Tabufreies Kunstverständnis in Imst, ohne dabei zu beeinflussen
In Imst bekommt die Initiative zur Kunstvermittlung in der Galerie Hörmann viel Applaus. Barrierefreiheit und Offenheit sind dabei Programm.
Von Thomas Parth
Imst – Der Zugang zu Kunst und das Verständnis von Kunst werden von vielen Faktoren beeinflusst und geprägt. Oft spielen Geschlecht, Herkunft, Sozialisation oder Religion eine wichtige Rolle. Wenn die Kulturabteilung der Stadt Imst nun „Kunstvermittlung neu“ in Angriff nimmt, soll „Kunst für alle“ zugänglich gemacht werden. „Diese Einladung gilt für Menschen mit besonderen Bedürfnissen gleich wie für besonders junge oder ältere Imsterinnen und Imster“, stellt Kulturmanagerin Kathrin Deisenberger vorab klar. Gemeinsam mit Künstlerin Gabriella Schatz möchte sie „Schwellenängste vor der Kunstwelt“ gar nicht erst aufkommen lassen oder diese zumindest verringern.
„Mit dem Kunstvermittlungsprogramm möchten wir ein inklusives und niederschwelliges Angebot bieten, um allen Interessierten Kunstgenuss zu ermöglichen und neugierig auf Kunst zu machen“, bestätigt Schatz. Der „Testlauf“ erfolgt aktuell durch die Ausstellung von Erwin Reheis in der Städtischen Galerie Theodor von Hörmann. „Wir haben uns sehr gefreut, Kinder des Kindergartens Tapperlix und Erwachsene von ProMente-Tirol in der Galerie begrüßen zu dürfen“, kann Deisenberger von ersten Erfolgen berichten. Interessant dabei war für die Kunstvermittlerinnen, dass die Wahrnehmung von Kunst durch Erwachsene und Kinder durchaus zu lebhaftem Austausch führen kann. Was sind die Aufgaben einer Galerie oder eines Museums? Was kann eine Ausstellung bewirken? Was hat den Künstler zu seinem Werk inspiriert, welche Erlebnisse haben ihn geprägt und letztlich zur Kunst geführt? „Wir hatten durchaus auch lustige Momente, als Kinder lernten, dass man manche Kunstwerke besser nicht anfassen sollte.“
In der Kunst liege vieles im Auge des Betrachters. „Etwas zulassen“ oder „Meinungen und Betrachtungsweisen gelten lassen“ seien in der Kunstvermittlung sehr wichtig. „In den seltensten Fällen weiß selbst der Künstler noch, was er sich in dem Moment des Schaffensprozesses gedacht hat. Wohl aber können seine Beweggründe und seine Biografie Rückschlüsse auf einzelne Kunstwerke zulassen“, weiß die Kulturmanagerin.
„Das Angebot findet in der Galerie statt, wobei es für alle Kindergartenkinder ihr erster Besuch bei uns war. Sie konnten das Flair der Ausstellung erstmalig genießen. Allein das ist ein besonderes Erlebnis“, freut sich Deisenberger. Sie sieht das Angebot der Stadt als Ergänzung zum Kunstunterricht an Schulen. Man freue sich auf die Zusammenarbeit mit Pädagogen und Schülern gleichermaßen.
Schon bisher wurden Kunst und Kultur aktiv vermittelt, z. B. durch Museumsführungen etc. – neu ist die Orientierung an verschiedenen Zielgruppen. Angst vor Tabus haben dabei weder Deisenberger noch Schatz. Während die Wiener Museen dieser Tage auf einer Erotikplattform für unzensierte Kunst werben, sieht man „Nacktheit“ in Imst betont gelassen: „Wir denken nicht, dass Nacktheit in der Kunst, im Gegensatz zu Pornografie, etwas ist, vor dem man Kinder beschützen muss. Man kann dies, wie alles andere auch, neutral besprechen, ohne zu tabuisieren.“ Kunstvermittlung müsse aufzeigen, welche Grundsätze und Ideale der Kunst zugrunde liegen, ohne aber zu politisieren oder gar zu indoktrinieren.