mikroben zersetzt wurden. Aktiv werden diese erst, wenn die Temperaturen steigen und der Boden aufweicht – bei diesem Zersetzungsprozess kann Methan freigesetzt werden.

Mit diesem Phänomen haben sich Studien bereits auseinandergesetzt. Nun haben Wissenschafter untersucht, ob das Gas auch auf anderem Wege in die Atmosphäre gelangen kann.

Durchlässige Höhlensysteme

Im Norden Sibiriens in dem Taimyr-Faltengürtel und am Rand der Sibirischen Plattform sei im Sommer 2020 eine um etwa fünf Prozent erhöhte Methan-Konzentration festgestellt worden, die über Monate bestehen geblieben sei, hieß es. „Die Bodenbildungen in den beobachteten Gebieten sind sehr dünn oder fehlen ganz, was die Zersetzung von organischer Substanz in den Böden als Quelle des Methans unwahrscheinlich macht“, sagte Froitzheim vom Institut für Geowissenschaften der Universität Bonn.

Er und seine Kollegen befürchten demnach, dass die bisher mit Eis und Gashydrat gefüllten Kluft- und Höhlensysteme im Kalkstein durch die Erwärmung durchlässig geworden sind. „Dadurch dürfte Erdgas, das zum größten Teil aus Methan besteht, aus Lagerstätten im Permafrost und unter dem Permafrost den Weg an die Erdoberfläche gefunden haben.“

Mengen von Methan im Untergrund „gewaltig“

Die Wissenschafter wollen dieser Annahme nun mit Messungen an Ort und Stelle sowie mit Modellrechnungen nachgehen. „Die Mengen von Erdgas, die im Untergrund Nordsibiriens vermutet werden, sind gewaltig“, erläuterte Froitzheim. „Wenn Teile davon durch den tauenden Permafrost in die Atmosphäre gelangten, könnte das dramatische Auswirkungen auf das ohnehin schon überhitzte Klima der Erde haben.“

„Der Ausstoß von großen Methanmengen in Permafrostgebieten würde die Klimakrise bedeutend verschlimmern“, sagte Hinrich Schaefer vom Nationalen Institut für Wasser- und Atmosphärenforschung (Niwa) in Neuseeland. Auch in diesem Sommer haben Teile Russlands mit Hitze und verheerenden Waldbränden zu kämpfen. (APA/dpa)

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