Afghanistan

US-Sonderbeauftragter für Afghanistan tritt nach Chaos-Abzug zurück

Der Afghanistan-Sonderbeauftragte Zalmay Khalizad hatte unter Ex-US-Präsident Trump mit den Taliban das umstrittene Abkommen ausverhandelt. Die afghanische Regierung wurde von den Verhandlungen ausgeschlossen.
© SUSAN WALSH

Das Debakel in Afghanistan hat die Regierung von US-Präsident Biden schwer unter Druck gesetzt. Nun verlässt der US-Sonderbeauftragte für das Krisenland seinen Posten. Er hatte ein hoch umstrittenes Abkommen mit den Taliban ausgehandelt – noch unter Präsident Trump.

Kabul – Nach dem chaotischen Abzug der US-Truppen aus Afghanistan tritt der US-Sonderbeauftragte für das Land, Zalmay Khalilzad, von seinem Posten zurück. US-Außenminister Antony Blinken teilte am Montagabend (Ortszeit) mit, Khalilzads bisheriger Stellvertreter Thomas West werde ihm im Amt nachfolgen. „Ich danke Botschafter Khalilzad für seinen Dienst und heiße den Sonderbeauftragten West in dieser Funktion willkommen.“

Nach der Ankündigung des US-Abzugs aus Afghanistan durch US-Präsident Joe Biden hatten die Taliban Mitte August wieder die Macht übernommen – rund zwei Wochen vor dem geplanten Ende des US-Einsatzes.#

Umstrittenes Abkommen

Khalilzad war bereits unter dem republikanischen US-Präsidenten Donald Trump Sonderbeauftragter für Afghanistan. Er war maßgeblich daran beteiligt, ein im Februar vergangenen Jahres in Doha unterzeichnetes Abkommen zwischen der Trump-Regierung und den Taliban auszuhandeln – die afghanische Regierung wurde von den Verhandlungen ausgeschlossen.

Das Abkommen sah einen vollständigen Abzug der US-Truppen bereits Ende Mai diesen Jahres vor und bereitete der erneuten Machtübernahme der Taliban nach Ansicht von Experten den Weg. Der Demokrat Biden kündigte im April ein Ende des Einsatzes für Ende August an, knüpfte daran aber keine Bedingungen für die Taliban. Der Vormarsch der militanten Islamisten gewann daraufhin an Geschwindigkeit.

Nach der Machtübernahme der Taliban in Kabul kam es zu chaotischen Evakuierungen am Flughafen der Hauptstadt. Kurz vor dem Ende der US-Evakuierungsmission wurden bei einem Anschlag am Flughafen 13 US-Soldaten und Dutzende Afghanen getötet.

Regierung Biden unter Druck

Bidens Regierung ist wegen des Debakels in Afghanistan unter massiven Druck geraten. Der Präsident argumentierte, er habe vor der Wahl gestanden, die Truppen abzuziehen oder den Krieg gegen die Taliban zu eskalieren. Experten hatten allerdings mehrere Wege aufgezeigt, die zwischen diesen beiden Extremen gelegen hätten. Für Unmut in europäischen Regierungen sorgte, dass Biden den Abzug der US-Truppen und damit das Ende des internationalen Einsatzes eigenmächtig und trotz der gewaltigen Bedenken von Verbündeten beschloss.

Für den gebürtigen Afghanen Khalilzad (70) könnte der Rücktritt das Ende einer langen diplomatischen Karriere bedeuten. Er trat 1985 in das US-Außenministerium ein. Von 2003 bis 2005 war US-Botschafter in Afghanistan, in den beiden darauffolgenden Jahre vertrat er die Vereinigten Staaten im Irak. Daraufhin war er bis 2009 US-Botschafter bei den Vereinten Nationen in New York. Zum Sonderbeauftragten für Afghanistan wurde er von der Trump-Regierung im September 2018 ernannt. Unter der Biden-Regierung behielt er den Posten bei.

Russland berät mit China und Pakistan über Afghanistan

Russland berät indes am Dienstag mit Vertretern Chinas und Pakistans über die Lage in Afghanistan. Es gehe darum zu versuchen, „eine gemeinsame Position zu der sich wandelnden Situation in Afghanistan auszuarbeiten“, hatte der Afghanistan-Beauftragte des Kremls, Samir Kabulow, am Freitag gesagt. Ursprünglich sollten auch die USA bei den Gesprächen vertreten sein. Ein Sprecher des US-Außenministeriums erklärte am Montag, die USA würden aus logistischen Gründen nicht teilnehmen.

Für Mittwoch sind Gespräche russischer Vertreter mit den radikalislamischen Taliban darüber geplant, wie eine humanitäre Krise in Afghanistan abgewendet werden kann. Russland befürchtet, dass sich von Afghanistan aus die Jihadistenmiliz IS (Daesh) weiter in Zentralasien ausbreitet. (dpa/APA/AFP, TT.com)

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