Die bitter-süße Legende vom alternden Lebemann
„Death of a Ladies’ Man“ holt sich melancholische bis absurde Inspiration vom großen Sänger Leonard Cohen.
Von Marian Wilhelm
Innsbruck – Leonard Cohen schrieb bis zu seinem Tod 2016 mit seinen Songs an der Lebemann-Legende. Dass er nun nicht nur musikalisch Pate steht für einen Film, passt also. Filmemacher Matt Bissonnette lässt sich von Leben und Literatur des Meisters zum harmlosen Altherren-Film „Death of a Ladies’ Man“ inspirieren. Schon sein Debütfilm von 2002 hieß nicht zufällig „Looking for Leonard“ und vor Cohens Tod gab dieser ihm noch seinen Segen für den neuen Film.
Nun vereint er Cohens literarische Figuren in einem gewissen Samuel O’Shea. Der irische Literaturprofessor lebt in Montreal und folgt der Cohen’schen Todesmelodie. Er rezitiert vor Studenten den größten Sohn der Stadt, der als Schriftsteller begann und kurz nach dem Nobelpreis an Kollege Dylan starb. Samuel dagegen ist nur ein gewöhnlicher Alkoholiker und Frauenheld (aber Nichtraucher!). Ihn treibt eine Hirntumor-Diagnose in die Arme der üblichen Lebensweisheiten. Er holt sich bei seinen Kindern die Absolution als Vater, beglückwünscht den schwulen Sohn zum Coming-out und inspiziert den Boyfriend der Tochter.
Death of a Ladies' Man
ab 13. August im Kino
Außerdem lässt der Hirndruck den Schmalspur-Hamlet allerlei seltsame Figuren imaginieren: Frankensteins Monster und einen Sensenmann, eine Bodybuilderin mit Löwenkopf und – weniger überraschend – seinen toten Vater (Brian Gleeson). Warum die Mutter die irische Familie einst verlassen hat, kann ihm der allerdings auch nicht beantworten. Und auch als ihn sein grünes Herz in eine abgelegene Hütte an der irischen Küste zieht, lassen seine Dämonen dem Womanizer keine Ruhe. Dort will er als Vermächtnis endlich seinen großen amerikanischen Roman schreiben.
Dass dieser Verlierer und so genannte Ladies’ Man sympathisch bleibt, liegt vor allem an Hauptdarsteller Gabriel Byrne. Auch die erweiterte Patchwork-Familie um ihn herum und die Frauen-Nebenfiguren dieses Don Juan sind glaubhaft. Regisseur Matt Bissonnette mag diesen sterbenden Mann und er liebt und kennt Cohen: „Das Thema ist als Echo in Leonard Cohens Werk: Was ist Liebe? Das Unperfekte, das Verlangen danach und der Verlust. Und natürlich hat alles, was er schrieb, diesen Todesschatten, die Begegnung von Leben und Tod, eine Sehnsucht nach etwas jenseits dieser Welt.“
An Cohen-Anspielungen mangelt es „Death of a Ladies’ Man“ jedenfalls nicht. Von der Szenerie Montreals mit seinem überlebensgroßen Wandbild über die Kapitel, denen Songzeilen als Motto dienen, bis zu den Songs selbst. Auch ein singender Buddhisten-Mönch mit Gitarre erinnert an den Meister, der vor dem Comeback Jahre im Kloster verbrachte.
Sogar in einer Musicalszene breitet sich „Did I Ever Love You“ mit Hilfe eines Alkoholiker-Chors aus, zu „Hallelujah“ schneit es, und über allem liegt die bekannte tiefe Stimme und Poesie. „Like a Bird on a Wire“ wird zur Nationalhymne umfunktioniert.
Trotz ordentlich viel kraftlosem Kitsch und etwas wenig Fantasie hat der Film das irische Québécois-Herz am richtigen Fleck. Am Ende grüßt noch einmal Cohen: „Now I greet you from the other side of sorrow and despair.“