Seilbahnunglück in Italien: Neue Anhörung im Fall Eitan in Tel Aviv
Ein Familiengericht prüft die Situation aufgrund des Haager Kindesentführungsübereinkommens. Weitere Gerichtsverhandlungen sind bereits am Samstagabend und am Sonntag angesetzt.
Rom, Tel Aviv – Nach dem Tod seiner Eltern und seines Bruders bei dem Seilbahn-Unglück am Lago Maggiore im Mai wird um den einzig überlebenden Buben in seinem Heimatland Israel ein Sorgerechtsstreit geführt. Im Fall des sechsjährigen Eitan hat am Freitag vor einem Familiengericht in Tel Aviv die zweite Anhörung begonnen. Diese fand hinter verschlossenen Türen statt. Weitere Gerichtsverhandlungen sind bereits am Samstagabend und am Sonntag angesetzt.
Wann eine Entscheidung in dem Fall zu erwarten ist, ist noch unklar. Geprüft wird, ob das Kind an seine Tante väterlicher Seite Aya Biran zurückgegeben werden soll, die von den italienischen Behörden das Sorgerecht für den Sechsjährigen erhalten hatte. Bei der ersten Gerichtsverhandlung am 23. September hatte das Familiengericht beschlossen, dass das Kind seine Zeit sowohl bei der Tante, als auch bei den Angehörigen mütterlicher Seite verbringen müsse.
Haager Kindesentführungsübereinkommen
Die Tante setzt für die Rückkehr Eitans auf eine internationale Vereinbarung, nämlich das Haager Kindesentführungsübereinkommen, dem sich sowohl Israel als auch Italien angeschlossen haben. Dieses soll Kinder vor Entführungen oder Verschleppungen in andere Länder schützen. Zudem sieht es vor, Kinder so schnell wie möglich in den Staat des bisherigen, gewohnten Aufenthalts zurückzubringen. Eitan hat vor dem Seilbahnunglück mit seiner Familie in Italien gelebt.
Der Bub war im September vom Großvater mütterlicherseits ohne Wissen des Vormunds - der Tante väterlicherseits - und entgegen einer richterlichen Anordnung mit einem Flugzeug von Italien nach Israel gebracht worden. Eitan hatte die Seilbahn-Katastrophe im Mai schwer verletzt als einziger überlebt, die Eltern, der Bruder und zwei Urgroßeltern starben. Insgesamt 14 Passagiere der Seilbahnkabine kamen ums Leben.
Ermittlungen gegen Großvater wegen Freiheitsberaubung
Gegen den Großvater ermittelt nun die Staatsanwaltschaft in der norditalienischen Stadt Pavia wegen Freiheitsberaubung. Der Israeli hatte den Buben wie verabredet für einen Besuch getroffen, am Abend aber nicht mehr zur Tante zurückgebracht. Stattdessen fuhr er Medienberichten zufolge mit einem Leihwagen in die Schweiz und flog von Lugano mit einem Privatflieger nach Israel.
Die Beziehungen zwischen den Angehörigen des Kindes sind angespannt. Die Tante behauptet, Eitan sei vom Großvater einer "Gehirnwäsche" unterzogen worden. Der Großvater bestritt in TV-Interviews, dass er das Kind entführt habe, weil er das Geld kassieren wolle, das der Bub als Entschädigung infolge des Seilbahn-Unglücks erhalten soll.
Auch religiöse Gründe stehen hinter dem Familienstreit. Die Großeltern kritisierten, dass Aya Biran das Kind in eine katholische Volksschule in Pavia eingeschrieben habe. Für die Großeltern sei dies nicht akzeptabel. Die beim Unglück gestorbenen Eltern Eitans hätten beschlossen, 2022 nach Israel zurückzukehren, nach Ende des Krankenhauspraktikums in Pavia von Eitans Vater, der in Italien Medizin studiert hatte. "Ich bin Jüdin und Israelin, und ich möchte, dass mein Enkel hier in den Traditionen seines Volkes aufwächst", betonte die Großmutter. (APA)