Gezerre um Schulbetrieb im Lockdown in Salzburg und OÖ
Die türkis-grüne Bundesregierung hat zwar betont, Schulen unter allen Umständen offen lassen zu wollen. Zumindest in Salzburg wird das nun als Teil des mit Oberösterreich abgestimmten Lockdowns infrage gestellt, Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) versucht das abzuwenden.
Wien – Die Schulen in Salzburg und Oberösterreich bleiben trotz Lockdown ab Montag offen. Inwieweit die Schüler aber auch in die Schule kommen sollen, darüber herrschte zwischen den Landeshauptleuten Wilfried Haslauer und Thomas Stelzer auf der einen und Bildungsminister Heinz Faßmann (alle drei ÖVP) auf der anderen Seite am Donnerstagabend weiter eine ganz unterschiedliche Auffassung. Für das zuständige Bildungsressort ist klar: Der Unterricht findet statt.
Faßmann: „Schulen bleiben offen", Teilnahme freiwillig
„Der Unterricht in den Schulen findet statt", fasste Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) die laut ihm mit Salzburg und Oberösterreich vereinbarte Regelung zusammen. In einem Schreiben an die Schulleitungen der beiden Bundesländer wird auch betont, dass der Stundenplan trotz Lockdown aufrecht bleibe – für alle Schulstufen. „Die Schule bleibt für einen den Umständen angebrachten Schulbetrieb offen."
Die entsprechende Verordnung bzw. der Erlass des Ministeriums sollen „so schnell wie möglich nachgereicht werden". Für eine gewisse „Entdichtung" sollen ab Montag aber alle Schüler, die wegen des hohen Infektionsgeschehens derzeit nicht am Präsenzunterricht teilnehmen wollen, zu Hause lernen dürfen. Über den Lernstoff sollen sie sich bei den Lehrern informieren und bei entsprechenden technischen Voraussetzungen auf Eigeninitiative freiwillig auch virtuell am Unterricht teilnehmen können.
Haslauer spricht von Homeschooling, nur nötige Betreuung
In den vom Lockdown betroffenen Bundesländern geht der Wunsch nach „Entdichtung" aber deutlich weiter: Schulen und Kindergärten in Salzburg sollten angesichts der hohen Infektionszahlen besonders bei den 5- bis 15-Jährigen grundsätzlich geschlossen bleiben, erklärte Haslauer und sprach explizit von einem Wechsel ins Homeschooling. „Schulen werden aus derzeitiger Sicht nur für eine absolut nötige Betreuung offen bleiben." Das gelte etwa für die Kinder von Schlüsselarbeitskräften oder Schüler mit Lernrückständen. Der Schulbesuch solle „im Prinzip aber nicht der Regelfall" sein, so der Salzburger Landeshauptmann.
In einer Aussendung des Landes Salzburg wurde dann am Abend zwar betont: „Für alle jene, die die Schule brauchen, bleibt diese auch offen." Eltern, die ihre Kinder daheim betreuen können, seien allerdings aufgerufen ihre Kinder nicht in die Schule zu schicken, um die Neuinfektionen zu senken und damit die Spitäler und deren Personal zu entlasten.
Bildungslandesrätin Daniela Gutschi (ÖVP) betonte am Abend, dass Lehrerinnen und Lehrer aus aktueller Sicht grundsätzlich an den Schulen sein und unterrichten würden. Es sollten aber nur jene Schüler in die Schule kommen, die es auch brauchen. Für alle anderen zu Hause gelte es, den Unterricht so gut wie möglich zu organisieren. „Wir bemühen uns sinnvolle und gute Angebote zu schaffen – etwa mit Lernpaketen", sagte sie zur APA. Distance Learning sei möglich, werde aber nicht flächendeckend verordnet. Angesichts der hohen Infektionszahlen auch an den Schulen handle es sich beim Lockdown um keine bildungspolitische, sondern um eine gesundheitspolitische Maßnahme.
📽️ Video | Uneinigkeit über Schulschließungen:
Auch Oberösterreich sucht Kompromiss
In Oberösterreich bleiben die Schulen und Kinderbildungseinrichtungen nach offiziellem Wording zwar offen und es soll auch Unterricht geben. Das Land will die Eltern aber bitten, wenn es möglich ist, die Kinder zu Hause zu lassen. Hintergrund dieser widersprüchlichen Regelung sind die rechtlichen Zuständigkeiten: „Wenn wir (als Land aufgrund des Epidemiegesetzes, Anm.) die Schulen schließen würden, wären auch die Räume zugesperrt", erklärte LHStv. Christine Haberlander (ÖVP). Dann könnte man auch jenen, die dringend Betreuung für die Kinder brauchen, kein Angebot machen. Andererseits könne das Land auch nicht alle oberösterreichischen Schüler ins Distance Learning schicken. Das könne nur der Bildungsminister, hieß es dazu aus ihrem Büro. Allerdings gebe es Distance Learning aufgrund von Quarantänen ohnehin bereits in vielen Klassen.
Ab Montag soll es auch Lernpakete geben, um zu Hause lernen zu können. Aber selbstverständlich würden alle, die Betreuung oder Unterricht brauchen, diesen bekommen, wurde betont. In der Verordnung des Bildungsministers werde dieser Kompromiss als ein „den Umständen angemessenes Offenhalten" bezeichnet, erklärte sie. Es gelte in allen Schulstufen Maskenpflicht. Unis und Fachhochschulen gehen ins Distance Learning.
Schülervertreter: Distance Learning als letzte Option
Stimmung für ein Offenlassen der Schulen machte neben den Bildungsreferenten der Länder, die nach ihrer gestrigen Sitzung vor den Folgen einer Umstellung auf Distance Learning gewarnt hatten, auch für die Bundesschülervertretung. Für sie können Schulschließungen nur die letzte Option sein. Der Bundesverband der Elternvereine an mittleren und höheren Schulen (BEV) pochte darauf, dass die Schulen – wie von der Bundesregierung versprochen – der letzte Bereich sein dürften, der geschlossen wird. „Sollte es keinen vollständigen Lockdown geben, sollte auch der Präsenzunterricht aufrechterhalten bleiben." Bei einer Umstellung auf Fernunterricht müsse dieser zumindest möglichst sinnvoll gestaltet werden, um den Kindern weiterhin Struktur zu geben. Auch die Industriellenvereinigung (IV) betonte, dass „pauschale Schulschließungen" möglichst vermieden werden müssten.
Unterdessen mehren sich bei den Lehrerinnen und Lehrern Stimmen für eine Schließung der Schulen. Nach den Unabhängigen LehrergewerkschafterInnen (ÖLI-UG), die gestern eine zweiwöchige Umstellung auf Distance Learning eingemahnt haben, hat am Donnerstag auch der Sozialdemokratische LehrerInnenverein (SLÖ) ein Ende des „Zweckoptimismus" an den Schulen gefordert: „Wenn die Politik Zustände wie in Salzburg und Oberösterreich den anderen Bundesländern ersparen möchte und den allgemeinen Lockdown verordnet, darf die Schule als derzeitiges Hochrisikogebiet nicht ausgespart werden, auch wenn wir immer den Präsenzunterricht präferiert haben."
Die AHS-Vertreter der Fraktion Christlicher Gewerkschafter (FCG) haben unterdessen gemeinsam mit der Österreichischen Professorenunion (ÖPU) für den Fall eines allgemeinen Lockdowns bei gleichzeitig offenen Bildungseinrichtungen gefordert, dass Schulen „nur in absoluten Notfällen als Betreuungseinrichtungen zur Verfügung stehen" sollen. Außerdem plädieren sie bei diesem Szenario für eine FFP2-Maskenpflicht im gesamten Schulgebäude auch schon für Unterstufenschüler, drei PCR-Tests pro Woche für alle Personen an der Schule, sofortige Angebote für die Booster-Impfung für Lehrer und verwehren sich gegen eine Doppelbelastung der Lehrer durch Hybridunterricht. (APA)