„Fairness Prozess": Erste Schritte in einem Marathon
Bei einem Symposium in Wien wurde eine erste Zwischenbilanz des „Fairness-Prozesses“ im Kulturbetrieb gezogen.
Wien – Der so genannte „Fairness-Prozess“, in dem Bund, Länder und Interessengemeinschaften an Verbesserungen der Arbeitsbedingungen im Kulturbereich arbeiten, startete im September 2020. Bei einem international besetzten Symposium im Wiener Konzerthaus sollte gestern eine erste Zwischenbilanz gezogen werden. Die liegt inzwischen auch gedruckt vor. Eine von Bund und Ländern herausgegebene und mit „Fairness in Kunst und Kultur“ überschriebene Broschüre wurde präsentiert. Sie ist – wie es auch die Tagung war – in sechs große Bereiche eingeteilt: Transparenz und Kooperation, Fair Pay, Förderwesen, respektvolles Miteinander, Diversifizierung und rechtliche Rahmenbedingungen.
Dieser breite Ansatz wurde im Vorfeld des Symposiums kritisiert. Dem drängenden, auch im türkis-grünen Regierungsprogramm festgeschriebenen Thema der gerechten Bezahlung im Kultursektor werde dadurch ausgewichen, erklärte Gerhard Ruiss von der IG Autorinnen Autoren – und sagte seine Teilnahme an der Konferenz ab. Darauf angesprochen unterstrich Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer (Grüne) gestern, dass Fair Pay das Hauptthema der Veranstaltung sei. Sie verwies zudem auf die österreichweite Erhebung des Fair-Pay-Gaps, sprich des Unterschieds zwischen tatsächlichen Honoraren und den Empfehlungen der jeweiligen IG. Diese soll bis Ende des Jahres belastbare Zahlen liefern. Darauf aufbauend soll ab 2022 eine „Fokusgruppe“ Strategien für ganz Österreich erarbeiten.
Palfrader: „Man muss das Rad ja nicht immer neu erfinden"
Bei der Fördervergabe des Bundes sei gerechte Bezahlung inzwischen „berücksichtigungswürdiges Kriterium“, so Mayer. Zwei Millionen Euro zusätzliche Fördermittel wurden dafür 2020 und 2021 bereitgestellt. In Wien, Salzburg und der Steiermark wurden und werden aktuell Fair-Pay-Richtlinien erarbeitet oder bereits umgesetzt. Tirols Kulturlandesrätin Beate Palfrader (ÖVP) will sich daran orientieren. Man müsse „das Rad ja nicht immer neu erfinden“.
Die koordinierte Zusammenarbeit von Bund und Ländern ist zentraler Ansatz der „Fairness-Strategie“. „Das Kommunizieren über die Bande“ zwischen den beiden maßgeblichen Fördergebern von Kulturprojekten und -institutionen habe ein Ende, erklärte Andrea Mayer vor Beginn des Symposiums. Der Prozess sei kein Sprint, „wir haben einen Marathon vor uns“, so die Kulturstaatssekretärin.
Auch Palfrader war zu der Tagung nach Wien gereist. Als konkrete Maßnahmen des Landes zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen von Tiroler Kunst- und Kulturschaffenden verwies sie auf Stipendienprogramme, die zuletzt ausgeweitet wurden. Voraussetzung für ein Gelingen des Fair-Pay-Prozesses sei auch ein breites Bewusstsein für die Thematik, so Palfrader.
Dass auch in diesem Punkt noch einiges passieren muss, machte zum Abschluss des Symposiums Thomas Randisek, Geschäftsführer des Dachverbands der Salzburger Kulturstätten, deutlich: Er sei der Einladung des Kulturministeriums zur Teilnahme an der finalen Podiumsdiskussion gerne nachgekommen – Honorar oder Rückerstattung der Reisekosten seien ihm jedoch nicht angeboten worden. (jole)