Mutige Kunst im Dach der Schwazer Stadtpfarrkirche
Im geschichtsträchtigen Dachstuhl der Schwazer Stadtpfarrkirche wird ein neues Kapitel aufgeschlagen. Eine Ausstellung zeigt eine kunstvolle Verwandlung.
Von Eva-Maria Fankhauser
Schwaz – Eine schmale Wendeltreppe führt in der Schwazer Stadtfparrkirche Maria Himmelfahrt hinauf zum wohl größten noch erhaltenen Holzdachstuhl aus dem Mittelalter. Das alte Gebälk erstreckt sich über fünf Stockwerke und bietet einen imposanten Blick. Doch seit Freitagabend gilt die Aufmerksamkeit der Besucher dort nicht mehr nur dem rund 500 Jahre alten Konstrukt, sondern auch dem, was dazwischen hängt. Denn die Schwazer Künstlerin Susanne Liner stellt im Dachstuhl der Schwazer Pfarrkiche ihre neuesten Werke aus.
Ihre Augen funkeln, die schwarzen Locken wippen hin und her, während sie nachdenklich den Kopf schief legt. Mit ruhiger Stimme erzählt sie, was hinter ihren Bildern steckt. Versucht, die vielen Stunden Arbeit in Worte zu fassen. Denn die Künstlerin hat die Vergänglichkeit und das Endliche des sinnlichen Lebens auf die Leinwand gebracht. Und zwar auf ganz spezielle Art. Zum einen sind ihre Werke so klar, körperlich und wissenschaftlich, und zum anderen doch so philosophisch, vielschichtig und emotional. Sie malt das „Zuendesein“ als Metamorphose zu etwas Neuem – von der Raupe zum Schmetterling. „Es ist eine Innenschau, in der man selbst erforschen kann, was es in einem auslöst“, sagt Liner.
Dass ihre Bilder an diesem besonderen Ort ausgestellt werden, ist kein Zufall. Schon während des Malens wurde ihr bewusst, dass das der perfekte Ort ist. „Es ist dieser Zwischenraum, wo man sonst nicht hinkommt“, verrät sie die Parallele zu ihren Werken. Pfarrer Martin Müller zeigte sich sofort begeistert von der Idee. „Ich finde es super, dass die Kirche diesem Thema hier Raum gibt und dadurch eine neue Behandlung und Sichtweise zulässt“, sagt Liner.
Es gab aber auch kritische Stimmen, dass solche Bilder nicht in eine Kirche passen. Doch Liner ließ sich nicht unterkriegen. „Jede Resonanz ist gut und bringt Bewegung ins Thema“, meint sie gelassen. Das Feedback bei der Vernissage am Freitagabend war durchwegs positiv. Viele Besucher waren beeindruckt von der Wirkung ihrer Bilder in diesem besonderen Ambiente. Wie Licht und Schatten, die verschiedenen Ebenen und die besonderen Farbelemente miteinander harmonieren. Denn Liner setzt bei ihren 16 ausgestellten Bildern neben geschäumter Farbe u. a. auch fluoreszierende Farbe ein, wodurch so manches Werk je nach Betrachtungswinkel und Lichteinfall noch einmal anders wirken kann.
Sie hat aber nicht nur Farbe auf die Leinwand gebracht, sondern auch sehr viel Gefühl. Verarbeitet die Schwazerin doch darin auch den Tod ihrer Oma und ihres Vaters. Es waren keine leichten Pinselstriche, doch „es musste raus“. Und damit meint sie gar nicht so sehr die Trauer, sondern: „Es war wie eine Lernaufgabe für mich. Ich habe mich gefragt, was man aus diesem Prozess des Sterbens lernen kann.“ Sie hat die beiden Todesfälle ganz unterschiedlich wahrgenommen und diese bewegenden Momente malerisch festgehalten, verarbeitet, aber auch weiterentwickelt und etwas Neues geschaffen.
Hinter ihren Arbeiten steckt viel Recherche, Wissen und Erfahrung. Und, wenn sie so weit ist, dann lässt sie die Inspiration einfach fließen. „Das kann ich dann schwer beschreiben, diese Bilder gehen dann einfach durch mich durch“, erklärt Liner. Die Bilder für diese Ausstellung waren teils sehr „intensiv“ für sie. Monatelange Arbeit steckt in jedem der 16 Werke. „Aber es war eine sehr erweiternde Zeit für mich. Die Bilder sind oft meine Lehrer, sie haben mich viel gelehrt.“
Zu sehen ist die Ausstellung „Ende Sein_im großen Raum dazwischen“ am Staatsfeiertag von 11 bis 19 Uhr sowie jeden Freitag im November von 15.30 bis 18.45 Uhr.