BWB-Chef Thanner zieht sich zurück, Stellvertreterin übernimmt
„Zeit Verantwortung abzugeben." Die Amtszeit des BWB-Chefs endet Mitte 2022. Die stellvertretende Generaldirektorin übernimmt interimistisch. Zuletzt gab es Streit um Unabhängigkeit mit Ministerin Schramböck.
Wien – Der langjährige Chef der Bundeswettbewerbsbehörde (BWB), Theodor Thanner, zieht sich zurück. "Ab sofort bis zur Entscheidung der Nachfolge wird die stellvertretende Generaldirektorin, Dr. Natalie Harsdorf Borsch, die Leitung der BWB interimistisch innehaben", teilte die Kartellbehörde am Dienstag mit. Zuletzt lieferte sich Thanner mit Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP) eine öffentliche Auseinandersetzung um die Unabhängigkeit der BWB.
Der 61-jährige Jurist, der seit 2007 an der Spitze der BWB stand, sprach gegenüber der APA vom "Zug der Zeit". Thanners dritte Amtszeit läuft noch bis 30. Juni 2022. Wer ihm nachfolgt, soll sich im Frühjahr entscheiden. Ausschreibung und Bewerbungsverfahren sind für Anfang nächsten Jahres geplant.
Thanner erklärte am Dienstag, für keine weitere Funktionsperiode zur Verfügung zu stehen. "Nach 15 erfolgreichen Jahren als Generaldirektor für Wettbewerb und Leiter der Bundeswettbewerbsbehörde ist es an der Zeit, die Verantwortung für die BWB und die Leitung der BWB abzugeben." Er will sich nun "neuen Aufgaben" zuwenden. Konkret wird Thanner per 1. März 2022 in Pension gehen und bis dahin Urlaub abbauen.
Thanner war 2007 unter ÖVP-Wirtschaftsminister Martin Bartenstein Generaldirektor der BWB geworden. 2012 und 2017 wurde er vom damaligen Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP) wieder bestellt. Davor war Thanner unter anderem Kabinettschef von Innenminister Ernst Strasser (ÖVP) und Kanzleichef von Salzburgs Landeshauptmannes Hans Katschthaler (ÖVP).
Unter Thanner war die BWB eine schlagkräftige Ermittlungsbehörde geworden, deckte mehrere Kartelle etwa im Lebensmittelhandel auf und führte über hundert Hausdurchsuchungen durch. Zuletzt waren die Wettbewerbshüter einem Baukartell auf der Spur. Thanner sprach dabei von den umfangreichsten Ermittlungen in der Geschichte der BWB. Diese führten heuer zu den bisher höchsten Kartellstrafen. Die Strabag musste rund 45 Mio. Euro zahlen, die Porr über 62 Mio. Euro.
Lob und Dank kam heute aus der Politik für den obersten Wettbewerbshüter. Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP) dankte Thanner für sein langjähriges Engagement: "Er galt als oberster Verfechter des Wettbewerbsrechts und hat seit 2007 wichtige Spuren hinterlassen. Seine Bilanz für diese besonders wichtige Behörde kann sich in jedem Fall sehen lassen", so Schramböck. "Ich danke Theodor Thanner für seine wichtige Arbeit und wünsche ihm für seine Zukunft alles Gute", meinte wiederum NEOS-Wirtschaftssprecher Gerald Loacker. (APA)