Tirol live

Rathgeb: „Die Armut ist weiter in die Mitte der Gesellschaft gerückt“

Caritas-Direktorin Elisabeth Rathgeb (rechts) im „Tirol Live“-Gespräch mit TT-Redakteurin Jasmine Hrdina.
© Falk

Vor zunehmend prekären sozialen Verhältnissen warnt Caritas-Direktorin Elisabeth Rathgeb. Sie lobt die Bereitschaft der Tiroler, ehrenamtlich zu arbeiten.

Innsbruck – Rund 49 Prozent der Tirolerinnen und Tiroler, und damit jeder und jede Zweite im Land, leisten ehrenamtliche Arbeit. „Die Quote ist hoch und sehr stabil“, sagte Caritas-Direktorin Elisabeth Rathgeb im „Tirol Live“-Interview. Dieser unentgeltliche Dienst am Nächsten wird seit gestern und bis inklusive kommenden Donnerstag in allen Bezirken mit mehr als 100 Angeboten gewürdigt. Die so genannte Freiwilligenwoche soll Menschen „Lust machen, in das Ehrenamt zu schnuppern“.

Besonders Jugendliche, junge Erwachsene sowie junge Seniorinnen und Senioren sind laut Rathgeb an Ehrenämtern interessiert. Tatsache sei jedoch auch, dass „sich Menschen nicht mehr so leicht auf längere Zeit binden. Viele haben Interesse an Projekten, die befristet sind, und wachsen so in Organisationen hinein.“ Es gebe inzwischen eine große Konkurrenz im Freiwilligen-Sektor. „Aber ich finde das gut, so findet jeder und jede das Feld, wo er oder sie sich betätigen kann“, meinte die Caritas-Direktorin.

📽️ Video | Elisabeth Rathgeb in „Tirol Live“

Viele Ehrenamtliche arbeiten mit Männern, Frauen, Familien, die an der Armutsgrenze oder darunter leben. Diese Gruppe der Hilfsbedürftigen wächst. „Wir haben gerade durch die Corona-Krise bedingt bemerkt, dass sich die Anfragen an unsere Sozialberatung verdoppelt haben“, erklärte Rathgeb. „Und rund 30 Prozent davon haben noch nie davor so eine Beratung in Anspruch nehmen müssen. Die Armut ist weiter in die Mitte der Gesellschaft gerückt“, interpretierte sie diese Zahlen. „Viele sind am Limit. Da müssen wir dringend gegensteuern.“

Elisabeth Rathgeb, die seit einem Monat Direktorin der Caritas ist, wird bei ihrer Arbeit in den kommenden Wochen und Monaten einen Fokus auf Kinder und Jugendliche legen. „Besonders auf solche, die weder in Beschäftigung noch in Ausbildung sind.“ Für sie wolle sie Projekte schaffen. (TT)

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