Wien

Hilferuf von Frau ignoriert? Nehammer verteidigt Polizeieinsatz

Innenminister Karl Nehammer (ÖVP).
© ROLAND SCHLAGER

Wien – Im Sommer waren Vorwürfe publik geworden, die Polizei hätte eine um Hilfe vor ihrem aggressiven Mann bittende Frau in Wien nicht ernst genommen. Der Einsatz endete mit einer Anzeige gegen die 37-Jährige u.a. wegen Lärmerregung. In Beantwortung einer von den Grünen eingebrachten parlamentarischen Anfrage stellte Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) fest, dass „auf Grund der durchgeführten Gefahrenprognose“ Voraussetzungen für Verhängung eines Betretungsverbotes „nicht vorlagen“.

Zu der Amtshandlung war es am Abend des 21. Juni in Floridsdorf genommen. Ihr Noch-Ehemann sei laut der 37-Jährigen betrunken und aggressiv gewesen und habe sie und eine Freundin bedroht, wie die Anwältin der Frau der Tageszeitung „heute“ berichtete. Die Polizisten hätten das mutmaßliche Opfer und ihre Angst vor dem Mann nicht ernst genommen, der auch nicht weggewiesen wurde. Die 37-Jährige soll die Beamten während der Amtshandlung als „inkompetent“ und „blöd“ bezeichnet haben, was diese bestreitet. U.a. auf diese Vorwürfe bezieht sich eine Geldstrafe über 200 Euro, die der Frau übermittelt wurde.

Ob die Beamtinnen und Beamten an Ort und Stelle aufgrund der von der Frau gemachten Angaben eine Gefahrenanalyse durchgeführt haben, wollte nun Frauensprecherin der Grünen, Meri Disoski, von Nehammer wissen. Was dieser bejahte: „Einem fairen Verfahren entsprechend wurden beide Seiten gehört.“ Laut Sicherheitspolizeigesetz seien Organe des Sicherheitsdienstes ermächtigt, einem Gefährder das Betreten einer Wohnung samt einem Bereich im Umkreis von 100 Metern zu untersagen, wenn die Annahme eines gefährlichen Angriffs auf Leben, Gesundheit oder Freiheit besteht. „Für eine derartige Annahme ergaben sich jedoch für die einschreitenden Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes keine ausreichenden Anhaltspunkte“, so Nehammer.

Diosoki fragte außerdem, „wieso der aggressive, alkoholisierte Mann“ nicht „der Wohnung verwiesen“ wurde? „Da auf Grund der durchgeführten Gefahrenprognose die gesetzlichen Voraussetzungen für die Verhängung eines Betretungsverbotes nicht vorlagen, wurde ein solches auch nicht ausgesprochen, obwohl die Frau verlangte, dass ihr Ehegatte aus der Wohnung weggewiesen werde“, antwortete der Innenminister. Die Beamten hätten die 37-Jährige über die Möglichkeit der Beantragung einer einstweiligen Verfügung beim Bezirksgericht und eine sicherheitspolizeiliche Beratung informiert.

Grüne-Frauensprecherin übt Kritik

„Der Fall beweist, wie viel Schulungs- und Aufklärungsbedarf es auf der Ebene der Polizei noch gibt“, kommentierte die Grüne-Frauensprecherin. „Dass in Gefahrensituationen für Frauen die rechtlichen Möglichkeiten zu ihrem Schutz nicht ausgeschöpft werden, ist inakzeptabel und kann Leben kosten.“

In der Anfragebeantwortung sagte Nehammer, dass alle drei mit dem Einsatz betrauten Organe eine „spezielle Schulung für das Einschreiten in Bezug auf Gewaltprävention bei häuslicher Gewalt“ absolviert hatten. In jeder Polizeiinspektion sollen künftig „speziell geschulte Polizistinnen und Polizisten als Sicherheitsbeauftragte und Ansprechpartnerinnen und -partner für Frauen speziell im Bereich Gewalt und Gewaltschutz zur Verfügung stehen und proaktiv mit den Opferschutzeinrichtungen vernetzt sein“. (APA)

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