Studie

Vorfälle mit Waffengewalt in den USA stiegen während Pandemie deutlich an

Die Zahl der Polizeieinsätze aufgrund von Delikten mit Waffengewalt hat in den USA deutlich zugenommen.
© NICHOLAS KAMM

Im Jahresvergleich hat sich die Zahl der Delikte mit Waffengewalt fast um ein Drittel erhöht. Die Studienautoren führen dies zurück auf die sozialen Auswirkungen der Pandemie-Maßnahmen.

Washington – Waffengewalt ist in den USA seit vielen Jahren ein riesiges Problem. Mit der Covid-19-Pandemie ist es offenbar noch größer geworden. In den USA ist es im ersten Jahr der Pandemie zu einem deutlichen Anstieg gekommen. Die Anzahl der Delikte, Verletzten und Todesfälle hat sich im Vergleich zum Vorjahr im fast ein Drittel erhöht. Das hat eine Analyse von „Scientific Reports“ ergeben.

„Ein erster Hinweis war eine Zunahme von Waffenkäufen. Allein von März bis Juni vergangenen Jahres hat das FBI 13,7 Millionen Anträge auf einen Waffenkauf geprüft, 42 Prozent mehr als im Vorjahr. Die Auswirkungen zeigten sich unmittelbar in einem Anstieg der Gewalttaten“, schrieb das Deutsche Ärzteblatt jetzt mit Hinweis auf die Studie.

In Philadelphia sei es bereits im März 2020 zu 141 Schießereien, der höchsten Zahl der vergangenen fünf Jahre, gekommen. Auch in anderen Großstädten hätte die Polizei häufiger wegen eines Schusswaffengebrauchs ausrücken müssen. Der Gipfel wurde in den Sommermonaten vergangen Jahres erreicht. Die Zahl der Delikte war um mehr als 45 Prozent höher als in den Jahren zuvor.

Zahl der Todesfälle stieg um knapp 30 Prozent

Das US-“Gun Violence Archive“ (GVA), eine regierungsunabhängige Organisation, die Polizeistatistiken auswertet, hat für den Zeitraum von März 2020 bis Ende März 2021 insgesamt 51.063 derartige Gewalttaten in den USA ermittelt. In den 13 Monaten davor waren es 38.919 gewesen. Das bedeutete einen Anstieg um 31 Prozent. Die Zahl der Todesfälle stieg von 16.687 auf 21.504, also um 29 Prozent. Die Zahl der Verletzten erhöhte sich von 32.348 auf 43.288, damit um 34 Prozent. Zu einem hohen Anteil ging der Anstieg auf Suizide zurück.

„Laut den Resultaten gab es in 28 US-Bundesstaaten inklusive Pennsylvania eine signifikant höhere Zahl von Schusswaffengebrauchs mit gewaltsamen Charakter während des ersten Jahres der Pandemie. In manchen Bundesländern wie Minnesota, Michigan und New York erhöhte sich die Zahl sogar um mehr als hundert Prozent. Auf der anderen Seite war Alaska der einzige Bundesstaaten mit signifikant weniger Waffengewalt während der Pandemie“, hieß es in einer Aussendung der US-Universität.

Forscher führen Anstieg auf Pandemie-Maßnahmen zurück

Das Wissenschafterteam um Paddy Ssentongo vom „Penn State Center for Neural Engineering in Hershey/Pennsylvania“ führt den Anstieg auf den Lockdown und Maßnahmen zur sozialen Distanzierung zurück. Auch wenn diese Maßnahmen von entscheidender Bedeutung seien, um die Ausbreitung von Covid-19 einzudämmen, müsse sich die Gesellschaft der unbeabsichtigten sozialen und wirtschaftlichen Stressoren bewusst sein, die zu Waffengewalt führen könnten, schrieb Ssentongo.

Andere Studien hatten auf einen erheblichen Anstieg von depressiven Symptomen in der Bevölkerung hingewiesen. Anders als von der Öffentlichkeit wahrgenommen, richtete sich die Waffengewalt nicht überwiegend gegen andere Menschen, sondern gegen den Waffenbesitzer selbst. Von den 36.382 Todesfällen, die das GVA in diesem Jahr bis zum 24. Oktober registrierte, entfielen 19.602 oder 53,9 Prozent auf Suizide. (APA)

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