Feinstaub

Der Tod liegt in der Luft: Tiroler Umweltmediziner fordert Maßnahmen

Steht die Luft im Inntal, verwandelt sich Tirols Landeshauptstadt in einen Schadstoff-Kessel.
© Paumgartten

Laut Europäischer Umweltagentur verursacht Luftverschmutzung in Österreich jährlich 6100 vorzeitige Todesfälle. Tiroler Umweltmediziner Heinz Fuchsig fordert Maßnahmen.

Von Nikolaus Paumgartten

Innsbruck – Feinstaub, Stickstoffdioxid (NO2) und Ozon sind es, die in Österreich jährlich 69 Menschen pro 100.000 Einwohner vorzeitig das Leben kosten – in Summe entspricht das rund 6100 Todesfällen pro Jahr. In elf anderen EU-Staaten ist die Zahl der Todesopfer im Verhältnis zur Bevölkerungszahl niedriger als in Österreich, kommentiert der Verkehrsclub Österreich (VCÖ) die neuesten Zahlen der europäischen Umweltagentur. „Wenn Österreich die neuen Luftqualitätsrichtlinien der Weltgesundheitsorganisation WHO erreicht, können 2900 vorzeitige Todesfälle vermieden werden“, so der VCÖ in einer Aussendung. Er fordert verstärkte Maßnahmen zur Reduktion des Auto- und Lkw-Verkehrs in den Ballungsräumen.

Der Tiroler Umweltmediziner Heinz Fuchsig warnt seit vielen Jahren vor den gesundheitlichen Auswirkungen der Schadstoffe in der Luft. Er bezeichnet die jüngsten Zahlen als realistisch und betont gleichzeitig das Leid und den wirtschaftlichen Schaden, der durch die Krankheiten verursacht wird, die im Zusammenhang mit der Luftverschmutzung stehen.

Im Ranking der größten Krankmacher reiht er mit Verweis auf Studien den Feinstaub mit Abstand auf den ersten Platz. „Feinstaub verursacht 90 Prozent der Schäden, NO2 und das vor allem daraus gebildete Ozon je fünf Prozent“, so Fuchsig. Viele der epidemiologisch den Stickoxiden zugeschriebenen Wirkungen würden nämlich von ultrafeinen Partikeln verursacht, betont der Umweltmediziner. Die Belastung durch Feinstaub wirke sich bei Schwangeren erwiesenermaßen auf das Geburtsgewicht aus, ebenso sind Fehlgeburten, Missbildungen und Folgekrankheiten vor allem der Lunge ein Resultat von Feinstaubbelastung. Bei Kindern werden Atemwege geschädigt und das Lungenwachstum beeinträchtigt. Spätfolgen für das Gehirn sind zumindest nicht ausgeschlossen. Für Erwachsene bringt laut Fuchsig der Feinstaub Erkrankungen der Atemwege und des Herz- Kreislauf-Systems. Er führt zu einer erhöhte Sterblichkeit und Krebs. Laut einer Studie (Harvard 2016) haben Lkw- und Baggerfahrer demnach ein vierfaches Risiko, an Lungenkrebs zu erkranken.

Nachrüsten als wichtigste Maßnahme

„Wichtigste Maßnahme – nicht nur für die Gesundheit, sondern auch für das Klima – ist ein Nachrüsten der großen Stinker-Lkw und Baumaschinen“, so Fuchsig. „Rund 50 Prozent der Lkw bei uns und zwei Drittel der großen Baumaschinen sind noch ohne Filter, bei den Pkw sind es nur noch 15 Prozent.“ Der IGL-100er bringe von den Schadstoffen her wenig. Wichtig wäre es, diesen durch einen 80er für Klein-Lkw zu ergänzen. „Diese emittieren bereits bei Tempo 100 aufgrund des schlechten Luftwiderstands um 34 Prozent mehr CO2 und Schadstoffe als bei Tempo 80 – pro Kilometer natürlich“, sagt Fuchsig.

Für bessere Luft in den eigenen vier Wänden rät der Mediziner zum Lüften. „Aber nicht zu viel“, wie er betont, „Partikel und Viren bleiben an trockenen Schleimhäuten kleben, wenn die Luft zu trocken ist.“ Krankenhäuser würden derzeit den Fehler machen, die Infektionsraten mit Covid durch zu viel Lüften sogar noch hinaufzutreiben, solange kein Nachbefeuchten der eingeblasenen Luft erfolgt. „Auch die Schwere von Covid wird durch Schadstoffbelastung deutlich größer. Die Lombardei war in der Todeswelle im Februar 2020 auch Feinstaubhochburg Europas“, erinnert Fuchsig. „Um die Überlastung der Intensivstationen zu verringern, sollte daher nun auch ein Verbot von Holzheizungen als Zweitheizung (Zusatzöfen, Anm.) ausgesprochen werden – wie das bereits in Südtirol üblich war.“

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