Zugverkehr

"Connecting Europe Express" in Wien: Appelle für mehr Bahn in Europa

Die Lok des #ConnectingEuropeExpress.
© HERBERT NEUBAUER

Der Sonderzug "Connecting Europe Express" wurde am Freitag in Wien empfangen. Er ist eine Initiative im Rahmen des Europäischen Jahrs der Bahn 2021 und soll die Bedeutung des Schienenverkehrs für klimafreundliche Mobilität und Transport in der EU in den Vordergrund rücken.

Wien – Mit Appellen für mehr und schnelleren Bahnverkehr in Europa wurde heute Freitag der "Connecting Europe Express" am Wiener Hauptbahnhof empfangen. Der Sonderzug ist eine Initiative im Rahmen des Europäischen Jahrs der Bahn 2021 und soll die Bedeutung des Schienenverkehrs für klimafreundliche Mobilität und Transport in der EU in den Vordergrund rücken. Gestartet wurde am 2. September in Lissabon, Endstation ist am 7. Oktober in Paris.

Mit "großem Bahnhof" am Bahnsteig rollte der Sonderzug am Wiener Hauptbahnhof ein. EU-Kommissar Johannes Hahn, der Vizepräsident des EU-Parlaments Othmar Karas (ÖVP), ÖBB-Chef Andreas Matthä und Bahn-vida-Gewerkschafter Günter Blumthaler begrüßten den Express, ebenso Vertreter der Bahnen der Nachbarländer und der EU-Behörden. Verkehrsministerin Leonore Gewessler (Grüne) ließ sich wegen einer Erkrankung entschuldigen.

V.l.n.r.: EU-Haushaltskommissar Johannes Hahn, Günter Blumthaler (ÖGB-vida), ÖBB-CEO Andreas Matthä und Othmar Karas, der Vizepräsident des Europäischen Parlaments.
© HERBERT NEUBAUER

Der Wagensatz des "Connecting Europe Express" wurde von verschiedenen europäischen Bahnverwaltungen zur Verfügung gestellt: Die Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) stellen den Nachtzug-Waggon des Nightjet, die Schweizer SBB koppelte einen mit riesigen Glasfenstern ausgestatteten Panorama-Waggon an, die italienische Bahn FS stellt den Speisewagen bereit und die französische SNCF einen stilvoll ausgestatteten Konferenzwagen. Ein Gepäckwagen der ungarischen MAV und ein Mehrzweckwagen der Deutschen Bahn (DB) komplettieren den Zug.

Der Zug beherbergt eine Ausstellung der Europäischen Exklusivagentur für Klima, Infrastruktur und Umwelt (CINEA) und dem gemeinsamen Unternehmen Shift2Rail. Die Ausstellung zeigt zahlreiche Technologien und Innovationen zur Verbesserung des Bahnverkehrs und die Unterstützung der EU für Infrastrukturprojekte. Gestern war der Sonderzug am Brenner, über Zwischenstationen in Innsbruck, Salzburg, Linz und St. Pölten erreichte er heute Vormittag Wien. Nächste Station ist dann die slowakische Hauptstadt Bratislava. Wegen der unterschiedlichen Spurbreiten in Europa sind drei verschiedene Express-Sonderzüge unterwegs.

📽️ Video | Appelle für mehr Bahn in Europa

EU-Kommissar Johannes Hahn sieht den Sonderzug als Ausdruck der engen Verbindungen durch Brücken und Schienen innerhalb Europas. Europa weise mit 200.000 km das dichteste Bahnnetz in Relation zur Fläche auf, mehr als 7 Milliarden Passagiere werden pro Jahr befördert. Trotzdem gebe es noch viel für die Intensivierung des Bahnverkehrs zu tun: "Ich höre immer noch, dass Züge teilweise länger stehen als sie fahren", spielte er auf technische und bürokratische Hürden im internationalen Bahnverkehr an. Er appellierte an die EU-Mitgliedsstaaten, einen möglichst reibungsfreien Schienenverkehr zu verwirklichen. Dann könne die Bahn Kurz- und sogar Mittelstreckenflüge in Europa ersetzen.

EU-Parlamentsvizepräsident Othmar Karas (ÖVP) lobte die grüne Dimension der Bahn: Mit keinem anderen Verkehrsmittel könnten Menschen und Güter so klimafreundlich ans Ziel kommen. Daher müsse die Harmonisierung der Bestimmungen vorangetrieben werden, um die Blockaden beim Wechsel von der Straße auf die Schiene zu beseitigen. Ein Viertel der CO2-Emissionen in Europa kämen vom Verkehr, in Österreich sei es sogar ein Drittel. Im Europäischen Bahnjahr 2021 stehe man mit dem Europäischen Green Deal an einem historischen Wendepunkt zu einem klimafreundlicheren Leben.

Ziele: Bessere Vernetzung und Hochgeschwindigkeitsstrecken

Auch ÖBB-Chef Andreas Matthä sprach sich für den Abbau von Hürden im internationalen Bahnverkehr aus. Es sollte genauso einfach sein mit dem Zug durch Europa zu fahren, wie mit dem Bus oder Lkw, forderte er. Mit den Bahnchefs von Tschechien, Slowenien, Ungarn, Polen und der Slowakei hat der oberste Bundesbahner am Vorabend über den Bahnverkehr in Zentraleuropa konferiert. Als Ziele nannte er die bessere Vernetzung des Schienenverkehrs im Zentralraum Europas und Hochgeschwindigkeitsstrecken.

Vida-Bahngewerkschafter Blumthaler rückte die arbeitenden Menschen in den Vordergrund, die das System Bahn am Laufen halten. Für sie brauche es ein faires und familienfreundliches Arbeitsumfeld, damit "Beruf und Berufung Eisenbahnerin und Eisenbahner" wieder ihren Stellenwert erhalten. Als Vorbild sieht er die Integration der ÖBB-Nachtzug-Belegschaften in den Kollektivvertrag. Ausdrücklich kritisierte er die Vorgänge bei der privaten Güterbahn Ecco Rail, wo eine Mitarbeiterin, die eine Betriebsratswahl organisieren wollte, nach Angaben des Gewerkschafters am selben Tag deswegen gekündigt worden sei. Die Gewerkschaft werde sie unterstützen, versprach er. Europa solle nicht den britischen Weg gehen und die Bahn zuerst privatisieren und dann wieder notverstaatlichen müssen, warnte der vida-Gewerkschafter und brach auch eine Lanze für Direktvergaben, die Kundenzufriedenheit bestätige diesen Weg. (APA)