Betrugsverdacht

Richard Seeber erlebte Prozess wie Achterbahn, Ehefrau verteidigte ihn

Die zwei Angeklagten mit ihren Verteidigern.
© Reinhard Fellner

Der zweite Prozesstag startete mit der Befragung von Seebers Ehefrau. Der ehemalige ÖVP-EU-Abgeordnete soll Berater ohne Gegenleistung bezahlt haben. Ein Urteil gibt es noch nicht – der Prozess wurde am Mittwoch vertagt.

Von Reinhard Fellner

Innsbruck – Der von der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwalt (WKStA) geführte Betrugsprozess rund um angeklagte Scheinrechnungen von Ex-EU-Parlamentarier Richard Seeber und einen ihm bekannten Physiker aus Rumänien ging gestern am Landesgericht in die zweite Runde. 14 Zeugen standen auf der Ladungsliste von Richter Andreas Mair. Nicht alle erschienen – dafür trennten sich die Anwesenden in Freund und Feind.

So waren nicht alle ehemaligen Brüssel-Assistenten von Seeber begeistert: „Er war ein schlechter Chef! Die Kollegin war immer wieder in Tränen ausgebrochen, weil der Umgangston so aggressiv war. Dazu waren wir unter den ÖVP-Abgeordneten die am schlechtesten bezahlten Mitarbeiter“, führte ein einstiger Assistent aus, der es mittlerweile in Brüssel zum Top-Lobbyisten gebracht hat. Der berufliche Werdegang eint ihn mit den meisten der einstigen Seeber-Assistenten. Auch, dass diese von den dem EU-Parlament verrechneten Beratungsleistungen des zweitangeklagten Rumänen rein nichts mitbekommen haben wollten.

Dieser Umstand ermöglichte freilich Seeber-Verteidiger Markus Orgler zu hinterfragen, warum ein Abgeordneter nicht immer vorbehaltloses Vertrauen zu seinen Assistenten in Brüssel haben muss. „Gate Keeper“ werden sie dort von den Lobbyisten genannt, da sie nicht nur Türen zu Abgeordneten öffnen, sondern auch deren Ideen aufsaugen können. Besonderen Argwohn hatte sich Seeber hierbei insbesondere bei zwei Mitarbeiterinnen zugezogen. Vieles im Büro erschien ihnen hinterfragenswert.

Als dann auch noch eine Rechnung an den Rumänen – er hatte damals auch ein Reisebüro geleitet – über 14.000 Euro auf dem Tisch lag, war für sie das Fass übergelaufen. Trotzdem brauchte es fast drei Jahre, bis sich das Duo zur Anzeige bei der WKStA entschlossen hatte: „Aus mehreren Irritationen heraus haben wir uns dazu entschlossen, diese Sachverhalte einer strafrechtlichen Überprüfung unterziehen zu lassen.“ Völlig gegenteilig wiederum andere Mitarbeiterinnen: „Einer, der fragt, wie es einem geht oder ob man etwas trinken mag, ist im politischen Geschäft selten!“

Rein formal gedacht indes die Ausführungen des einstigen Beamten der Abrechnungsstelle im EU-Parlament: Demnach habe Seeber, gleich wie alle anderen Abgeordneten, nach den Vergütungsregeln der EU abgerechnet – und zwar jeweils ohne Beanstandung. Bezeichnung der Rechnungen und Themen im Parlament passten zusammen, mehr durfte auch nicht kontrolliert werden. „Es geht ja um Ausübung des freien Mandats, das nicht behindert werden darf. Der Abgeordnete ist zudem frei in der Auswahl seiner Berater.“

Dagegen hätte ja auch Oberstaatsanwalt Wolfgang Handler nichts. Um aber das Fehlen von Beratungsleistungen zu beweisen, wird deshalb noch eine Hauptbelatungszeugin geladen. Mit ihr wird am 8. November oder 13. Dezember ein Urteil ergehen.

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