Wegen Lockdowns: Erstmals Geschäfte an einem Sonntag offen
Die Ausnahmeregelung gilt am 19. Dezember für vom Lockdown betroffene Branchen. Handelsbeschäftigte bekommen 100 Prozent Zuschlag und einen Ersatzruhetag. Für die Öffnung braucht es nun Verordnungen der Landeshauptleute.
Wien – Eine heilige Kuh in Österreich wird geschlachtet: Die Sozialpartner haben sich auf eine Sonntagsöffnung am 19. Dezember geeinigt. Aufgrund des Lockdowns fällt der stationäre Handel heuer um drei Einkaufssamstage im Advent und den traditionell starken Marienfeiertag. Der offene Sonntag vor Weihnachten soll zumindest einen Teil des Umsatzes nachholen. Beschäftigte, die sich freiwillig für diesen Tag melden, verdienen das Doppelte und bekommen einen extra freien Tag.
Verordnungen der Landeshauptleute benötigt
Für die Öffnung der Geschäfte braucht es nun Verordnungen der Landeshauptleute. Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP) hat bereits erste Gespräche mit den Landeshauptleuten diesbezüglich aufgenommen und will auch ein Empfehlungsschreiben an alle übermitteln, so die Ministerin in einer Aussendung.
Die Ausnahmeregelung für den 19. Dezember gilt nicht für Supermärkte und Drogerien, die auch derzeit im Lockdown offen haben dürfen. Profitieren sollen etwa Modehändler, Elektrogeschäfte, Spielzeugläden sowie Möbel- oder Buchhandel, die an diesem Tag zwischen 10 und 18 Uhr aufmachen dürfen.
"Die Möglichkeit der einmaligen Öffnung betrifft ausschließlich jene Geschäftsstellen, die während der Zeit des Lockdowns geschlossen haben", stellte die Gewerkschaft klar. "Mit dieser Sonderlösung könnte es gelingen, den wirtschaftlichen Schaden für den österreichischen Handel einzugrenzen", sagte Handelsobmann Rainer Trefelik. Nach Berechnungen der Johannes Kepler Universität Linz (JKU) entgehen dem österreichischen Handel durch den derzeitigen Lockdown Umsätze in Höhe von mehr als 3 Mrd. Euro.
Ausnahmeregelung
Ein Türöffner für die generelle Liberalisierung der Ladenöffnungszeiten soll der Ausnahmesonntag nicht werden. "Klar ist für uns, dass wir weiterhin eine Öffnung des Handels am Sonntag abseits einer möglichen Ausnahmeregelung für den 19.12. strikt ablehnen", so Martin Müllauer, Vorsitzender des Wirtschaftsbereiches Handel in der Gewerkschaft GPA.
Sowohl Arbeitnehmer- als auch Arbeitgebervertreter betonen die Freiwilligkeit der Öffnung am Sonntag. Betriebe können öffnen, müssen aber nicht. Auch für die Beschäftigten im Handel ist die Arbeit an diesem Sonntag freiwillig, wobei Lehrlinge grundsätzlich nicht beschäftigt werden dürfen. Für Beschäftigte mit Betreuungspflichten sollen die Kosten für die Kinderbetreuung übernommen werden.
"Etwa die Hälfte der Handelsangestellten sind von mehreren Lockdowns betroffen, sind von Kurzarbeit und Gehaltseinbußen durch den Entfall von Zuschlägen in der Vorweihnachtszeit betroffen und haben Sorge um ihre Zukunft. Viele Kolleginnen und Kollegen sind deshalb nicht abgeneigt, an diesem Sonntag ausnahmsweise zu arbeiten", sagte die Vorsitzende der Gewerkschaft GPA, Barbara Teiber. Der Handelsverband hofft, dass sich möglichst viele krisengeschüttelte Klein- und Mittelunternehmen das Öffnen auch leisten können.
Handelsobmann Trefelik plädiert für eine Öffnung der Geschäfte für Geimpfte und Genesene ab 13. Dezember. Zwar könne damit der Umsatzverlust im heurigen Weihnachtsgeschäft nicht mehr wettgemacht werden, aber es bestehe die Chance, einen Teil der Kaufkraft für den Handel zu sichern. (APA)
📌 Stichwort: Sonntagsöffnung in Österreich
Erstmals wollen die Sozialpartner das Einkaufen an einem Sonntag vor Weihnachten ermöglichen. Rufe nach verkaufsoffenen Sonntagen haben in Österreich Tradition, doch früher waren neben Gewerkschaften und Kirche selbst Wirtschaftstreibende dagegen. Die Corona-Pandemie mit ihren vielen Lockdowns hat das geändert.
Hat früher vor allem Einkaufszentrumsbetreiber Richard Lugner für eine Sonntagsöffnung gekämpft, so sprach sich im vergangenen Dezember selbst Wirtschaftskammer-Präsident Harald Mahrer für bundesweit geöffnete Sonntage vor Weihnachten aus. Heuer mehrten sich die Forderungen, zumal dem stationären Handel wegen der staatlich angeordneten Schließungen der Großteil des Weihnachtsgeschäfts wegbricht. Wenn es die Pandemiesituation erlaubt, dürfen die Geschäfte abseits des täglichen Bedarfs nun am Sonntag, den 19. Dezember, aufmachen.
In den Tourismuszonen acht österreichischer Bundesländer ist Einkaufen an Sonntagen grundsätzlich zulässig, Wien hatte hier immer eine Sonderstellung. Die Bestimmungen des Öffnungszeitengesetzes können von den jeweiligen Landeshauptleuten bzw. in Wien vom Bürgermeister durch eine Verordnung ausgedehnt werden. Besteht ein "besonderer regionaler Bedarf" können Geschäfte auch an Samstagen nach 18 Uhr, Sonntagen oder Feiertagen aufsperren. Mittels Verordnung kann auch festgelegt werden, dass Läden an Werktagen schon ab 5 Uhr aufmachen dürfen oder in wichtigen Tourismusorten länger als 21 Uhr offen halten können.
Für den 19. Dezember müssen nun alle Landeshauptleute in Österreich ihr Go geben.
Laut Öffnungszeitengesetz dürfen Geschäfte an Montagen bis Freitagen von 6 Uhr bis 21 Uhr und an Samstagen von 6 Uhr bis 18 Uhr offen halten, insgesamt also bis zu 72 Stunden pro Woche. An Sonntagen müssen die Läden zu bleiben, allerdings gibt es eine ganze Reihe von Ausnahmen.
Grundsätzlich ausgenommen von diesem Gesetz sind das Gastbewerbe, Tankstellen, Verkaufsstellen im Kasernenbereich, Märkte und der Verkauf von Waren aus Automaten. Sonderregelungen gibt es darüber hinaus für Geschäfte in Bahnhöfen, Autobusbahnhöfen, auf Flughäfen und an Schiffslandeplätzen - diese dürfen auch am Sonntag offen haben. Allerdings dürfen in den Läden nur bestimmte Produkte wie Lebensmittel, Reiseandenken, Blumen, Toiletteartikel oder Zigaretten verkauft werden und die Verkaufsfläche 80 Quadratmeter nicht übersteigen. Per Verordnung kann aber auch eine größere Fläche erlaubt werden.
Ausgenommen vom freien Sonntag sind auch Verkaufsstellen in Theatern, Museen, Kinos, Konzerthäusern, Kongressgebäuden, Zirkussen, Sporthallen, Sportplätzen sowie im Rahmen von Publikumsmessen oder messeähnlichen Veranstaltungen.
Ausnahmen gibt es auch für Bäckereien und Floristen. Für sie kann der Landeshauptmann bzw. die Landeshauptfrau ebenfalls regeln, dass sie länger als 72 Stunden pro Woche aufsperren dürfen.