Deutschland

SPD, Grüne und FDP sondieren weiter, CDU-Chef Laschet vor Rückzug

Armin Laschet musste im Wahlkampf viel Kritik einstecken und verlor mit der Union den ersten Platz an die SPD.
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Armin Laschet, Kanzlerkandidat der Union, versucht durch einen möglichen Rückzug noch einmal Signale in Richtung einer Zusammenarbeit mit Grünen und FDP zu senden. Diese verhandeln jedoch erst mal mit der SPD.

Berlin – SPD, Grüne und FDP gehen den nächsten Schritt zur möglichen Bildung der ersten Ampelkoalition in Deutschland. Nach einer ersten gemeinsamen Runde in Berlin kündigten die Generalsekretäre der drei Parteien am Donnerstag vertiefte Gespräche für die kommende Woche an. Bereits am Montag soll es losgehen, zwei weitere Treffen werden folgen. CDU-Chef Armin Laschet steht unterdessen vor dem Rückzug. Auf einem Parteitag will er die personelle Neuaufstellung der CDU vorschlagen.

"Wir haben gespürt, dass wir was Gemeinsames schaffen können", sagte SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil. Grünen-Bundesgeschäftsführer Michael Kellner sprach von einer "Vertrauensbasis". Sein FDP-Kollege Volker Wissing berichtete, das FDP-Präsidium habe einstimmig vorgeschlagen, "jetzt in eine förmliche, vertiefte Sondierungsphase einzutreten". Dabei werde es auch bereits um konkrete Themen gehen. Man treffe sich am Montag nicht, um erstmal locker zu plaudern, betonte Wissing.

📽️ Video | Laschet deutet Rücktritt an

Während die Generalsekretäre eher ernste Töne anschlugen, gab es vor der Tür einer Messehalle in Berlin im strahlenden Sonnenschein auch strahlende Gesichter. Das Schweigegelübde brach hier niemand – mit Aussagen zu Inhalten halten sich die Verhandler bewusst zurück. SPD-Chefin Saskia Esken nannte das Gespräch nur "sehr, sehr schön". Grünen-Chef Robert Habeck meinte, er sei "kaputt" nach dem Tag. Grünen-Urgestein Claudia Roth dagegen verließ die Halle mit einem Lachen auf den Lippen und dem Fazit: "sehr angenehm".

"Jamaika" noch nicht vom Tisch

Den Verhandlern der FDP war dagegen kaum ein Lächeln zu entlocken. Parallel zu den Ampel-Gesprächen hatte CDU-Chef Laschet in einer internen Sitzung einen personellen Neuanfang in seiner Partei angedeutet – was die Frage aufwirft, ob er oder wer sonst dann über eine noch immer nicht ganz ausgeschlossene Jamaika-Koalition verhandeln sollte.

Die Möglichkeit eines solchen Bündnisses mit der Union hatten sich FDP, aber auch Grüne zuvor ausdrücklich offen gelassen – auch wenn beide Parteien entschieden, prioritär Dreiergespräche mit dem Wahlsieger SPD zu führen. Auch am Donnerstag hielt sich die FDP die Jamaika-Option aber grundsätzlich offen. Messlatte für die Bildung einer Regierung seien nicht Personen, sondern Inhalte, erklärte Wissing.

Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) geht davon aus, dass die Regierungsbildung zumindest schneller laufen wird, als nach der vergangenen Bundestagswahl. Damals waren sich Union und SPD erst nach Monaten im Frühjahr nach der Wahl einig geworden. Bei einem Besuch in Rom versprach sie am Donnerstag dem italienischen Ministerpräsidenten Mario Draghi eine weiterhin erfolgreiche Zusammenarbeit, "bis ich dann ersetzt werde von dem neuen deutschen Bundeskanzler". "Und das wird diesmal sicherlich schneller gehen als bei der letzten Regierungsbildung", sagte Merkel.

Mehrere Termine kommende Woche

In der kommenden Woche wollen sich SPD, Grüne und FDP am Montag, Dienstag und Freitag treffen. Mittwoch und Donnerstag ist Verhandlungspause – auch, weil SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz zum Treffen der G20-Finanzminister nach Washington reist. Die Generalsekretäre wollten diese Tage aber nicht ungenutzt lassen und in Kontakt bleiben, versicherte Klingbeil. Am Ende der Woche wollen die Parteien bereits eine Zwischenbilanz der Sondierungen ziehen und entscheiden, ob weitere Treffen nötig sind. Der nächste Schritt wäre danach ein Einstieg in offizielle Koalitionsverhandlungen. Vorher muss aber zumindest bei den Grünen noch ein kleiner Parteitag gefragt werden.

Laschet sagte am Donnerstag in Berlin, er wolle den Spitzengremien der Partei nach der historischen Wahlniederlage einen Parteitag zur personellen Neuaufstellung der CDU vorschlagen. Er wolle den Gremien in der kommenden Woche diesen Vorschlag machen, so Laschet weiter. Die personelle Neuaufstellung der CDU - "vom Vorsitzenden über das Präsidium bis hinein in den Bundesvorstand" solle nun zügig angepackt werden. Sein Ziel sei immer gewesen, Gegensätze zu versöhnen.

Laschet könnte Feld räumen

Nun gehe es nicht darum, welche Partei oder welche Person in die Regierung komme, sondern welche Politik die nächsten vier Jahre gemacht werde. In den Gesprächen mit FDP und Grünen habe er deutlich gemacht: "An der Person wird es nicht scheitern." Dies habe er auch der Unionsfraktion berichtet. "Es geht nicht um die Person Armin Laschet. Es geht um das Projekt für das Land. Und deshalb: Wenn man zu anderen Lösungen kommen will, ist dies möglich. Das große Projekt Jamaika wird nicht am Personal scheitern - wird nicht an einzelnen Personen scheitern."

Zuvor hatte Laschet in einer Informations-Schaltkonferenz der CDU/CSU-Bundestagsfraktion die Bereitschaft angedeutet, eigene Ambitionen für mögliche Jamaika-Verhandlungen zurückzustellen. "Wenn es mit anderen Personen besser geht, dann gerne", sagte der CDU-Chef. Weiter sagte er demnach mit Blick auf ein mögliches Jamaika-Bündnis mit Grünen und FDP: "Die Person steht am Ende, am Anfang steht die Idee und das Projekt."

Aus Sicht des früheren Unionsfraktionschefs Friedrich Merz hat Laschet den Weg für einen Neuanfang der Union frei gemacht. "Dafür verdient er Respekt, Dank und große Anerkennung", twitterte Merz. "Ich werde mich nach Kräften daran beteiligen, dafür einen einvernehmlichen Weg zu finden, der auch die Zustimmung unserer Mitglieder findet." Wörtlich schrieb Merz: "Armin #Laschet macht heute den Weg frei für den Neuanfang der #CDU." (APA, dpa)

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