Champions League

Leipziger Krisenmodus: Der nette Mister Marsch wird grantig

Die Leipzig-Kicker um Emil Forsberg waren nach der zweiten CL-Pleite bedient.
© ODD ANDERSEN

Die Niederlage gegen Brügge war selbst für Leipzigs Trainer schwer zu verdauen. Erstmals zählte er seine Spieler öffentlich an und drohte mit personellen Konsequenzen.

Von Tom Bachmann, dpa

Leipzig – Der Absturz von der Bundesliga-Gala zum Königsklassen-Fiasko binnen drei Tagen war selbst Jesse Marsch zu viel. Der maßlos optimistische Trainer von RB Leipzig hatte nach dem 1:2 (1:2) gegen den FC Brügge in der Champions League keine Erklärung dafür, wie seine Mannschaft so kurz nach dem 6:0 gegen Hertha BSC und trotz Führung so auseinanderfallen konnte. „Wir sind nicht konstant. Wir spielen entweder sehr, sehr gut oder nicht gut. Wir müssen verstehen, jedes Spiel mit mehr Konstanz zu bestreiten.“

Erstmals kritisierte Marsch seine Spieler öffentlich und drohte Konsequenzen an. „Wir haben uns nicht an den taktischen Plan gehalten. Und wir hatten nicht die Mentalität, unser Tor mit allen Mitteln zu verteidigen“, sagte der 47-Jährige. Angesprochen dürfen sich die völlig neben sich stehenden Nordi Mukiele und Dominik Szoboszlai fühlen. Vor allem der ungarische Nationalspieler legte ein Zweikampfverhalten an den Tag, das wohl nicht mal in der Regionalliga gereicht hätte.

Für Marsch könnte es eng werden

Marsch will nun diejenigen Spieler enger an sich binden, die seiner Idee folgen. Wer nicht mitzieht, ist raus. „Wir müssen überlegen, was unsere beste Mannschaft ist. Vielleicht spielen wir mit dieser Gruppe und müssen mehr in diejenigen investieren, die verstehen, was wir wollen“, sagte der US-Amerikaner. Am Samstag gegen den VfL Bochum (18.30 Uhr/Sky) muss ein Sieg her, sonst dürfte es auch für Marsch eng werden. Trotz der hartnäckigen Rückendeckung durch Vorstandschef Oliver Mintzlaff.

„Unser Trainer heißt Jesse Marsch. Auf den sind wir stolz und den haben wir mit voller Überzeugung verpflichtet“, sagte Mintzlaff kurz vor der Brügge-Pleite. Zudem schickte er freundliche Grüße an seinen früheren Sportdirektor Ralf Rangnick, der die Freigabe für Ex-Coach Julian Nagelsmann an den FC Bayern kritisiert hatte. „Natürlich darf jeder Experte seine Meinung äußern. Da können wir gut mit umgehen. Fakt ist, dass Ralf Rangnick Großartiges für unseren Club geleistet hat. Nichtsdestotrotz wurde hier in den vergangenen zwei Jahren gute Arbeit geleistet. Zwei Jahre, in denen Ralf Rangnick sportlich nicht verantwortlich war“, sagte der 46-Jährige.

Rangnick hatte bei DAZN klare Worte dafür gefunden, dass RB Nagelsmann trotz Vertrags bis 2023 hatte ziehen lassen. „Wir haben Julian damals geholt, weil wir überzeugt waren, er hebt uns auf die nächste Stufe. Dann kommt der größte Konkurrent in Deutschland in Not, was die Trainerfrage betrifft, und man lässt ihn für Geld ziehen“, sagte der 63-Jährige. „Ich hätte ganz sicher nicht zugestimmt und dem FC Bayern auch noch aus der Patsche geholfen.“

Marsch reagierte erst in der Pause

Dass nun Marsch die wiederum nächste oder zumindest eine zu Nagelsmann gleichwertige Stufe erreicht, ist fraglicher denn je. Das zeigte allein das Beispiel Brügge. Trotz der Hilflosigkeit seiner Mannschaft in der ersten Halbzeit zögerte Marsch lange, griff erst in der Pause ins Spiel ein. Nagelsmann war in diesen Belangen deutlich flexibler und entscheidungsfreudiger.

Primär geht es nun darum, die Mannschaft irgendwie wieder in die Spur zu bekommen. Dass das nach der Hertha-Gala schon der Fall war, war offensichtlich ein Trugschluss. „Wir haben uns nach jedem Ballverlust runtergezogen“, klagte Kapitän Peter Gulacsi. An ein Weiterkommen in der Königsklasse wie in den beiden Vorjahren glaubt der Torwart wohl nur noch im Promillebereich. „Die Situation in der Gruppe ist nicht einfach. Wir haben jetzt zwei Spiele gegen Paris. Da müssen wir irgendwie Punkte holen, um im Rennen zu bleiben.“

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