Grünen-Klubchef Mair: „Bin weniger kompromissbereit“
Grünen-Klubobmann Gebi Mair meldet sich nach Kletterunfall zurück: Polit-Herbst wird „kämpferisch“.
Von Manfred Mitterwachauer
Innsbruck – „War’s das jetzt?“ Es war dieser Gedanke, der Gebi Mair am 26. Juli mitten in einer fast senkrechten Wand in den Kalkkögeln in den Sinn kam, als ihn ein über ihm herausgebrochener Fels traf und schwer verletzte. Gestern meldete sich der Klubobmann der Grünen im Landtag wieder auf der politischen Bühne zurück. Im Rollstuhl sitzend, den linken Fuß nach mehrfachen Brüchen ruhig gestellt, eine langwierige Rehabilitation noch vor sich habend. Gehen können, das werde wohl erst wieder in drei Monaten funktionieren, haben dem Bergretter und Langzeit-Politiker die Ärzte gesagt, schilderte er gestern den Pressevertretern. Die Umtriebigkeit scheint ihm trotzdem geblieben, die Fröhlichkeit ebenso. Trotz allem habe er „Glück im Unglück“ gehabt. Die Rettungskette hätte funktioniert, die Anteilnahme und Hilfsbereitschaft, die er aus der Bevölkerung und seinem Umfeld spüre, sei groß. Allen dankte Mair gestern noch einmal ausdrücklich.
Doch der Unfall habe ihn zum Nachdenken gebracht und emotionaler gemacht, sagt Mair. Nicht nur privat, auch in seiner politischen Funktion. Ein Prozess, der zwar noch nicht abgeschlossen sei, wenngleich er erste Lehren daraus bereits gezogen habe. Und die könnten womöglich den Grünen-Koalitionspartner ÖVP die Ohren spitzen lassen.
Nicht nur seine bisherige Rolle als Klubobmann hinterfragt Mair. Auch wieso die Lösung aktueller Probleme mitunter auf die lange Bank geschoben werde. Nicht nur in Tirol, aber auch hier. So beispielsweise in der Pflege. Selbst plötzlich auf fremde Hilfe angewiesen, betont Mair, wie notwendig es sei, rasch im Pflegebereich zu besseren Arbeitsbedingungen (Ausbildung, Bezahlung, Arbeitszeit etc.) zu kommen. Nicht, dass Mair die Pflege nicht auch vor seinem Unfall thematisiert hätte, aber die Selbsterfahrung schärfe auch diesen Blick, sagt er.
Aber auch in Sachen Klimawandel will Mair vom Reden endlich ins Tun kommen: „Auch hier stellt sich die Grundfrage des Lebens.“ Die ÖVP will die Umweltverfahren beschleunigen. Mair auch. Es sei aber nicht nötig, Umwelt- und Naturschutz gegeneinander auszuspielen. Die Energiewende sei nur zu schaffen, wenn die Ziele konsequent verfolgt würden, so Mair. Skigebieten will Mair künftig Landesförderungen streichen, wenn sie nicht konsequent auf Photovoltaik setzen würden. Die Energieautonomie „Tirol 2050“ müsse endlich in die Gänge kommen. Hierzu gehörten Pkw-Parkflächen wie vor Supermärkten konsequent mit PV-Anlagen überdacht. Aber auch landwirtschaftliche Flächen, denen Beschattung nicht schade, zählt Mair Kartoffeläcker auf: „Und wir werden auch Photovoltaikanlagen auf Freiflächen brauchen.“ Der Konflikt mit der Bauernschaft scheint vorprogrammiert.
„Wir werden auch über Windräder reden müssen“, stößt Mair nach. Es gebe in Tirol kein Verbot, Windräder aufzustellen, sehr wohl aber geeignete Standorte. Und das Erneuerbaren-Ausbaugesetz werde helfen. Zudem richtete Mair LH Günther Platter (VP) gestern aus, anlässlich der Herbstklausur der Koalition über die Ausweisung neuer Schutzgebiete in Tirol verhandeln zu wollen. Laut eigenen Angaben nicht zwingend nur um des kleinsten gemeinsamen Nenners willen: „Was die Dringlichkeit betrifft, so werde ich weniger kompromissbereit sein.“
In Summe, so Mair, gehe es um die Frage, „ob die Landespolitik den Mut aufbringt, schnell zu handeln. Dafür will ich streiten.“ Mair kündigt einen „kämpferischen Herbst“ an – erster Adressat hierfür ist die ÖVP.