Coronavirus

Bald kostenpflichtig? Tests als Druckmittel, um Impfrate zu erhöhen

68 Millionen Corona-Tests wurden in Österreich durchgeführt. Nicht einberechnet sind hierbei die Tests in den Apotheken.
© Böhm

Derzeit wird darüber gestritten, ob Corona-Tests kostenpflichtig werden sollen. Tirols Ärztekammerpräsident rät, Kranke zu testen.

Von Anita Heubacher

Wien, Innsbruck – Nach den Rufen aus einigen ÖVP-geführten Bundesländern, darunter Tirol, sowie aus der niederösterreichischen Ärztekammer, die Corona-Tests in Zukunft kostenpflichtig zu machen, stößt nun auch Ärztekammerpräsident Thomas Szekeres in diese Richtung. Er plädiert klar für ein Ende der Gratis-Tests. Im Gesundheitsministerium will man die Lage im Herbst neu bewerten, kostenlos bleiben werden die Tests aber jedenfalls für symptomatische Personen und nicht impfbare Menschen. Ob es eine soziale Staffelung geben könnte, wenn die Tests kostenpflichtig werden, wurde noch nicht andiskutiert.

📽️ Video | Debatte um Ende der Gratis-Tests:

Gratis war bei den Tests ohnehin noch nie etwas. Die österreichische Teststrategie hat zig Millionen an Euros verschlungen. In Tirol wurden allein für Juli und August 48 Millionen Euro budgetiert. Die meisten Tests macht das Rote Kreuz und rechnet über Stundensätze ab, Ärzte und Apotheker bekommen jetzt 20 Euro pro Test. Die Bundesregierung bezeichnet Österreich gerne als Test-Weltmeister. Zum Weltmeister-Titel im Senken der Zahlen habe es aber nicht gereicht, meinen Kritiker.

Ob die Tests etwas kosten sollen oder nicht, ist keine medizinische, sondern eine politische Frage.
Artur Wechselberger (Präsident Ärztekammer)
Artur Wechselberger

Während die Ärztekammern im Osten sich Gedanken darüber machen, ob nun die Tests zusätzlich zu den Steuergeldmillionen noch einzeln zu bezahlen sind, will sich Tirols Ärztekammerpräsident Artur Wechselberger an dieser Diskussion nicht beteiligten. „Das ist keine medizinische Entscheidung, sondern eine rein politische.“ Wechselberger und sein Vize in der Ärztekammer, Kinderarzt Klaus Kapelari, rudern in eine andere Richtung. Beide Mediziner raten, im Herbst Tests an Menschen mit Symptomen durchzuführen. So wie bei anderen Krankheiten auch diene ein Test dazu, eine Diagnose zu stellen.

In Österreich werden aber vorwiegend gesunde Menschen getestet, um ihnen eine Teilnahme am öffentlichen Leben zu gewähren. Laut Dashboard der Bundesregierung wurden seit Beginn der Pandemie 68 Millionen Tests durchgeführt. Nicht mitgerechnet sind dabei die Tests in den Apotheken. Klar ist, dass es bei niedriger Inzidenz immer mehr Tests braucht, um einen positiven Fall zu finden. Noch mehr Tests braucht es, wenn zu niedrigen Inzidenzen eine höhere Immunisierungsrate kommt. Ob die positiv Getesteten krank werden oder infektiös sind, wird weiterhin nicht koordiniert erhoben.

Die Immunisierungsrate wächst, weil die Zahl der Geimpften steigt und die Zahl der Genesenen ebenso. Dazu kommt, dass die Dunkelziffer, wie viele Menschen die Infektion durchgemacht haben, nicht klar ist. Geschätzt wird, dass die Zahl der rund 640.000 Genesenen um zwischen 30 und 100 Prozent höher sein könnte.

Welche Herdenimmunität es braucht, kann laut Wechselberger nicht an einer Zahl festgemacht werden. „Das hängt auch damit zusammen, wie ansteckend ein Virus ist.“ Sowohl bei den Inzidenzen als auch bei der Herdenimmunität würden „irgendwelche Zahlen“ festgelegt, die als absolut und wissenschaftlich belegt dargestellt würden. „Das sind sie aber nicht.“

Auch in Deutschland wird darüber diskutiert, ob die Corona-Schnelltests weiterhin gratis sein sollen. Der Bundesregierung schwebt ein Ende der Gratis-Tests mit Mitte Oktober vor. Nur für Personen, die nicht geimpft werden können oder für die keine allgemeine Impfempfehlung vorliege wie Schwangere oder unter Achtzehnjährige, solle es weiterhin kostenlose Schnelltests geben.

📍 Viele kleine Cluster in Tirol

58 Prozent der Neuinfektionen waren am Mittwoch in Tirol Clustern zuzuordnen. 39.000 Impfungen ohne Anmeldung wurden durchgeführt.

Österreichweit erwartet das Corona-Prognosekonsortium der Bundesregierung einen moderaten Anstieg bei den täglichen Corona-Neuinfektionen. Am gestrigen Donnerstag waren es 505. In Tirol wurden in den vergangenen Tagen deutlich mehr als 50 neue Ansteckungen verzeichnet, zugleich ging die Zahl der Spitalspatienten wieder zurück. Laut einer Analyse des Landes konnten 58 Prozent der Neuinfektionen Clustern zugeordnet werden. Nach wie vor sorgen Reiserückkehrer für ein erhöhtes Infektionsgeschehen.

Die steigende Zahl an Infektionen bildete sich im Juli bei den Auswertungen zum SARS-CoV-2-Abwasser-Monitoring Tirol ab. Da war ein Anstieg der Belastungen zu beobachten. Während der vergangenen Wochen setzte sich dieser Trend allerdings nicht fort, ausgehend vom Niveau der Vorwoche traten kaum nennenswerte Veränderungen auf. Weiterhin bewegen sich die Zahlen der Personen, die SARS-CoV-2-Viren ausscheiden, auf vergleichsweise niedrigem Niveau, heißt es dazu vom Land. Die Werte sind derzeit mit jenen vergleichbar, die zuletzt Ende Mai/Anfang Juni im Tiroler Abwasser gemessen wurden.

Obwohl sich auch das Impftempo in Tirol verlangsamt – mit den seit Anfang Juli durchgeführten Impfungen ohne Anmeldung ist die Gesundheitsdirektion sehr zufrieden. Bisher wurden 39.000 Erst- und Zweitimpfungen ohne Anmeldung durchgeführt. Montag und Dienstag erfolgten allein in Innsbruck und Reutte knapp 2200 Stiche. „Das niederschwellige Impfangebot zeigt seine Wirkung und es ist erfreulich, dass so viele bereits davon Gebrauch gemacht haben“, betont Gesundheitsdirektor Thomas Pollak. Immer mehr Tirolerinnen und Tiroler würden sich für eine Impfung entscheiden, das sei wichtig, um die Durchimpfungsrate weiter zu erhöhen.

Das niederschwellige Angebot wird in den nächsten Wochen weiter forciert. Alle Informationen dazu unter https://go.tt.com/impfen-tirol.

822.400 Impfungen scheinen derzeit in der Impfbilanz des Landes auf. 448.400 davon sind Erst- und 374.000 Zweitimpfungen. Gerechnet auf die impfbare Bevölkerung ab 12 Jahren haben 67 Prozent eine erste Impfung erhalten, 58,2 Prozent sind vollimmunisiert.

39.000 ließen sich bisher ohne Anmeldung in Tirol impfen.
© Falk