Nach Tod am Filmset: Regieassistent räumt Fehler bei Waffen-Check ein
Dave Halls gab laut einem am Mittwoch veröffentlichten Vernehmungsprotokoll gegenüber der Polizei an, er habe nicht alle Kugeln in der Trommel des Revolvers kontrolliert. In der Waffe befand sich offenbar scharfe Munition.
Santa Fe (New Mexico) – Nach dem tödlichen Schuss von Hollywood-Schauspieler Alec Baldwin auf eine Kamerafrau bei Dreharbeiten hat der Regieassistent einen Fehler bei der Überprüfung der Requisitenwaffe eingeräumt. Dave Halls gab laut einem am Mittwoch veröffentlichten Vernehmungsprotokoll gegenüber der Polizei an, er habe nicht alle Kugeln in der Trommel des Revolvers kontrolliert. In der Waffe befand sich offenbar scharfe Munition.
Kamerafrau Halyna Hutchins wurde nach Polizeiangaben durch ein "Bleiprojektil" getötet. Halls hatte Baldwin vor dem tödlichen Schuss vergangene Woche den Colt .45 gereicht und von einer "cold gun" (kalten Waffe) gesprochen. Gemeint ist damit eine Schusswaffe, in der sich keine scharfe Munition befindet und die deswegen sicher ist.
Der Regieassistent hatte die Waffe aber offenbar nicht ausreichend überprüft. "Er konnte sich nur daran erinnern, drei Kugeln gesehen zu haben", schreibt ein Ermittler in dem bei Gericht vorgelegten Vernehmungsprotokoll. "Er sagte, dass er sie alle hätte überprüfen müssen, es aber nicht tat, und konnte sich nicht daran erinnern, ob sie (Waffenmeisterin Hannah Gutierrez-Reed) die Trommel drehte."
Echte Kugel im Revolver
Baldwin hatte vergangene Woche während der Dreharbeiten zu dem Western "Rust" offenbar versehentlich die Kamerafrau Hutchins erschossen, als er bei einer Probe die Requisitenwaffe abfeuerte. Die 42-Jährige starb kurz nach dem Vorfall im Krankenhaus. Regisseur Joel Souza wurde an der Schulter getroffen und verletzt.
Sheriff Adan Mendoza sagte am Mittwoch bei einer Pressekonferenz in Santa Fe im Bundesstaat New Mexico, in dem Revolver habe sich offenbar eine echte Kugel befunden. Demnach wurde in Souzas Schulter ein Bleiprojektil gefunden – mutmaßlich das selbe Projektil, das Hutchins tötete und dann den hinter ihr stehenden Regisseur traf. Genaueres sollen weitere Untersuchungen ergeben.
Unklar ist, wie scharfe Munition in den Colt gelangen konnte. Am Filmset stellte die Polizei 500 Kugeln sicher, eine "Mischung" aus Platzpatronen, Patronenattrappen und vermutlich auch echten Kugeln, wie Sheriff Mendoza sagte. "Wir werden feststellen, wie sie (die echten Kugeln) dort hingekommen sind, warum sie da waren, denn sie hätten nicht dort sein sollen." Offenbar habe es am Filmset eine gewisse "Nachlässigkeit" gegeben.
Waffenmeisterin Gutierrez-Reed sagte den Ermittlern laut dem Vernehmungsprotokoll, sie habe die Waffen am Set während der Mittagspause vor dem Unfall in einem Safe gelagert, nicht aber die Munition. Die 24-Jährige gab demnach auch an, dass am Filmset "nie" echte Kugeln aufbewahrt würden. Die Branchen-Website The Wrap hatte zuletzt allerdings berichtet, Mitglieder der Filmcrew hätten nur Stunden vor dem tödlichen Vorfall mit Requisitenwaffen und scharfer Munition Schießübungen auf Dosen gemacht.
Bisher weder Festnahmen noch Anklagen
Bisher gab es in dem Fall weder Festnahmen noch Anklagen. Die zuständige Staatsanwältin Mary Carmack-Altwies schloss am Mittwoch aber mögliche Strafverfahren gegen Baldwin oder andere Beteiligte nicht aus.
"Alle Optionen liegen derzeit auf dem Tisch", sagte sie bei der Pressekonferenz an der Seite von Sheriff Mendoza. "Zum jetzigen Zeitpunkt schließen wir niemanden aus." Eine Entscheidung über eine mögliche Anklageerhebung werde aber erst zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen, wenn die Ermittlungen weiter vorangeschritten seien. Rechtsexperten halten es allerdings für unwahrscheinlich, dass Baldwin strafrechtliche Konsequenzen drohen – auch wenn zivilrechtliche Folgen möglich sind, zumal Baldwin auch Produzent ist.
Bei den Dreharbeiten hatte es Medienberichten zufolge bereits vor dem tödlichen Vorfall Sicherheitsprobleme geben. Zuletzt wurde außerdem bekannt, dass Regieassistent Halls wegen eines Schusswaffen-Unfalls bereits vor zwei Jahren bei einer anderen Produktion gefeuert worden war. (APA/AFP)